Dem Attraktivitätsverlust des Einzelhandels in den Innenstädten, der durch die aktuelle Corona-Pandemie zugenommen hat, wollen Politiker von CDU und CSU jetzt mit einer „Paketsteuer“ entgegenwirken. Hilft eine solche Maßnahme tatsächlich, um dem Einzelhandel unter die Arme zu greifen?
Hintergrund
Laut aktuellen Medienberichten denkt die Fraktion von CDU und CSU im Bundestag darüber nach, Pakete, die im Onlinehandel bestellt werden, mit einer neuen „Steuer“ zu belegen. Vergangenes Wochenende wurde dazu ein Grundsatzpapier vorgelegt, in dem der stellvertretende Fraktionschef Andreas Jung und der kommunalpolitische Sprecher von CDU/CSU die Auflage eines sog. Innenstadtfonds vorschlagen, der durch die Paketsteuer finanziert werden könnte. Bezahlt werden soll die neue „Steuer“ von Online-Händlern, um dann direkt der Stärkung des Einzelhandels in den Innenstädten zugutezukommen. Die Höhe der zu leistenden Zahlung soll sich dabei am jeweiligen Wert der bestellten Waren orientieren. Ob und inwiefern die neue Steuer zu höheren Preisen führe, liege im Ermessen der Anbieter.
„Mit den Einnahmen wird der Onlinehandel an den Kosten von ihm genutzter kommunaler Infrastruktur beteiligt. Beseitigt wird damit die Schieflage gegenüber dem stationären Einzelhandel, der schon heute mit seinen Steuern erheblich zum Gemeindehaushalt beiträgt“, heißt es – laut ARD-Hauptstadtstudio – zur Begründung in dem Papier. „Die Mittel werden also in vollem Umfang zur Stärkung eines vielfältigen Einzelhandels in lebendigen Innenstädten eingesetzt“, so die beiden Politiker in dem Grundlagenpapier weiter. Solchen Geschäften, die wegen der Pandemie teils sogar schließen mussten, solle mit großzügigeren Überbrückungshilfen, Schnellkrediten und Steuererleichterungen geholfen werden.
Geteilte Meinungen zum Vorschlag
Die Palette an Meinungen, welche kurz nach Bekanntwerden des Grundsatzpapiers von Vertretern aus Politik und des Handels geäußert worden sind, könnte bunter nicht sein. Zustimmung erntet das Papier primär beim Koalitionspartner. Bernhard Daldrup, kommunalpolitischer Sprecher der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, begrüßte den Vorschlag. Er wäre dazu geeignet, dem stationären Handel „mehr Chancengleichheit“ zu ermöglichen. Neben einer solchen Abgabe wäre es „ein weiteres wichtiges Element, die bisher kostenlosen Retouren von Waren aus dem Online-Handel kostenpflichtig zu machen“, so Daldrup weiter.
Keine Gegenliebe findet der Vorschlag hingegen bei den Betroffenen. So stellte etwa der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel (bevh), Christoph Wenk-Fischer, fest, dass der Vorschlag ein „Schlag ins Gesicht für diejenigen [sei], die seit 25 Jahren in Innovation und Versorgungssicherheit im Handel in der Stadt und auf dem Land investiert haben“ und damit „zukunftssichere Arbeits- und Ausbildungsplätze“ schaffen würden.
Kritik äußerte auch der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth. Seiner Meinung nach sei die in der Diskussion befindliche Abgabe „ein Bärendienst gegenüber dem Drittel der stationären Händler, die sich ein Online-Standbein aufgebaut haben.“ Ein „Gegeneinander-Ausspielen der Vertriebskanäle“ helfe niemandem weiter.
Seitens der FDP sprach der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion im Bundestag, Michael Theurer, von einem „neuen Bürokratiemonster“, welches durch eine derartige Abgabe geschaffen würde. Anstatt einer solchen würden die Betriebe „eine klare und verlässliche Öffnungsperspektive für 2021“ benötigen.
Instrumentalisierung des Steuerrechts an dieser Stelle der falsche Weg
Zwar stellt § 3 Abs. 1 HS 2 AO ausdrücklich klar, dass die Erzielung von Einnahmen, und damit der Fiskalzweck, im Rahmen der Steuererhebung auch Nebenzweck sein kann, so dass der Gesetzgeber nicht nur durch Ge- oder Verbote, sondern ebenfalls durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft und Gesellschaft Einfluss nehmen kann. Fraglich ist jedoch, ob die Etablierung einer Paketsteuer tatsächlich geeignet ist, die Innenstädte wieder zu beleben und den stationären Einzelhandel aufzuwerten. Denn vergessen werden sollte nicht, dass gerade viele kleine und mittelgroße Einzelhändler kurzfristig Online-Shops eingerichtet haben, um ihre Produkte auch nunmehr weiter anbieten zu können.
Eine Paketsteuer würde auch diese Händler treffen und ihnen zusätzlich große Steine in den Weg legen. Sie ist daher m.E. der falsche Weg. Wichtig wäre es vielmehr, im internationalen Kontext weiter solche gesetzlichen Normen zu etablieren, die aggressive Steuervermeidung unterbinden.