Wie auch in den Vorjahren, so verbringe ich auch dieses Jahr einen großen Teil des Januars damit, Ausfüllhilfen zu den Steuererklärungsvordrucken zu erstellen. Und wie jedes Jahr finde ich immer wieder Stellen in den Vordrucken, die mich ins Grübeln bringen. Dabei ist allein schon die Flut der Vordrucke zur Einkommensteuererklärung gewaltig. Allein in diesem Jahr sind die Anlage Energetische Maßnahmen, die Anlage R-AV / bAV, die Anlage R-AUS und die Anlage Corona-Hilfen hinzugekommen.
In den beiden letzten Jahren haben die Anlage Sonderausgaben, die Anlage Außergewöhnliche Belastungen, die Anlage Haushaltsnahe Aufwendungen, die Anlage Sonstiges, die Anlage KAP-BET und die Anlage KAP-INV das Licht der Welt erblickt. Ich nehme an, dass im kommenden Jahr mindestens eine weitere Anlage, nämlich zur Beantragung der Mobilitätsprämie, hinzukommen wird. Wo soll das nur hinführen?
Dabei haben es die „Vordruckmacher“ aber auch nicht leicht. Für das Jahr 2020 sind sie nicht nur an ihre Grenzen gekommen. Nein, dieses Mal hat es der Gesetzgeber geschafft, ihre Grenzen zu überschreiten. Wie sollen sie auch handeln, wenn der Gesetzgeber erst am 18.12.2020 ein Gesetz verabschiedet, das zahlreiche Vorschriften mit Rückwirkung zum 1.1.2020 enthält? Und so kommt es zu der einen oder anderen Ungereimtheit.
Wer etwa die Anlage KAP studiert, stößt auf die neuen Zeilen 10 und 25. Und wie heißt es dazu in der amtlichen Anleitung? „Verluste aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung, aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter, aus der Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter auf einen Dritten oder aus einem sonstigen Ausfall von Wirtschaftsgütern im Sinne des § 20 Abs. 1 EStG können nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 10.000 € ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 € mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.“
Nur: Die Anleitung ist falsch, denn nicht 10.000 Euro, sondern 20.000 Euro sind verrechenbar. Zugegebenermaßen ist das Zusammenspiel von § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG, eingefügt durch das „Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“ vom 21.12.2019, in Verbindung mit § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG und § 52 Abs. 28 Satz 25 EStG in der Fassung des „Jahressteuergesetzes 2020“ vom 21.12.2020, aber auch verwirrend.
Jedenfalls sind Steuerzahler offenbar im wahrsten Sinne des Wortes „gut beraten“, wenn sie nicht auf die amtlichen Anleitungen vertrauen.
Hier finden Sie die Formulare und Vordrucke, die im NWB Kanzleipaket PRO enthalten sind.