Das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften („Jahressteuergesetz 2018“) dürfte in Kürze auch vom Bundesrat verabschiedet werden. Der Bundestag jedenfalls hat das Gesetz am 8.11.2018 in 2./3. Lesung beschlossen.
Bemerkenswert ist eine Änderung, die durch eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses voraussichtlich Gesetz werden wird. Es geht um die Begünstigung von Dienstfahrrädern. Im Einzelnen:
Schon heute stellen vielen Firmen ihren Mitarbeitern Fahrräder und Elektrofahrräder zur Verfügung, mit denen sie zur Arbeit fahren können und die sie auch privat nutzen können (Firmenfahrräder). Wie beim Firmenwagen müssen die Mitarbeiter auch beim Firmenfahrrad seit 2012 einen geldwerten Vorteil versteuern. Und zwar monatlich 1 % des Listenpreises (sog. 1 %-Durchschnittsmethode). Dieser Betrag ist ebenfalls sozialversicherungspflichtig, sofern das Gehalt die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt (koordinierter Ländererlass vom 23.11.2012, BStBl. 2012 I S. 1224).
Ab dem 1.1.2019 soll der private Nutzungswert aus der Überlassung eines Firmenfahrrads für den Mitarbeiter steuerfrei und sozialversicherungsfrei sein. Voraussetzung ist, dass die Überlassung des Fahrrades zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt, z.B. Gehaltserhöhung, und nicht durch Gehaltsumwandlung finanziert wird (§ 3 Nr. 37 EStG 2019). Diese Steuerbefreiung ist zunächst befristet bis zum 31.12.2021 (§ 52 Abs. 4 Satz 7 EStG 2019). Steuerfrei für den Mitarbeiter ist auch der vom Arbeitgeber gestellte Ladestrom und die betriebliche Ladevorrichtung (§ 3 Nr. 46 EStG).
Aber Vorsicht: Die Steuerbefreiung gilt für „normale“ Fahrräder und für Elektrofahrräder. Ist ein Elektrofahrrad jedoch verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug einzuordnen (z.B. Elektrofahrräder, deren Motor auch Geschwindigkeiten über 25 Kilometer pro Stunde unterstützt), gelten für die Bewertung des geldwerten Vorteils die Regeln der Dienstwagenbesteuerung. Aber: Bei Anschaffung im Zeitraum 2019 bis 2021 dürfte für diese die neue (geplante) Halbierung der Bemessungsgrundlage für Elektrofahrzeuge gelten.
Ob die Neuregelung ein Hit oder eher ein Rohkrepierer wird, wird sich noch zeigen müssen. Die Produkte der Anbieter von E-Bikes-Leasing (wie Jobrad etc.), die die Absatzzahlen der E-Bikes kräfig in Höhe schrauben, basieren typischerweise auf Entgeltumwandlungsmodellen. Auf diesem Wege an Arbeitnehmer überlassene E-Bikes sollen jedoch von der Steuerbefreiung ausgenommen sein.
Andererseits soll der neue § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 6 EStG 2019 die folgende Regelung enthalten: „Die private Nutzung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des Satzes 2 ist, bleibt außer Ansatz.“ Soll diese Bewertungsvorschrift nur für die Gewinneinkünfte gelten oder über die Verweise in § 8 Abs. 2 auf einzelne Sätze des § 6 Absatz 1 Nummer 4 EStG auch für die Überschusseinküfte (einen konkreten Verweis auf Satz 6 gibt es allerdings in § 8 Abs. 2 EStG jedoch nicht)?
Falls Letzteres der Fall ist, stellt sich die Frage, was denn bei Entgeltumwandlungen nun genau gilt; die beiden Neuregelungen scheinen sich zu widersprechen: Einerseits soll die Steuerbefreiung ausgeschlossen sein, andererseits soll die Bemessungsgrundlage für den geldwerten Vorteil Null betragen(?)
Falls § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 6 EStG 2019 nicht zur Anwendung kommen soll, stellt sich die Frage nach welcher Vorschrift E-Bike-Überlassungen im Rahmen von Entgeltumwandlungsmodellen dann zu besteuern sind – nach der Einprozentmethode auf Grundlage des bisherigen BMF-Schreibens zu dem Thema? Das hätte dann das absurde Ergebnis zur Folge, dass S-Pedelecs (also jene E-Bikes, die verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeuge einzustufen sind), ausgehend vom halben Listenpreis (und das auch bei Entgeltumwandlungsmodellen!), die „normalen“ E-Bikes/Pedelecs (Elektrounterstützung bis 25 km/h) ausgehend vom vollen Listenpreis besteuert würden. Diese Begünstigung der S-Pedelecs gegenüber den „kleinen“ E-Bikes kann doch nicht gewollt gewesen sein.
Alles in allem wirkt die Neuregelung mangels Klarheit in ihrer technischen Umsetzung nicht ausgereift.
Jobrad, (einer) der führende(n) Anbieter von E-Bike-Leasing-Produkten, scheint nun seine Produkte in den meisten Fällen ebenfalls nicht von der Neuregelung erfasst zu sehen und spricht in einer Presseinformation von „Symbolpolitik“:
https://www.jobrad.org/aktuelles/presse/steuerentlastung-fuer-dienstraeder.html
Hat schon irgendjemand eine Idee, welche umsatzsteuerlichen Folgen eine nach § 3 Nr. 37 EStG steuerfreie Fahrrad-Gestellung haben wird? Für gesetzeskonform würde ich es halten, den Vorteil aus der Privatnutzung der Umsatzsteuer zu unterwerfen, aber in der Praxis ist das nicht handhabbar.
Könnte man die Neuregelung nicht so interpretieren, dass § 3 Nummer 37 bedeutet, alle außertariflichen Zuwendungen des AG wie bspw. Versicherung des Dienstrades, Beteiligung an der Leasinggebühr usw. sind steuerfrei (ähnlich Jobtickets, Ladestrom usw. die unter § 3 aufgelistet sind). Hier wird ja nicht die „Überlassung des Dienstrades“ genannt, sondern „Vorteile für die Überlassung…“.
Ergänzt wird diese Steuerbefreiung dann durch den neuen Satz 2 in § 6, die „private Nutzung von Diensträdern“ mit der 1-Prozent-Regel nicht in Ansatz zu bringen.
Somit wäre die vollständige Steuerbefreiung beschrieben.