Bekanntermaßen hat jedes Handeln einen steuerlichen Schatten. Mit dem heutigen Blog-Beitrag darf ich Sie auf eine grenzüberschreitende Reise mitnehmen. Diese begann vor einigen Jahren, als § 6 AStG noch einen Wegzug von Deutschland ins EU-/EWR-Ausland mit einer zinslosen, dauerhaften Stundung gestattete (sog. Ewigkeitsstundung, § 6 Abs. 5 AStG a.F. vor ATADUmsG). Hauptakteurin des Sachverhalts soll eine Frau sein, die seit ihrer Geburt in Deutschland ansässig und unbeschränkt steuerpflichtig war. Zudem kam diese auch aus gutem Hause. Über ihre eigene GmbH war sie am Familienunternehmen beteiligt. Wie es der Zufall wollte, verliebte sie sich in einen jungen und gutaussehenden Mann.
Sie ahnen es: Die Liebe verführte unsere Akteurin letztendlich ins EU-Ausland und die Ewigkeitsstundung war seit dem kompletten Wegzug von Deutschland ins EU-Ausland mit im Gepäck. Und damit auch die verbundenen Restriktionen, welche mit wechselnder Intensität immer wieder auch ihre steuerlichen Berater beschäftigte.
Zwischenzeitlich sind einige Jahre vergangen und das Traumpaar hat Kinder bekommen. Wie kann es auch anders sei, die fürsorgliche Mutter denkt bereits früh an die Nachfolge. Sonach sollen auch die Kinder an dem Familienunternehmen bzw. über Ihre GmbH-Beteiligung beteiligt werden, jedoch ohne die Wegzugsteuerstundung und die damit verbundenen Restriktionen auferlegt zu bekommen.
Nun stellt sich die Frage, was der Mutter zu raten sei? Die Spanne der Möglichkeiten reicht von einem Rückzug nach Deutschland bis hin zur Inkaufnahme der steuerlichen Folgen des Widerrufs. Dazwischen gibt es diverse Handlungsmöglichkeiten, auf die jedoch im Folgenden nicht weiter eingegangen werden soll, denn das Paar hat bereits einen Plan, den es zu beurteilen gilt:
Aufgrund dessen, dass die Kinder noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, überlegt das Paar, komplett zurück nach Deutschland zu ziehen, damit die Mutter wieder in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und auch ansässig wird. Dieser Plan erscheint zunächst nachvollziehbar, da dadurch Deutschland wieder das Besteuerungsrecht an dem Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile erlangen würde. Der Entfall der Wegzugsteuerstundung nach § 6 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 AStG a.F. wäre zu begehren und die Unendlichkeit der Ewigkeitsstundung würde endlich werden – im positiven Sinne (Entfall) – die Last wäre abgelegt. Ziel erreicht, vermag das Paar zu jubeln und plant bereits vor dem Rückzug nach Deutschland den erneuten Wegzug von Deutschland ins EU-Ausland.
An dieser Stelle verliert der Plan – mit Blick ins Gesetz – seinen Charme. Unter der Annahme gleichbleibender Bedingungen (die GmbH-Beteiligung der Mutter bleibt weiterhin als GmbH-Beteiligung bestehen) – gerät der Plan ins Wanken! Würde das Paar tatsächlich den Plan vollziehen und nach dem Entfall der „alten“ Wegzugsteuerstundung wieder erneut aus Deutschland wegziehen, wäre unabhängig der in § 6 Abs. 2 S. 1 AStG n.F. geforderten zeitlichen Voraussetzung (7 aus 12 Jahre) ein „neuer“ Wegzugsteuertatbestand gegeben, da § 6 Abs. 2 S. 4 AStG für genau die Fälle die zeitliche Voraussetzung (mindestens sieben Jahre unbeschränkt steuerpflichtig innerhalb der letzten 12 Jahre) negiert. Insofern sollte der Plan in der Gestalt überdacht werden. Nicht, dass aus der bisherigen Ewigkeitsstundung eine teure Steuerlast wird!
Und so erlangt die Aussage, „drum prüfe, wer sich bindet“ im Spiegel von § 6 AStG durchaus eine neue Bedeutung. Eine gute Reise …
Ein spannender Fall. Danke fürs teilen!