Die neue Anlage R-AUS: Vorsicht Falle

Wie bereits in meinem Blog-Beitrag „Einkommensteuervordrucke 2020 oder vertraue niemals einer amtlichen Anleitung“ geschrieben, gibt es für den Veranlagungszeitraum 2020 erstmals die Anlage R-AUS. Sie ist von Steuerzahlern auszufüllen, die Renten aus dem Ausland beziehen, das heißt aus ausländischen Versicherungen, ausländischen Rentenverträgen oder ausländischen betrieblichen Versorgungseinrichtungen. Wer die Anlage R-AUS studiert und die amtliche Anleitung dabei hinzuzieht, kommt aber zumindest als steuerlich interessierter Leser kaum umhin, Kritik üben zu müssen.

Bei allem Respekt: Aber die „Vordruckmacher“ erwecken den Eindruck, als wenn Renten aus dem Ausland generell in Deutschland, das heißt im Wohnsitzstaat, zu versteuern wären. Zumindest machen sie glaubhaft, dass die Finanzbeamten, wenn sie in Zeile 4 den Staat des Leistungsbezugs lesen, schon von sich aus prüfen werden, welchem Staat das entsprechende DBA das Besteuerungsrecht zuweisen wird. Ich prophezeie, dass die Praxis eine andere sein wird. Das heißt: Wer etwa die Zeilen 4 bis 10 der Anlage R-AUS ohne nähere Prüfung ausfüllt, darf getrost davon ausgehen, dass seine Rente aus dem Ausland in Deutschland besteuert wird – Kassenstaatsprinzip hin, Wohnsitzprinzip her.

Dabei ist die Besteuerung von Renten aus dem Ausland nicht trivial. Zu prüfen sind unter anderem:

  • das jeweilige DBA,
  • eventuelle Mindestbeträge,
  • eventuelle Rückfallklauseln bei Nichtbesteuerung in dem einen Staat,
  • die Vergleichbarkeit mit deutschen Renten, Versorgungseinrichtung etc.,
  • die Abgrenzung zwischen Renten und Versorgungsbezügen,
  • die Abgrenzung zwischen Renten und Kapitalanlagen,
  • die Frage, ob und inwieweit Rentenbeiträge in der aktiven Phase gefördert wurden.

Und das Ganze bei Rentenbescheinigungen, die nur bei Renten aus Österreich oder der Schweiz in deutscher Sprache abgefasst sind.

Der BFH hatte übrigens erst kürzlich mit Urteil vom 26.5.2020 (IX R 15/19) der Vorinstanz die Leviten gelesen, die es versäumt hatte zu prüfen, ob eine Zahlung aus der Schweiz auch nach deutschem Rechtsverständnis entgehende Einnahmen ausgleichen sollte. Zwar ging es um eine Versicherungsleistung nach einem Verkehrsunfall, doch das Urteil kann auch für die Rentenbesteuerung von Interesse sein.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wer Renten aus dem Ausland bezieht, sollte sich im Vorfeld sehr genau über die richtige Besteuerung informieren bevor er/sie die Anlage R-AUS beim Finanzamt einreicht. Und liegt das Besteuerungsrecht für aus dem Ausland bezogene Renten beim ausländischen Staat, sind keine Angaben in der Anlage R-AUS, sondern in der Anlage AUS erforderlich – so zumindest meine Auffassung.


Hier finden Sie die Formulare und Vordrucke, die im NWB Kanzleipaket PRO enthalten sind.

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