Die Einzelveranlagung von Ehegatten hat vor einigen Jahren die getrennte Veranlagung abgelöst. Doch nach wie vor gibt es die eine oder andere Frage zur Einzelveranlagung, die von den Gerichten zu lösen ist. Jüngst musste sich der BFH mit der Frage befassen, wie Vorsorgeaufwendungen der Eheleute aufzuteilen sind.
Zunächst gilt: Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigungen nach § 35a EStG werden grundsätzlich dem Ehegatten zugerechnet, der die „Aufwendungen wirtschaftlich getragen“ hat (§ 26a Abs. 2 Satz 1 EStG). Statt wirtschaftlicher Zuordnung können die Ehegatten aber auch beantragen, dass die Aufwendungen ihnen „jeweils zur Hälfte zugerechnet“ werden sollen (§ 26a Abs. 2 Satz 2 EStG). Hierzu genügt ein übereinstimmender Antrag.
Diesbezüglich hat der BFH gegen die Finanzverwaltung entschieden: Beantragen Eheleute die Einzelveranlagung und dabei die Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und Steuerermäßigungen nach § 35a EStG gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG hälftig aufzuteilen, sind die Aufwendungen unabhängig davon, wer sie wirtschaftlich getragen hat, bei den Ehegatten jeweils hälftig zu berücksichtigen. Sodann sind in einem zweiten Rechenschritt die Höchstbetragsberechnungen und Günstigerprüfungen individuell bei jedem der Ehegatten durchzuführen (BFH-Urteil vom 28.11.2019, III R 11/18).
Es ging um folgenden Sachverhalt: Die Ehefrau hatte die Einzelveranlagung beantragt. Übereinstimmend mit ihrem Ehemann beantragte sie dabei die hälftige Aufteilung der Kosten. Das Finanzamt berücksichtigte zunächst die Vorsorgeaufwendungen unter Anwendung der Höchstbetragsberechnung und der Günstigerprüfung, die die Frau und ihr Ehemann jeweils wirtschaftlich getragen hatten. Anschließend wurde die Summe berechnet, die sodann hälftig auf die Ehegatten aufgeteilt wurde (2.981 EUR). Doch die Frau beantragte, die Sonderausgaben vor der Günstigerprüfung den Ehegatten hälftig zuzuteilen, und die Günstigerprüfung erst im Anschluss an die Aufteilung vorzunehmen. Anstelle der vom Finanzamt angesetzten 2.981 EUR seien bei ihr daher 4.557 EUR als Vorsorgeaufwendungen zu berücksichtigen.
Der BFH gab der Steuerzahlerin Recht: Es sei rechtswidrig, zunächst bei jedem Ehegatten die Aufwendungen anzusetzen, die er wirtschaftlich getragen habe, und lediglich die Abzugsbeträge nach Durchführung der Höchstbetragsberechnungen und der Günstigerprüfungen hälftig aufzuteilen. Vielmehr seien die Aufwendungen zunächst unabhängig von der Frage, wer sie wirtschaftlich getragen hat, bei den Ehegatten jeweils hälftig zu berücksichtigen. Und erst nach dieser Halbierung sei die Höchstbetragsberechnung bzw. die Günstigerprüfung zu berücksichtigen. So müssten die Ehegatten nicht nachweisen und das Finanzamt nicht nachprüfen, wer von den Ehegatten die jeweilige Belastung wirtschaftlich getragen habe. Dies gilt gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG für Vorsorgeaufwendungen, außergewöhnliche Belastungen und Steuerermäßigungen nach § 35a EStG.
Hinweis:
In meinem Blog „Aufreger des Monats Januar: Einkommensteuervordrucke 2019“ habe ich bereits darauf hingewiesen, dass die Eintragungen zur Einzelveranlagung für das Jahr 2019 nicht leicht zu durchschauen sind. Versuchen Sie einmal zu durchdringen, wie Pflegekosten geltend zu machen sind, wenn die Kosten im Rahmen einer Einzelveranlagung von Eheleuten, von Lebenspartnern oder von Ledigen getragen werden. Kleine Kostprobe: In der Anlage „Sonstiges“ wird ein “übereinstimmender” Antrag benötigt. In der Anlage Haushaltsnahe Aufwendungen ein “gemeinsamer Antrag”. Dann sind Pflegeleistungen in der Anlage Außergewöhnliche Belastungen gleich zweimal einzutragen, wobei man darüber stolpert, dass sie in der Anlage Haushaltsnahe Aufwendungen noch einmal abgefragt werden (aber dort ggf. gar nicht einzutragen sind). Und ein viertes Mal ist ggf. eine Eintragung in der Anlage Sonstiges erforderlich, denn wer hier nicht Obacht gibt, riskiert eine Kürzung der abziehbaren Aufwendungen.
Weitere Informationen:
BFH-Urteil vom 28.11.2019, III R 11/18