Legale Steuervermeidung bis zur 0 %-Belastung – der Wunschtraum vieler Steuerpflichtiger. Aber Träume sind eben Schäume. Es sei denn, man erledigt seine Einkäufe als Schweizer hierzulande und lässt sich die gezahlte Mehrwertsteuer erstatten. Zoll und Finanzverwaltung sind mittlerweile offenbar heillos überfordert, auch was Betrugsfälle durch deutsche Verbraucher angeht.
Das System ist einfach: Einreise nach Deutschland, Einkauf, Ausfuhrbelege ausfüllen und abstempeln lassen, Ausreise, Erstattung der Mehrwertsteuer beim nächsten Einkauf. So profitieren die Eidgenossen von der Ausfuhrbefreiung im deutschen Umsatzsteuergesetz. Bis zu einem Warenwert von 300 Franken je Einkauf sind die Einkäufe dann grundsätzlich ebenso in der Schweiz komplett abgabenfrei, da keine Einfuhr versteuert werden muss. Soweit die Theorie.
In der Praxis ist das Verfahren offenbar hauptsächlich verwaltungsaufwändig. Etliche deutsche Zöllner sind tagein, tagaus nur damit beschäftigt, Ausfuhrbelege zu stempeln. Denn zahlreiche Schweizer nehmen – zu Recht – die Steuervergünstigung in Anspruch. Wie sich das auf die Kontrolldichte auswirkt, kann man sich leicht vorstellen. Spürbare Entschlackung würde ein Mindestbetrag für die Mehrwertsteuererstattung bringen, was die lokale Wirtschaft bislang jedoch erfolgreich verhindern konnte. Interessant: Die anderen EU-Anrainer der Schweiz (Frankreich, Italien, Österreich) haben alle Mindestbeträge von 75-175 EUR vereinbart. Nur in Deutschland wird selbst der Lebensmitteleinkauf über 10 EUR beim Zoll bearbeitet.
Ein deutsch-schweizerisches Journalistenteam hat derweil kürzlich im Selbstversuch gezeigt, wie einfach auch deutsch Verbraucher – mit kleinen Abstrichen an die Rechtschaffenheit – über einen Schweizer Tarnkäufer von der Mehrwertsteuererstattung profitieren können. Bei Beträgen unter 300 Franken fehlt den Behörden jegliche Kontrollmöglichkeit. Darüber hinaus dürften Nachprüfungen – wenn überhaupt – nur im Einzelfall erfolgen. Zur Nachahmung ist die Trickserei gleichwohl nicht empfohlen, da regelmäßig eine Steuerhinterziehung vorliegen wird. Auch über ein Urkundsdelikt wird man sich dann wohl Gedanken machen müssen.
Der Fairness halber sei noch darauf hingewiesen, dass die Steuerersparnis gleichsam im umgekehrten Fall (Einfuhr aus der Schweiz in Deutschland) funktioniert, allerdings aufgrund des Preis- und Steuerniveaus wohl nur selten steuerlich zweckmäßig wäre.
Weitere Infos:
- Badische Zeitung, Mehrwertsteuer retour
- OLG Karlsruhe, Az. 3 Ss 561/11