Die Aufwendungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung werden als Werbungskosten berücksichtigt. Natürlich geht es in erster Linie um die Fälle, in denen ein Arbeitnehmer weit entfernt von seinem Familienwohnsitz eine neue Arbeitsstelle antritt oder in die Ferne versetzt wird und daher ein zweiter Haushalt begründet wird.
Aber es gibt auch die so genannten Wegverlegungsfälle, also Fälle, in denen ein Arbeitnehmer bereits seit längerem eine Wohnung am Arbeitsort nutzt, sich die Familie aber entschließt, vielleicht aufs Land oder in die Heimat zu ziehen. Wird die Wohnung am Arbeitsort beibehalten und erst durch den Wegzug eine doppelte Haushaltsführung begründet, so können die Kosten dennoch beruflich begründet und damit als Werbungskosten abziehbar sein. Dies hat das FG Köln kürzlich bestätigt, auch wenn es im Urteilsfall selbst die berufliche Veranlassung verneint hat (FG Köln, Urteil vom 22.6.2023, 11 K 3123/18).
Der Sachverhalt:
Das FG hat es sich nicht nehmen lassen, den Sachverhalt extrem umfassend darzustellen. Ich möchte ihn daher hier auf den Kern reduzieren: Die Eheleute wohnten mit ihren beiden Kindern in Y. Die Ehefrau arbeitete auch in Y, der Ehemann hatte eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung an seinem Beschäftigungsort in V. Später zogen die Eheleute nach H ins Elternhaus der Ehefrau. Der Hausstand in Y und auch die jeweiligen Arbeitsstellen wurden aber beibehalten. Die Kinder gingen in Y weiter in den Kindergarten. Das Elternhaus erhielt die Ehefrau im Rahmen der unentgeltlichen Erbfolge, wobei den Eltern ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt wurde. Da die Eheleute nun über insgesamt drei Wohnungen verfügten, nämlich in H, in Y und in V, machte auch die Ehefrau die Kosten einer doppelten Haushaltsführung geltend. Die Eheleute gaben an, dass sich das Familienleben in H abspielen würde und der weitere Haushalt in Y daher beruflich notwendig sei. Doch die Kosten wurden nicht anerkannt. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Die Begründung:
Auch die Urteilsgründe sind sehr komplex. Letztlich konnten die Eheleute nicht hinreichend nachweisen, dass der Lebensmittelpunkt tatsächlich in H gelegen hat. So sei nicht erkennbar und nachgewiesen, ob und gegebenenfalls auf welche Weise die Kläger am örtlichen Geschehen und Gemeindeleben in H teilgenommen hätten. Sie hätten auch nicht detailliert dargelegt und nachgewiesen, welche sozialen Kontakte sie und die Kinder in den Streitjahren in H und Umgebung mit wem, wann und in welchem Umfang unterhalten hätten.
Denkanstoß:
Betroffenen und ihren Beratern sei die Lektüre des Urteils empfohlen, auch wenn es nicht gerade leicht verdaulich ist. Es wird nämlich deutlich, welche Nachweise das Finanzamt und gegebenenfalls das Finanzgericht erwarten, um eindeutig erkennen zu können, dass sich das Familienleben tatsächlich am neuen Wohnort abspielt. Man kann es den Finanzbeamten und auch den Richtern wohl nicht verübeln, dass sie insoweit ein gewisses Misstrauen hegen.
Es ist beispielsweise dezidiert aufzulisten, ob Vereinsmitgliedschaften bestehen und inwieweit tatsächlich aktiv am jeweiligen Vereinsgeschehen (z.B. durch Teilnahme an Spielen etc.) teilgenommen wird, oder inwieweit man sich aktiv am Gemeindeleben beteiligt. Pauschale Behauptungen reichen nicht aus. Und es ist – aus steuerlicher Sicht – nicht gerade hilfreich, wenn die Kinder weiter am Beschäftigungsort der Eltern zur Schule gehen und sich dort auch die aufgesuchten Ärzte befinden oder wenn weiterhin alle Rechnungen an die bisherige Anschrift gesandt werden. Wenn dann noch die „falsche“ Tageszeitung bezogen wird, sieht es mit einem Abzug der Kosten der doppelten Haushaltsführung schlecht aus.
Weitere Informationen:
NWB Online-Nachricht: Doppelte Haushaltsführung in einem sog. Wegverlegungsfall