Die letzten zweieinhalb Jahre waren kein Zuckerschlecken für die Arbeitgeber: Corona, Kurzarbeit & Co. haben uns an die Belastungsgrenze gebracht. Hohe Flexibilität, Veränderungsbereitschaft und eine neue Vertrauenskultur „jenseits der Stechuhr“ haben uns aber auch in unseren Arbeitsrealitäten weiterentwickelt.
Jetzt droht Ungemach…der zunächst harmlos anmutende Beschluss des BAG, der sich primär mit Mitbestimmungs- bzw. Initiativrechten des Betriebsrates im Zuge der Einführung einer Zeiterfassung beschäftigt, könnte sich in seiner Tragweite als Bürokratiemonster für Arbeitgeber entpuppen und ist gefühlt ein Rückschritt in eine antiquierte und nicht mehr gegebene Arbeitswelt.
Zwar liegen die Entscheidungsgründe des Beschlusses noch nicht vor, das BAG ist jedoch der Meinung, dass § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG zwingend europakonform dahin ausgelegt werden müsse, so dass alle Arbeitgeber verpflichtet seien, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden zu erfassen. Weitergehende Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber sucht man aber vergebens.
Was tun als Arbeitgeber?
Sofort ein neues Arbeitszeiterfassungssystem mit hohen Kosten einführen? Entsprechende Anbieter von Systemen werben jetzt schon mit der Entscheidung und wittern das große Geschäft. Die Führung der Arbeitszeitkonten weiterhin auf die Mitarbeitenden delegieren? Vertrauensarbeitszeit und Mobile Working sofort stoppen? Drohen jetzt schon Bußgelder bei nicht vollständiger Dokumentation der Arbeitszeit?
Oder können wir erst mal abwarten, ob doch noch der deutsche Gesetzgeber eine europakonforme Regelung vorlegt, die er bereits seit 2019 im Zuge der EuGH-Rechtsprechung zur Arbeitszeiterfassung angekündigt hat?
Der Gesetzgeber hat sich bei diesem Thema zu viel Zeit gelassen. Es bleibt zu hoffen, dass nunmehr noch genügend Zeit und Gestaltungsspielraum verbleibt, eine vernünftige und verhältnismäßige Regelung einzuführen. Ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“ der Zeiterfassung verträgt m.E. größenabhängige Erleichterungen, um nicht weitere unnötige Bürokratiehürden für kleine und mittlere Unternehmen aufzubauen.
Die vielfältigen neuen Arbeitsformen (Mobile Working, Flex Working, Workation, etc.), die auf Grundlage eines beiderseitigen Vertrauens gewährt werden und die wir nicht mehr vermissen wollen, müssen im Zuge der Rechtsprechung neu bewertet werden. Die bisherige gewährte Flexibilität muss auch weiterhin gelebt werden können.
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