Mein Beitrag „NFTs aus Sicht der Umsatzsteuer“ vom 20.07.2022 ist auf eine hohe Resonanz gestoßen. Da es vermehrt zu Rückfragen hinsichtlich der grundsätzlichen Steuerbarkeit kam, sollte nachfolgend die wesentliche Unterscheidung zwischen dem Ertragsteuerrecht sowie Umsatzsteuerrecht beachtet werden.
Vorab sei zu erwähnen, dass es für NFTs noch keine Aussagen von Seiten der Finanzbehörde gibt, wie es mit dem BMF Schreiben vom 10. Mai 2022 zu Kryptowährungen geschehen ist. Dies bedeutet, dass es aktuell zu einer gewissen Rechtsunsicherheit im Rahmen des Verkaufs von NFTs kommen kann.
NFTs erstellen und verkaufen – Steuerpflicht nach § 15 EStG?
Zunächst soll auf die ertragsteuerliche Komponente eingegangen, d.h. die Frage geklärt werden, ob die Einkünfte aus der Erstellung und dem Verkauf („Minting“) in der privaten Einkommensteuererklärung deklariert werden müssen.
Die Erstellung und der Verkauf von NFTs kann zu gewerblichen Einkünften nach § 15 EStG führen, wenn die Tätigkeit selbstständig, nachhaltig, mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen und am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen wird. Wird ein NFT mit einer gewissen Häufigkeit erstellt und verkauft und erfolgt dies mit der Absicht, Gewinne zu erzielen (in Abgrenzung zur Liebhaberei, s. H 15.3 EStH), liegt nahe, dass gewerbliche Einkünfte erzielt werden, welche grundsätzlich im Rahmen einer Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelt und gegenüber der Finanzbehörde deklariert werden müssen. Der Gewinn (in den Anfangsjahren ggfs. auch der Verlust) muss sodann in Anlage G erfasst werden und wird mit dem persönlichen Steuersatz besteuert.
Es gilt zu beachten, dass auf Grund erhöhter Umsatzvolumen am NFT Markt in kurzer Zeit gewisse Gewinn- und Umsatzgrenzen überschritten werden können, welche bei gewerblichen Einkünften eine Bilanzierungspflicht nach § 141 AO auslösen können. Eine Gewinnermittlung, welche gem. § 4 Abs. 3 EStG lediglich auf Basis der Einnahmen und Ausgaben erfolgt, ist sodann nicht mehr möglich.
Zudem kommt es im Rahmen von gewerblichen Einkünften zu einer Gewerbesteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 GewStG, d.h. auf den Gewinn aus dem Verkauf der NFTs fällt nicht nur private Einkommensteuer, sondern auch Gewerbesteuer an (welche aber ggfs. in voller Höhe auf die private Einkommensteuer angerechnet werden kann nach § 35 EStG). Hierfür muss eine eigene Gewerbesteuererklärung beim Finanzamt eingereicht werden. Zu beachten gilt, dass es nur dann zu einer Gewerbesteuerfestsetzung kommt, wenn der Gewinn mehr als EUR 24.500 beträgt (§ 11 Abs. 1 GewStG).
Abgrenzung zu freiberuflicher Tätigkeit nach § 18 EStG
Vorliegend wird davon ausgegangen, dass gewerbliche und keine selbstständigen bzw. freiberuflichen Einkünfte nach § 18 EStG vorliegen. Es ist gleichwohl darauf hinzuweisen, dass eine solche Einkunftsart vorliegen kann, sofern es sich um eine künstlerische Tätigkeit handelt (Annahme: Das digitale Kunstwerk von Beeple‘s „Everydays – The First 5000 Days“). Eine künstlerische Tätigkeit liegt vor, wenn die Arbeiten nach ihrem Gesamtbild eigenschöpferisch sind und über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe erreichen (H 15.6 EStH „Künstlerische Tätigkeit“).
Die Folge wären Einkünfte nach § 18 EStG, welche in Anlage S zu deklarieren sind und ebenfalls mit dem persönlichen Steuersatz besteuert werden, jedoch keine Gewerbesteuerpflicht nach § 2 GewStG auslösen.
Kommunikation gegenüber dem Finanzamt
Unabhängig davon, ob gewerbliche oder freiberufliche Einkünfte vorliegen, muss zunächst ein sogenannter „Steuerlicher Erfassungsbogen“ beim Finanzamt – mittlerweile elektronisch – eingereicht werden. In diesem müssen unter anderem erste Gewinnschätzungen sowie Angaben zur geplanten Umsatzhöhe gemacht werden. Auch wird im Rahmen des Antrags zu entscheiden sein, ob der Verkauf als umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer nach § 19 UStG erfolgt (wird später kurz ausgeführt).
Besonderheiten bei der Erstellung und dem Verkauf von NFTs
Besonderheiten gilt es zu beachten, sobald sich mehrere Personen zusammenschließen, um NFTs zu erstellen und ggfs. (möglicherweise unbewusst bzw. ungewollt) eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründen.
Wichtig ist zudem, dass vorgenannte Ausführungen zur Steuerpflicht bzw. Einordnung der Einkunftsart ggfs. keine Anwendung finden, wenn NFTs in bzw. über ein bestehendes Betriebsvermögen eingelegt oder angeschafft werden oder der Verkauf von NFTs über eine anderweitige Rechtsform durchgeführt wird (bspw. GmbH).
Auf Grund der Länge des Beitrags kann auf die beiden vorgenannten Sonderpunkte jedoch nicht weiter eingegangen werden.
NFTs kaufen und verkaufen – Steuerpflicht nach § 22 EStG?
Der reine An- und Verkauf von NFTs (nicht Erstellung) kann – anlog zum Handel mit Kryptowährungen – zu sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 i.V.m. § 23 EStG führen, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als 1 Jahr liegt (sog. Spekulationsfrist). Der Gewinn muss sodann besteuert werden, wenn er mehr als 600 EUR im Kalenderjahr beträgt (Freigrenze nach § 23 Abs. 3 S. 5 EStG).
Zu beachten gilt, dass sich die Spekulationsfrist von 1 auf 10 Jahre verlängern kann, wenn die Wirtschaftsgüter (NFTs) als Einkunftsquelle verwendet werden (bspw. Lizenzierung der NFTs im Rahmen von Merchandising). Insoweit unterscheiden sich aus meiner Sicht NFTs auch von herkömmlichen Kryptowährungen, bei welchen es nicht zur Verlängerung der Spekulationsfrist kommt, wenn diese als Einkunftsquelle verwendet werden (u.a. Lending, Staking).
Der Gewinn aus dem An- und Verkauf von NFTs (innerhalb 1 Jahres) ist in Anlage SO zu erfassen. Entsprechendes gilt für Verluste, welche aus dem NFT Verkauf generiert werden. Hier gilt zu beachten, dass Verluste grds. nur mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 EStG und bspw. nicht mit Einkünften aus bspw. § 15, 18 oder § 19 EStG (nichtselbständige Tätigkeit) verrechnet werden können.
Secondary Market bei NFTs – Quellensteuer?
In der Praxis häufig anzutreffen, ist der Fall, dass ursprünglich verkaufte NFTs Einnahmen bei Weiterverkauf generieren, welche dem Erstverkäufer zu einem späteren Zeitpunkt zufließen. Sog. Royalties sind über Smart Contracts gesichert und weisen dem Ersteller/Erstverkäufer einen vordefinierten Prozentsatz bei späteren Weiterverkäufen zu. In Abhängigkeit des Vertragspartners (Zweitmarkt wie bspw. OpenSea?) kann es hier zu quellensteuerrechtlichen Besonderheiten kommen, welche ggfs. unter Beachtung des geltenden Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) geprüft werden müssen.
Umsatzsteuerliche Besonderheiten beim Verkauf von NFTs
Losgelöst von der ertragsteuerlichen Einordnung von NFT Verkäufen stellt sich die Frage, ob der Ersteller/Verkäufer als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG agiert und demnach Umsatzsteuer (im allgemeinen Sprachgebrauch „Mehrwertsteuer“) an das Finanzamt abführen muss. Dies ist grds. gegeben, wenn die Umsätze nachhaltig, selbstständig und am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmend erzielt werden (wichtig: Gewinnerzielungsabsicht nicht notwendig).
Wie im Artikel vom 20.07.2022 ausgeführt, muss sodann vorwiegend geprüft werden, ob eine elektronische oder normale sonstige Leistung vorliegt und wer als Leistungsempfänger qualifiziert werden kann (KYC Daten im Sinn). In Abhängigkeit der vorgenannten Prüfung gilt es zu entscheiden, ob der Verkauf mit 19 %, 7 % (Rechteüberlassung?) deutscher Umsatzsteuer, lokaler Umsatzsteuer oder netto ohne Ausweis von Umsatzsteuer besteuert bzw. abgerechnet wird.
Abschließend sei zu erwähnen, dass die Möglichkeit besteht, als sog. Kleinunternehmer nach § 19 UStG aufzutreten und keine Umsatzsteuer auszuweisen und abzuführen. Voraussetzung ist hierfür, dass der im Inland steuerbare Gesamtumsatz (nicht Gewinn!) weniger als EUR 22.000 beträgt. Demnach ist bereits zu Beginn der Tätigkeit zu definieren, wo der umsatzsteuerliche Leistungsort aus dem Verkauf der NFTs liegen wird und ob gewisse Umsatzgrenzen eingehalten werden (sofern möglich).
Die Folge der Qualifizierung als Kleinunternehmer wäre jedoch, dass keine Vorsteuern aus der Anschaffung und dem Bezug von Lieferungen oder Leistungen für das umsatzsteuerliche Unternehmen gezogen werden können (bspw. Anschaffung Laptop für Erstellung und Vertrieb von NFTs), was grds. zu einer Bruttobelastung führt.
Fazit
Wie Sie erkennen können, ergeben sich aus dem NFT Verkauf unterschiedlichste Rechtskonstellationen in diversen Steuerarten. Bis sich die Finanzverwaltung zu rechtlichen sowie praktischen Fragestellungen äußert, wird meines Ermessens noch eine gewisse Zeit vergehen, weshalb die offene und frühzeitige Kommunikation ggü. der zuständigen Finanzbehörde umso wichtiger ist.