Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ermäßigt sich die Umsatzsteuer von 19 Prozent auf 7 Prozent für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie für die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Nach derzeitiger Rechtslage gilt für die kurzfristige Vermietung von Bootsliegeplätzen aber der reguläre Umsatzsteuersatz von 19 Prozent.
Der BFH sah es als möglich an, dass die im Umsatzsteuerrecht geltende Steuersatzermäßigung gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG für die kurzfristige Vermietung von Campingflächen auch auf die kurzfristige Vermietung von Bootsliegeplätzen anzuwenden ist und hat daher den EuGH um Klärung gebeten, ob ein Hafen bei gleicher Funktion wie ein Campingplatz zu behandeln ist (BFH-Beschluss vom 2.8.2018, V R 33/17). Soeben hat der EuGH indes entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz für die Vermietung von Campingplätzen nicht auf die Vermietung von Bootsliegeplätzen anwendbar ist (EuGH-Urteil vom 19.12.2019, C‑715/18).
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde
Ein eingetragener Verein, dessen Zweck die Förderung des Segel- und Motorwassersports ist, überließ Bootsliegeplätze in seinem Hafen gegen ein so genanntes Hafengeld Wassersportlern, die dort mit ihrem Boot ankern und übernachten konnten. Das Hafengeld umfasste auch die Nutzung ähnlicher (Sanitär-) Einrichtungen wie auf Campingplätzen und in „Wohnmobilhäfen“.
Nach Auffassung des FG Niedersachsen kann die kurzfristige Überlassung von Bootsliegeplätzen nicht unter die Formulierung „kurzfristige Vermietung von Campingflächen“ nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG subsumiert werden. Ein Boot sei in erster Linie ein Beförderungsmittel. Dem stehe nicht entgegen, dass viele Boote auch Einrichtungen zum Übernachten (Kajüten) hätten und diese auf den Gastliegeplätzen entsprechend genutzt werden könnten (Urteil vom 15.6.2017, 5 K 210/15).
Der BFH sah die Sache differenzierter
Der in der Europäischen Grundrechtscharta verankerte allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 20 EUGrdRCh), der im Steuerrecht im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck komme, gebiete, die Steuersatzermäßigung für Campingplätze und damit für so genannte „Wohnmobilhäfen“ auch auf die Überlassung von Bootsliegeplätzen anzuwenden, soweit diese gleichartige Umsätze ausführen. Und so riefen die BFH-Richter den EuGH an: Umfasst die Steuersatzermäßigung für die Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen auch die Vermietung von Bootsliegeplätzen?
Der EuGH konnte sich der Ansicht des BFH aber nicht anschließen
Art. 98 Abs. 2 der MwSystRL ist dahin auszulegen, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz, der dort für die Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen vorgesehen ist, nicht auf die Vermietung von Bootsliegeplätzen anwendbar ist. Die Vermietung von Bootsliegeplätzen ist zum einen nicht im Wortlaut von Anhang III Nr. 12 MwSystRL enthalten und zum anderen nicht dem Begriff der Beherbergung immanent, sondern soll in erster Linie das sichere Festmachen der Boote am Liegeplatz ermöglichen.
Weitere Informationen: