Diesel – Und jetzt?

Ich hatte mich bereits seit 2015 mehrfach im Blog zur „Dieselthematik“ geäußert. Mit dem gestrigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und den daraus zu erwartenden Fahrverbotsbereichen für zahlreiche Dieselfahrzeuge ist das Thema „Diesel-KFZ“ wieder einmal bedeutsam.

Für die Frage der Bilanzierung ist das Thema vergleichsweise leicht zu beantworten. Wer Dieselfahrzeuge mit Abgasnormen schlechter als Euro 6 zu bilanzieren hat, muss sich mit der Frage außerplanmäßiger Abschreibungen intensiv auseinandersetzen.  Ob eine solche Abschreibung erforderlich ist, hängt von der Relation von aktuellem Buchwert und Kontrollwert zusammen. Aufgrund erwarteter Fahrverbote ist es wohl zu spürbaren Rückgängen erzielbarer Wiederverkaufswerte für Dieselfahrzeuge insbesondere bis Euro 5 gekommen. Das dürfte aber eher der Anfang gewesen sein, denn wer kauft in Deutschland solche Fahrzeuge in der Zahl, wie sie bereits auf den Höfen der Händler stehen und demnächst zusätzlich auf den Markt kommen dürften.

Im Rahmen der handelsrechtlichen Bilanzierung stellt sich beim Händler oder beispielsweise auch der Leasinggesellschaft im Hinblick auf die im Umlaufvermögen zu bilanzierenden Fahrzeuge die Frage, ob die Marktpreise bzw. der beizulegende Wert unter die Buchwerte gesunken ist oder zu sinken droht. Nach dem strengen Niederstwertprinzip ist in diesem Fall eine außerplanmäßige Abschreibung auf gesunkene Marktwerte nicht zu vermeiden. Nach IFRS sieht es nicht anders aus, außer dass nach IFRS zwingend auf den Absatzmarkt abzustellen ist, während nach HGB theoretisch auch der Beschaffungsmarkt eine Rolle spielt, der aber kaum höhere Preise erwarten lässt. Beschränkt man sich nach HGB nicht auf die verlustfreie Bewertung vom Absatzmarkt, sondern schaut nach traditioneller Auffassung auch auf den Beschaffungsmarkt, können sich ggf. noch niedrigere Werte ergeben.

Im Anlagevermögen stellt sich handelsrechtlich die Frage auf den ersten Blick etwas weniger streng, weil eine außerplanmäßige Abschreibung nur bei voraussichtlich dauerhafter Wertminderung vorzunehmen wäre, wobei hier in den meisten Fällen auf den Beschaffungsmarkt geschaut wird. Nur, wer rechnet ernsthaft mit einer künftigen Erholung der Werte. Spätestens wenn es tatsächlich zu konkreten Fahrverboten kommt, kann das Angebot an betroffenen Gebrauchtfahrzeugen sprunghaft steigen, was eher weiteren Druck auf die Preise erwarten lässt. Von der Dauerhaftigkeit der Wertminderungen wird man also regelmäßig ausgehen können. Ähnlich sieht es bei steuerlichen Teilwertabschreibungen aus.

Nach IFRS kann es im Sachanlagevermögen etwas anders aussehen. Hier ist auf den erzielbaren Betrag abzuschreiben. Dieser ergibt sich als größerer Wert aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten auf der einen Seite und Nutzungswert auf der anderen Seite. Der Nutzungswert ist dabei nach Discounted-Cashflow-Verfahren zu ermitteln. Dabei treten jedoch häufig Probleme der Zurechnung von Zahlungen auf die einzelnen Vermögenswerte, hier KFZ, auf. Der Nutzungswert ist daher vielfach nur für sogenannte zahlungsmittelgenerierende Einheiten zu bestimmen, d.h. Vermögensgruppen denen insbesondere Einzahlungen gemeinsam zurechenbar sind. Nur wenn der erzielbare Betrag einer solchen zahlungsmittelgenerierenden Einheit unter ihrem Buchwert liegt, kommt es zu außerplanmäßigen Abschreibungen. Innerhalb der zahlungsmittelgenerierenden Einheiten kann es dabei zu Ausgleichseffekten kommen, so dass der Gesamtwert der Einheit gar nicht sinkt.

Wer nur Dieselfahrzeuge nach Euro 6 im Bestand hat, kann nicht einfach aufatmen. Da die Nachfrage nach Dieselfahrzeugen allgemein ruckläufig zu sein scheint, wird man auch hier prüfen müssen, inwieweit Wertminderungen zu erfassen sind.

Auch im Bereich der Rückstellungen kann sich bei schwebenden Verträgen etwas tun. Liegen etwa schwebende Geschäfte vor, die mit der künftigen Übernahme betroffener Fahrzeuge verbunden sind, können – außer in der Steuerbilanz –  Drohverlustrückstellungen zu passivieren sein. Das kann bspw. der Fall sein, wenn ein Fahrzeug zwar nicht beim Bilanzierer anzusetzen ist, jedoch eine Ankaufsverpflichtung für Fahrzeuge zu einem festgelegten Preis vorliegt (Stillhalterposition im Rahmen einer Putoption). Andienungsrechte des Leasingnehmers gegenüber dem Leasinggeber können solche Fälle begründen.

Ahnungslos oder vielleicht etwas verlogen finde ich die vielerorts angeführte Verpflichtung der Autohersteller zur Nachrüstung. Ethisch-moralisch kann man so etwas sicher fordern. Mir ist nur nicht klar, wo hier die scheinbar vertretene Rechtspflicht herkommen soll. An den Fahrzeugen ist im Nachgang von Dieselgate viel geprüft worden. Es scheinen aber nicht sehr viele nicht rechtskonforme Fahrzeuge gefunden worden zu sein. Ansonsten hätte die Exekutive ja längst umfangreichere Maßnahmen erzwingen oder die Fahrzeuge stilllegen müssen. Mir scheint, man wirft der Autoindustrie vor, die Fahrzeuge hätten im Realbetrieb höhere Abgaswert als auf dem Prüfstand. Das wusste doch aber jeder seit langer Zeit. Von nachgewiesenen echten Verstößen gegen die Messvorgaben habe ich hier nicht viel wahrgenommen. Dennoch könnte sich bei den Autoherstellern die Frage nach Verbindlichkeitsrückstellungen stellen, wenn nicht schon aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung zur Hardwarenachrüstung von Euro 5-Fahrzeugen, so denn wegen einer faktischen Verpflichtung.

Im Hinblick auf die betroffenen Autofahrer sollte man bei den „Mittätern“ in Berlin einmal über eine Abwrackprämie für ältere Dieselfahrzeuge nachdenken. Diese Prämie sollte bewusst nicht an einen Neukauf gebunden sein, sondern nur an die Verschrottung. Ökologisch ist es doch viel vorteilhafter, wenn ein alter Diesel verschrottet wird, ohne dass ein neues Fahrzeug gekauft wird. Also würde die Prämie unabhängig davon gewährt, ob ein Neukauf erfolgt oder nicht. Es ist zwar unschön, dass der Steuerzahler hier mit bluten würde. Aber schließlich ist das Problem von den Vertretern der Wahlbürger mitverursacht worden, was eine Solidarisierung der Verluste durchaus rechtfertigt. Zudem könnte man eine solche Abwrackprämie auch gegen Fahrverbote als ultima ratio anführen, weil die Abwrackprämie eine schnelle Reduktion der relevanten Abgase erwarten lässt. Das gilt natürlich nur, wenn man an die behaupteten, aber wissenschaftlich kaum bewiesenen oder auch nur beweisbaren Zusammenhänge zwischen aktuellem Stand der Emissionen und ernsthaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen glaubt.

Weitere Informationen (NWB Experten-Blog):


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Ein Kommentar zu “Diesel – Und jetzt?

  1. Dieses Dieselfahrverbot ist wirklich eine Schlimme Sache für die Autofahrer. Nur weil die Politik Klimaziele erfüllen will das auf den Rücken der fleißigen Arbeiter abzuwelzen. Da könnte die Regierung sich gerne mal etwas anderes einfallen lassen.

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