Ein Segen des Koalitionsvertrages: Lieferkettengesetz soll abgeschafft werden

Endlich: Nach dem Koalitionsvertrag 2025 will die neue Regierung im Rahmen eines „Sofortprogramms für den Bürokratieabbau“ das (deutsche) Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) abschaffen und die EU-Lieferkettenrichtlinie CSSD bürokratiearm umsetzen. Wie ist das zu bewerten?

Hintergrund

Unternehmen und Wirtschaftsverbände haben immer wieder den Wettbewerbsnachteil deutscher Unternehmen durch das LKSG betont und dessen Abschaffung oder Aussetzung gefordert; die SPD hat in der (inzwischen abgelösten) Ampelregierung das LKSG immer vehement verteidigt.

Die FDP hatte am 5.12.2024 einen Entwurf für ein Lieferkettenbürokratiefreiheitsgesetz – LkBFreiG (BT-Drs. 20/14021), die CDU/CSU einen Entwurf für ein Lieferkettensorgfaltspflichtenaufhebungsgesetz (BT-Drs. 20/14015) im Bundestag eingebracht. Im Kern ging es unverändert um die Frage, ob beim Schutz von Menschenrechten und Umweltstandards freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft im Rahmen der Unternehmensverantwortung ausreichen, oder ob der Staat zum Schutz dieser Rechte regulierend durch Berichtspflichten eingreifen muss. Nach dem Bruch der Ampelregierung blieben diese Gesetzesinitiativen aber ohne Erfolg.

Deutsches Lieferkettengesetz soll fallen

Der Koalitionsvertrag 2025 sieht nun Folgendes vor (S.57, Zeile 1907 – 1938):

„Im Rahmen eines nationalen „Sofortprogramms für den Bürokratierückbau“ werden wir bis Ende des Jahres 2025, insbesondere mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen, Verpflichtungen zur Bestellung von Betriebsbeauftragten abschaffen und den Schulungs-, Weiterbildungs- und  Dokumentationsaufwand signifikant reduzieren. Darüber hinaus schaffen wir das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ab. Es wird ersetzt durch ein Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) bürokratiearm und vollzugsfreundlich umsetzt. Die Berichtspflicht nach dem LkSG wird unmittelbar abgeschafft und entfällt komplett. Die geltenden gesetzlichen Sorgfaltspflichten werden bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes, mit Ausnahme von massiven Menschenrechtsverletzungen, nicht sanktioniert. Wir unterstützen den „Omnibus“ der Kommission, um die umfangreichen Vorgaben zum Inhalt der EU- Nachhaltigkeitsberichterstattung insbesondere für die mittelständische Wirtschaft deutlich zu reduzieren und zeitlich zu verschieben.“

Wie geht’s auf EU-Ebene weiter?

Am 5.7.2024 ist die EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden und im Juli 2024 in Kraft getreten (ABl. 2024, S. 58 v. 5.7.2024). Deutschland muss innerhalb von zwei Jahren die CSDDD in deutsches Recht umsetzen, also bis spätestens Juli 2026. Die CSDDD tritt für Unternehmen in der EU stufenweise wie folgt in Kraft:

  • 3 Jahre nach Inkrafttreten für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz > 1.500 Millionen Euro,
  • 4 Jahre nach Inkrafttreten für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz > 900 Millionen Euro und
  • 5 Jahre nach Inkrafttreten für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz > 450 Millionen Euro

 

Die Europäische Kommission will nach einer Mitteilung vom 26.2.2025 die Anwendung des EU-Lieferkettengesetzes (CSDDD) nun um ein Jahr – also bis Juni 2028 – verschieben und die Auflagen für Unternehmen deutlich abschwächen.

Unternehmen brauchen jetzt schnell Klarheit

Konsequenz dieser Entwicklung ist, dass der deutsche Gesetzgeber mehr Zeit zur Umsetzung der EU-CSDDD erhält, denn hierfür gibt es bislang keinen Gesetzentwurf. Um jetzt schnell Rechtssicherheit für die deutschen Unternehmen zu schaffen und Wettbewerbsgleichheit herzustellen, sollte die neue Regierung die Abschaffung des deutschen LKSG umgehend in 2025 auf den Weg bringen und auch (rückwirkend) in Kraft setzen. Sollte nämlich die neue Regierung erst das CSDDD-UmsetzungsG abwarten wollen, würden die Verpflichtungen des LKSG weiterhin für die sachlich betroffenen Unternehmen weitergelten, auch wenn – wie im Koalitionsvertrag „versprochen“ – die Verletzung von Sorgfaltspflichten nicht sanktioniert würde. Damit wäre den Unternehmen aber nicht wirklich geholfen.

Weitere Informationen:

 

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. jur. Ralf Jahn

    • Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
    • Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
    • Honorarprofessor an der Universität Würzburg

    Warum blogge ich hier?
    Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.

Kommentare zu diesem Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

5 + = 11

ARCHIV

Archive