Ein einfacher Vorschlag für bessere Steuergesetzgebung – Teil 2

Im ersten Teil dieses Beitrags wurde die Problematik von Gesetzesregelungen (wie z.B. dem Wachstumschancengesetz oder dem Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024) behandelt, die rückwirkende Auswirkungen haben und für die Vergangenheit anzuwenden sind. Im schlimmsten Fall wurde aus einer Steuerfreiheit eine rückwirkende Besteuerung. Zahlreiche Beispiele habe ich aufgeführt.

Angesichts all dieser Unannehmlichkeiten fragt man sich: Wofür machen die das eigentlich? Geht es bei den Rückwirkungen um gigantische, die Stabilität der öffentlichen Haushalte gefährdende Steuerausfälle? Mitnichten! Bei den o.g. Beispielen sah sich das BMF lediglich bei § 4k EStG in der Lage, überhaupt eine Aufkommensschätzung in das jeweilige Finanztableau des Gesetzentwurfs aufzunehmen. Mit anderen Worten: Jede dieser Regelungen hätte genauso gut erst ab dem nächsten 01.01. für die Zukunft können (die Besonderheit der aus Sicht der ATAD verspäteten Einführung von § 4k EStG sei an dieser Stelle außeracht gelassen). Die öffentlichen Haushalte hätten den Unterschied nicht wahrgenommen.

Dagegen liegt die Belastung für die betroffenen Steuerpflichtigen auf der Hand. Einerseits finanziell, vor allem aber entstehen hohe Befolgungs- und ggf. Beratungskosten. Die Finanzabteilungen steuern die Unternehmen über diverse Kennzahlen, dazu gehört auch die Steuerquote. Wenn der Gesetzgeber rückwirkend aktiv wird, ändert sich die im Vorhinein geplante Steuerquote zum Teil wesentlich. Stets muss unter großem Zeitdruck geklärt werden, wie sich die plötzlich über den Steuerpflichtigen hereinbrechende Rechtsänderung auswirkt. Besteht ggf. die Möglichkeit zur Reaktion oder muss gar der Rechtsweg gegen die Rückwirkung beschritten werden? Für die Einschätzung der Erfolgsaussichten des Rechtswegs werden teure Experten benötigt. Es ist eine Sache, sich mit künftigen Steuerverschärfungen auseinanderzusetzen. Sehr viel mehr Aufwand macht es, wenn der Gesetzgeber nachträglich die Spielregeln ändert. Der Weg bis nach Karlsruhe ist weit und lang.

Das sind die Nachteile für die Unternehmen. Und was ist der Nachteil für den Standort Deutschland? Nach und nach entsteht ein Vertrauensverlust. Wir haben immer damit gewuchert, dass Deutschland ein Standort ist mit einem hohen Maß an Verlässlichkeit und Rechtssicherheit. Diese Standortfaktoren leiden, wenn auf Steuerrecht kein Verlass mehr ist und sich Steuerzahler übervorteilt fühlen, weil die Legislative (im Konzert mit der Exekutive) im Nachhinein die Spielregeln zu ihren Lasten ändert. Ausbleibende Investition und Standortverlagerungen können auch auf diesen Vertrauensverlust zurückzuführen sein, der sich damit in harten Zahlen und Fakten niederschlägt.

In der aktuellen wirtschaftlichen Lage, in der die deutsche Wirtschaft spürbar schwächelt und nicht zuletzt unter einer maßlosen Bürokratie zu ersticken droht, wäre der Verzicht auf jedwede belastende Rückwirkung ein einfacher und wirkungsvoller Beitrag zum Bürokratieabbau und Vertrauensaufbau. Belastende Steuergesetze sollten ausnahmslos erst nach ihrer Verkündung für die Zukunft gelten. Eigentlich ein Easy Fix bzw. die tiefhängenden Früchte, die es zuerst zu ernten gilt!

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