Die in Kürze anstehende Erhöhung der Umsatzsteuersätze auf ihr altes Niveau bedarf in vielen Unternehmen einer besonderen Betrachtung einzelner Sachverhalte. Während die beiden vorliegenden BMF-Schreiben (vom 30.06.2020 und vom 04.11.2020) bereits erste Anhaltspunkte für die korrekte steuerliche Einordnung vieler Konstellationen geben (vgl. z.B. für Anzahlungen/Vorauszahlungen und Gutscheine – siehe Teil I), wird nachfolgend aufgezeigt, welche weiteren Besonderheiten die Unternehmerschaft nicht aus den Augen verlieren sollte.
Korrekte Abrechnung mit dem richtigen Mehrwertsteuersatz
Gerade zu Beginn des neuen Jahres wird es vermehrt vorkommen, dass Unternehmer eine korrekte zeitliche Einordnung für die Steuersätze vornehmen müssen. Stets ist dabei der nachfolgende Grundsatz ausschlaggebend:
Für die Entstehung der Umsatzsteuer und die richtige Anwendung des Steuersatzes ist ausschlaggebend, wann die Leistung tatsächlich ausgeführt worden ist. Leistungen, die schon im zweiten Halbjahr 2020 – und damit zur Zeit der abgesenkten Steuersätze – erbracht worden sind, unterliegen weiterhin den ermäßigten Sätzen von 16 Prozent bzw. 5 Prozent, sie müssen auch mit diesen abgerechnet werden.
Keinen Einfluss auf den richtigen Steuersatz hat damit etwa der Tag der Rechnungstellung oder der Tag der Zahlung. Maßgeblich ist vielmehr, wann die Lieferung stattgefunden hat oder die Leistung erbracht wurde, d.h., es kommt auf den Übergabezeitpunkt der Ware an den jeweiligen Kunden oder etwa bei Versendungen der Waren auf die Aufgabe bei der Post an.
Dauerleistungen und Teilleistungen richtig einordnen
Solche Leistungen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken (z.B. Vermietungen, Verpachtungen) muss dahingehend untersucht werden, ob ggf. Teilleistungen vorliegen. Dabei gilt: Für solche Teilleistungen, die im zweiten Halbjahr 2020 ausgeführt wurden, ist der Steuersatz von 16 Prozent bzw. 5 Prozent anzuwenden. Ab dem 01.01.2021 gelten dann wieder die Steuersätze von 19 Prozent bzw. 7 Prozent. Entsprechend muss bei Dauerleistungen, die durch Teilleistungen ausgeführt werden, auf eine etwaige Anpassung und Korrektur der Abrechnungen geachtet werden. Hier kann es erforderlich sein, eine Ergänzung oder Änderung zu dem Vertrag zu verfassen, welche die Bemessungsgrundlage und den neuen Steuersatz und Steuerbetrag ausweist. Wurden aufgrund der befristeten Mehrwertsteuersatzsenkung zum 01.07.2020 neue Dauerrechnungen ausgestellt, so ist zum 01.01.2021 darauf zu achten, dass wieder Dauerrechnungen mit dem dann aktuellen Steuersatz auszustellen sind.
BMF Schreiben ordnet bestimmte wiederkehrende Leistungen nicht als Dauerleistungen ein
Eine Besonderheit gilt nach dem BMF-Scheiben vom 04.11.2020 für bestimmte wiederkehrende Leistungen: Hierzu stellt das BMF klar, dass von dem Begriff der „Dauerleistung“ solche wiederkehrenden Leistungen nicht erfasst werden, die zeitpunktbezogen in regelmäßigen Abständen einmal oder mehrfach jährlich erbracht werden, so z.B. jährliche Wartungsverträge für eine Heizungsanlage. Diese Leistungen werden am Tag jeder einzelnen Leistungserbringung ausgeführt.
Besonderheiten für das Gastrogewerbe zu Sylvester
Besonderheiten hält das BMF für das Gastrogewerbe zu Sylvester bereit. Damit die Gastronomiebetriebe in der Silvesternacht ihre Systeme nicht umstellen müssen, räumt das BMF-Schreiben vom 4.11.2020 ein, dass in der Nacht zum neuen Jahr weiterhin die gesenkten Steuersätze von 16 Prozent bzw. 5 Prozent angewendet werden dürfen. Damit dreht das BMF die Vorzeichen vom 30.06.2020 um, denn bereits in der Nacht vom 30.06.2020 auf den 01.07.2020 war für das Gastgewerbe ermöglicht worden, bereits die abgesenkten Steuersätze für alle ausgeführten Leistungen anzuwenden.
Diese Vereinfachungsregelung zum neuen Jahr gilt jedoch nicht nur für Bewirtungsleistungen (z.B. Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle, Tabakwarenlieferungen usw.). Sie gilt laut BMF-Schreiben genauso für Beherbergungen und die damit zusammenhängenden Leistungen.
Viel Aufwand für ein halbes Jahr?
Inwiefern die Mehrwertsteuersatzsenkung für die gesamtdeutsche Wirtschaftssituation konjunkturbelebende Wirkung hatte, kann und soll an dieser Stelle (noch) nicht beurteilt werden. Konstatiert werden darf jedoch bereits, dass sie mit sehr viel (bürokratischem) Aufwand einherging, von welchem vor allem die Anwender betroffen sind. Zumindest die Ausführungen in diesen beiden Beiträgen geben auszugsweise einen Anhaltspunkt für diejenigen Anwendungsschwierigkeiten, die mit der Maßnahme einhergehen.
Weitere Informationen:
BMF v. 30.06.2020 – III C 2 – S 7030/20/10009 :004
BMF v. 04.11.2020 – III C 2 – S 7030/20/10009 :016
Spannend ist in dem Zusammenhang ist, wieviel Gastronomiebetriebe tatsächlich von der Sylvesteregelung gebrauch mach werden und damit wohl gleichzeitig einen Verstoß gegen die Coronamaßnahmen begehen. Daran sieht man, wie schnell dieses Jahr Regelungen durch die Politik obsolet werden.