Ist eine doppelte Haushaltsführung dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen, sind die Kosten der Zweitwohnung als Werbungskosten absetzbar, allerdings begrenzt auf 1.000 Euro pro Monat (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG).
Doch es gibt einige Urteile, nach denen ein Abzug über den Höchstbetrag hinaus möglich ist.
Der BFH hat im Jahre 2019 entschieden, dass die Kosten für die notwendige Einrichtung der Zweitwohnung nicht zu den Unterkunftskosten gehören, deren Abzug auf 1.000 Euro im Monat begrenzt ist (BFH-Urteil vom 4.4.2019, VI R 18/17).
Das FG München hat entschieden, dass auch die Zweitwohnungsteuer nicht zu den Unterkunftskosten gehört, die mit höchstens 1.000 Euro im Monat als Werbungskosten anerkannt werden können. (Urteil vom 26.11.2021, 8 K 2143/21).
Das FG des Saarlandes hat geurteilt, dass die Kosten für einen angemieteten Stellplatz oder für eine Garage nicht zu den Unterkunftskosten gehören und damit ebenfalls nicht unter die 1.000 Euro-Grenze fallen. Sie sind damit auch dann abziehbar, wenn bereits die Miete für die Wohnung so hoch ist, dass die Grenze überschritten wird (Gerichtsbescheid vom 20.5.2020, 2 K 1251/17). Diese Entscheidung ist rechtskräftig, obwohl die Revision ausdrücklich zugelassen wurde.
Nun ist das FG Mecklenburg-Vorpommern den Kollegen aus dem Saarland gefolgt: Aufwendungen für einen – separat von der Wohnung angemieteten – Pkw-Stellplatz gehören nicht zu den Unterkunftskosten. Sie sind folglich auch dann abziehbar, wenn die 1.000 Euro-Grenze bereits mit der Wohnungsmiete erreicht ist. Wichtig: Die Kosten gelten als „sonstige“, nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG abziehbare Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung (Urteil vom 21.9.2022, 3 K 48/22). Auch hier wurde die Revision zugelassen, die aber ebenfalls nicht eingelegt wurde.
Die Begründung des FG Mecklenburg-Vorpommern in Kurzform: Kosten eines separat angemieteten Stellplatzes sind keine Unterkunftskosten, deren Abzug zu beschränken ist, da sie nicht für die Unterkunft, sondern für das davon zu unterscheidende Abstellen des Pkw aufgewendet werden. Aber: Anders wäre es eventuell, wenn Wohnung und Stellplatz stets eine untrennbare Einheit bilden würden, oder wenn im Einzelfall Wohnung und Stellplatz nur zusammen angemietet werden konnten und zusammen angemietet worden sind. Doch darüber mussten die Richter letztlich nicht befinden.
Denkanstoß:
Was mich nun umtreibt, ist die Frage, ob die Energiekosten unter die 1.000 Euro-Grenze fallen. Wenn ich das aktuelle Urteil richtig interpretiere, fallen zumindest die Kosten für Heizung und Warmwasser nicht unter die Grenze und sind damit unbeschränkt abziehbar. Angesichts stark gestiegener Mieten und Energiepreise wäre das eine wichtige Aussage.
Das BMF führt aus: „Der Höchstbetrag umfasst sämtliche entstehenden Aufwendungen wie Miete, Betriebskosten, Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung oder -unterkunft, Zweitwohnungsteuer, Rundfunkbeitrag, Miet- oder Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze, Aufwendungen für Sondernutzung (wie Garten), die vom Arbeitnehmer selbst getragen werden, nicht jedoch Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist ….. “ (BMF-Schreiben vom 25.11.2020, IV C 5 – S 2353/19/10011 :006, BStBl 2020 I S. 1228). Der Begriff „Betriebskosten“ wird allerdings nicht näher definiert.
Mich interessiert nun Ihre Auffassung:
Fallen die Energiekosten unter die 1.000 Euro-Grenze? Oder sind sie, wenn die Grenze bereits mit der „herkömmlichen“ Miete erreicht ist, zusätzlich – in voller Höhe – als Werbungskosten abziehbar? Ich habe übrigens bewusst auf die Wörter „Bruttomiete“, „Nettomiete“, „Warmmiete“ und „Kaltmiete“ verzichtet, da sie meines Erachtens – zumindest im allgemeinen Sprachgebrauch – nicht immer einheitlich verwendet werden.
Wenn man BFH Urteil v. 04.04.2019 – VI R 18/17 BStBl 2019 II S. 449, Rz. 24 liest, besteht eigentlich kein Zweifel, dass die Betriebskosten in die 1.000 Euro-Grenze einzubeziehen sind:
Nach Auffassung des Senats zählen zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG, die (nur) mit dem Höchstbetrag von 1.000 € pro Monat abgezogen werden können, alle Aufwendungen, die der Steuerpflichtige getragen hat, um die Unterkunft zu nutzen, soweit sie ihr einzeln zugeordnet werden können. Hat der Steuerpflichtige eine Wohnung angemietet, gehört zu diesen Aufwendungen zunächst die Bruttokaltmiete; bei einer Eigentumswohnung die AfA auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie die Zinsen für Fremdkapital, soweit sie auf den Zeitraum der Nutzung entfallen. Aber auch die (warmen und kalten) Betriebskosten einschließlich der Stromkosten gehören zu diesen Unterkunftskosten (so bereits Senatsbeschluss vom 12. Juli 2017 VI R 42/15, BFHE 258, 439, BStBl II 2018, 13, Rz 8, zu § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG a.F.), da sie durch den Gebrauch der Unterkunft oder durch das ihre Nutzung ermöglichende Eigentum des Steuerpflichtigen an der Unterkunft entstehen.
Sehr geehrter Herr Wenzel,
Vielen Dank für den Hinweis. Ich gebe Ihnen im Grundsatz natürlich recht. Ich bin halt unschlüssig, weil es in dem – mittlerweile rechtskräftigen – Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern heißt:
„Demnach erscheint es als sachgerecht und entspricht dem Gesetzeszweck, zu den „Unterkunftskosten” nur diejenigen Kosten zu zählen, die üblicherweise in die Berechnung einer durchschnittlichen Bruttokaltmiete einfließen und damit auch von dem Pauschalbetrag von EUR 1.000,00, der die Berechnung der Durchschnittsmiete ersetzen soll, erfasst werden. Das sind die monatlich aufzuwendenden Beträge für Wasser, Kanalisation, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Hausreinigung und -beleuchtung, Schornsteinreinigung, Hauswart, öffentliche Lasten, Gebäudeversicherung und Kabelanschluss. Nicht zur Bruttokaltmiete gerechnet werden Umlagen für Zentralheizung, Warmwasserversorgung, Untermietzuschläge und Zuschläge für Möblierung (Statistisches Bundesamt, http://www.destatis.de/Themen/Gesellschaft und Umwelt/Einkommen, Konsum und Lebensbedingungen/Bruttokaltmiete). Dass auch Stellplatzkosten in die Berechnung einfließen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. “
Viele Grüße
Christian Herold