Es ging durch die Medien, dass die Erbschaftsteuerreform steht. Aber ist das wirklich so? Erbschaftsteuer ist immerhin Ländersache. Hier ist durchaus vorstellbar, dass sich die Bundesländer in denen Die Grünen bestimmen oder mitreden gegen das Reformpaket entscheiden. Es bleibt also spannend.
Kann hier in der letzten Sitzung vor der Sommerpause keine Einigung erzielt werden, besteht überhaupt erst wieder im September die Möglichkeit erneut darüber im Bundesrat zu reden. Was aber wenn vor der Sommerpause nichts mehr geschieht? Da teilen sich die Meinungen.
Einige gehen davon aus, dass es dann ab 01.07.2016 keine Erbschaftsteuer mehr gibt. Fast zu schön um wahr zu sein, aber kann man darauf bauen?
Immerhin gehen andere davon aus, dass das alte Recht bis zur Einführung eines neuen Rechts durchaus weiter gilt. So hatte sich insbesondere bereits ein Richter des Bundesverfassungsgerichts geäußert.
Die schlimmste aller Meinungen ist die, dass ab Juli lediglich die Begünstigungen für Betriebsvermögen nicht mehr existent sind, alles andere aber, insbesondere die Besteuerung, bleibt.
So oder so, mit neuen Verfahren wird zu rechnen sein. Immerhin besteht neben alle dem ja auch noch der Punkt, dass die nächstmögliche Bundesratssitzung bereits im Juli ist. Insoweit wird es zum 30. Juni definitiv kein neues Recht geben. Wahrscheinlich wird man hier aber argumentieren, dass die Eckpunkte ja klar sind und nach dem Bundestagsbeschluss keinerlei Vertrauensschutz bestehen kann. Aber ist ein Gesetz in der Pipeline wirklich schon ein neues Gesetz?
Wer sich mit dem Thema „Rückwirkung von Steuergesetzen“ näher befassen möchte, sollte die Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2013 (1 BvL 5/08) zur Hand nehmen: Dort heißt es unter anderem:
„Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen ist gegeben, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten.“ Aber auch: „Allein die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm rechtfertigt nicht deren rückwirkende Änderung; erst wenn die Auslegungsoffenheit ein Maß erreicht, das zur Verworrenheit der Rechtslage führt, darf der Gesetzgeber eine klärende Neuregelung auf die Vergangenheit erstrecken.“ Ich erlaube mir kein Urteil darüber, wie das BVerfG in der Frage einer möglichen Rückwirkung des neuen ErbStG entscheiden wird. Ich bin allerdings sicher, dass an das BVerfG entsprechende Fälle herangetragen werden. Schade, dass der Gesetzgeber sich überhaupt auf dieses dünne Eis begibt. Es wäre angesichts des zeitlichen Vorlaufs nicht nötig gewesen.
Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber einen angemessenen Zeitraum gebilligt, wo er das bisherige Gesetz an die vom Verfassungsgericht beanstandeten Sachverhalte anpassen kann. Viel zu lange wurden ernsthafte Bemühungen aufgenommen, eine für den Mittelstand tragbare verfassungskonforme Lösung zu finden.
Deshalb stellt sich in der Tat die Frage: Ist der 30.6. eine Ausschlussfrist? Kann trotz fehlender Auslegungsnorm eine Rückwirkung zulässig sein?
Ich meine nein. Fristen der Steuerpflichtige nicht einhält werden sanktioniert, teilweise treten existenzbedrohende Nachteile ein. Einbahnstraßen sind hier ungerecht und nicht nachvollziehbar.