Eingangsrechnung – so wertvoll wie Bargeld

Wer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, benötigt als Nachweis die ordnungsgemäße Rechnung, selbstverständlich im Original. Nach Jahren kommt das FA und prüft die rechtlichen Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug. Verdammt, wo ist die Rechnung? Der ganze Ordner fehlt. Die Temperatur des Suchenden steigt. Das ist grauer Alltag mit teuren Folgen.

Die Rechtsprechung ist nicht zimperlich. Grundsätzlich müssen die Originalbelege vorgelegt werden. Nur in Ausnahmefällen kann ein Vorsteuerabzug geschätzt werden. Wie die Rechtsprechung und die Praxis zeigt, i. d. R. zu Lasten der Steuerpflichtigen. Auf der einen Seite darf mit den Regeln der Beweislast die Berechtigung zum Vorsteuerabzug aufgrund der (damals) vorhandenen Rechnung erfolgen, auf der anderen Seite werden die Hürden unrealistisch hoch gehalten (V R 23/13). Wer ist schon in der Lage im einzelnen, Rechnung für Rechnung nach Jahren auszusagen, was Inhalt und Gegenstand der Rechnung war. Offensichtlich werden diese Detailerinnerungen gefordert. Im vom BFH entschiedenen Fall mag die Rechtsprechung im Ergebnis richtig sein. Die Aussagen können für andere Fälle nicht der Maßstab sein.

Schlamperei in der Ablage gehen ebenfalls zu Lasten der Steuerpflichtigen wie die Entscheidung des BFH vom 19.11.14 V R 39/13 zeigt. Hier hatte das Unternehmen wegen des Umzugs die Altablage nicht so geordnet, dass die Ausschlussfrist gem. § 18 Abs. 9 UStG i. V. mit § 61 Abs. 2 UStDV für einen Vorsteuervergütungsantrag nicht eingehalten werden konnte. Dies hat der BFH als Organisationsverschulden angesehen.

Die Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Diskriminierungsverbotes des Art. 6 EGV führen nicht dazu, dass jeglicher Verlust einer Rechnung entschuldbar wird. Richter entscheiden ohne den Aspekt der Praxis; sie kennen i. d. R. die praktischen Vorgaben und Hemmnisse des Alltages nicht. Dies führt zwangsweise zu Fehlbeurteilungen auf beiden Seiten.

Nur die Justiz hat leider das (oft unberechtigte) letzte Wort. Darauf sollte man sich einstellen. Wer begreift, dass die Eingangsrechnungen so wertvoll sind wie ein Barscheck des FA, wird für mehr Ordnung und Sicherung der Daten sorgen. Wer es ernst nimmt, würde diese Belege in einen Tresor legen so wie Bargeld.

Mir geht es darum, für diesen Bereich das Bewusstsein zum korrekten Arbeiten zu stärken. Diesen  Beratungsauftrag müssen die Steuerberater aggressiv vornehmen und es dem (schludernden) Mandanten verdeutlichen. Wer verliert gerne Bargeld!

Übrigens gelten diese Grundsätze ebenfalls für die Steuerbefreiungen. Hierzu bedarf es Nachweise und Belege. Wer an dieser Stelle großzügig arbeitet, gewährt nachträglich 19 % Rabatt an einen fremden Dritten. Das macht kein Kaufmann. Nur der Steuerbürger hat dieses Risiko nicht im Blickfeld. Aufklärung tut Not.

Die Finanzverwaltung ist aufgefordert, die Ansprüche an die Praxis nicht zu hoch zu hängen. Dazu gibt es keinen Grund. Man sollte seine „Kundschaft“ ein wenig kennen und danach handeln. Hinter jedem (fehlenden) Beleg steht ein Mensch und nicht nur der fiskalische Anspruch auf Missbrauchsverhinderung!

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Ein Kommentar zu “Eingangsrechnung – so wertvoll wie Bargeld

  1. Ich finde, dass Sie die Verwaltungspraxis zu kritisch bewerten. Grundsätzlich hat der Unternehmer ja die Möglichkeit, Rechnungskopien zu besorgen. In dem Streitfall mit dem Totalverlust muss man das Verhalten des Unternehmers m.E. halt auch als unglücklich bis semi-intelligent beurteilen, wenn man seine Buchhaltung in einem Fahrzeug einlagert und dieses dann gestohlen wird. Mit Rechnungskopien und 60 % Vorsteuer ist der Unternehmer aus meiner Sicht daher ziemlich gut weggekommen.

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