Auch erfolgreiche Unternehmer und Manager verdrängen – wie so viele – den Gedanken betreffend Tod und Alter. Dies auch in noch anhaltenden Corona-Pandemie-Zeiten. Dennoch ist keiner davor geschützt, aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit (dauerhaft oder vorübergehend) handlungs-oder geschäftsunfähig zu werden. Zahlreiche berühmte Fälle belegen dies (z.B. bei der Formel 1 mit Michael Schumacher).
Unternehmen müssen aber stets handlungsfähig sein. Oftmals müssen Entscheidungen schnell und unbürokratisch in einer GmbH getroffen werden. Das geht nur, wenn alle Gesellschafter und (Gesellschafter-) Geschäftsführer erreichbar sind. Bei Ausfall auch nur eines Gesellschafters kann ein Unternehmen unter Umständen auf längere Zeit lahmgelegt sein. Es stellen sich Fragen, wer zur Gesellschafterversammlung zu laden ist und schon einfache Ladungsmängel führen regelmäßig zur Nichtigkeit aller Gesellschafterbeschlüsse.
Welche Gesellschafterliste ist maßgeblich?
Ein solcher Ausfall trifft nicht nur den betroffenen Gesellschafter (und/oder Geschäftsführer), sondern auch die Firma selbst, die anderen Gesellschafter, Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten. Es ist also gesellschaftsrechtlich Vorsorge zu treffen für die Fälle Tod, Alter, Krankheit und etwaige Unfälle, um den Bestand auch von Familienunternehmen langfristig zu sichern. Dabei sollte man sich niemals auf Möglichkeiten wie die Bestellung von Notgeschäftsführern oder Betreuern verlassen. Die Gesellschafterliste hat ebenfalls eine zentrale Bedeutung dabei. Die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste dient als allgemeine Legitimations- und Rechtscheinsgrundlage (§§ 16, 40 GmbHG). Vor jedem Gesellschafterbeschluss ist stets die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste abzurufen. Maßgebend ist nur die Liste, die im Handelsregister online abrufbar ist. Falls die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste unrichtig oder unvollständig, bzw. veraltet ist (oder ganz fehlt), ist unbedingt zunächst einmal eine Gesellschafterliste zu erstellen, von den Geschäftsführern zu unterzeichnen oder elektronisch zum Handelsregister einzureichen.
Erst nach der Aufnahme der Gesellschafterliste ins Register können Gesellschafterbeschlüsse wirksam gefasst werden. Etwaige Verstöße haben regelmäßig die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen zur Folge. Im Falle des Todes eines Gesellschafters fällt der GmbH-Geschäftsanteil in den Nachlass des Verstorbenen und geht, wenn keine Nachfolgeregelung existiert, nach gesetzlicher Erbfolge auf die Erben über. Die Erbfolge kann durch den Gesellschaftsvertrag auch nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. Selbstverständlich gibt es mittelbare Steuerungsinstrumente, beispielsweise durch Einziehungs- und /oder Abtretungsklauseln im Gesellschaftsvertrag, die für den Erbfall gelten können. Das Gesellschaftsrecht ist hier also vorrangig zu beachten.
Voraussetzungen an die Erben
Was ist aber mit den Erben? Wie üben sie nach dem Erbfall ihre Stimmrechte aus? Wie müssen sie sich legitimieren? All dies ist bestenfalls im GmbH-Gesellschaftsvertrag geregelt. Praxisbekannt ist aber, dass dies manchmal nur unzureichend in der Satzung geregelt ist. Wichtig ist jedenfalls, dass Rechte bzw. Stimmrechte nur gegenüber der Gesellschaft ausgeübt werden können, wenn die Erben in das Handelsregister in die Gesellschafterliste der GmbH eingetragen sind. Nur dann zählt man der GmbH gegenüber als „echter“ Gesellschafter.
Dies hat auch das OLG Naumburg in einem Urteil vom 1.9.2016 so bestätigt. Die Erben müssten also erreichen, in die GmbH-Gesellschafterliste eingetragen zu werden. Die Geschäftsführer haben eine Pflicht, unverzüglich nach Wirksamwerden jeder Veränderung im Gesellschafterbestand und/oder dem Umfang der Beteiligung eine neue unterschriebene geänderte Liste der Gesellschafter zum Handelsregister einzureichen.
Was müssen die Erben nun vorlegen?
Einen Erbschein oder ein europäisches Nachlasszeugnis sind sicherlich ausreichend, nicht jedoch immer zwingend erforderlich. Auch die GmbH-Satzung spielt eine Rolle. Nachdem die Richtigkeitsgewähr der Gesellschafterliste im Allgemeinen nicht so stark ist wie z. B. beim Grundbuch, wird analog § 35 Grundbuchordnung auch die Vorlage einer Verfügung von Todes wegen in einer öffentlichen Urkunde samt Eröffnungsniederschrift genügen. Ein privates Testament ist oft nicht ausreichend. Ausländische Erbzeugnisse, z. B. mit Drittstaatenbezug, dürften allgemein ebenfalls nicht von vornherein anzuerkennen sein, es sei denn es ist satzungsrechtlich geregelt, weil sie nicht die gleiche Wirkung wie ein deutscher Erbschein haben. Jedenfalls wird ein GmbH-Geschäftsführer – ohne Vorlage eines zweifelsfreien Nachweises der Erbfolge keine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einreichen, mit der Folge, dass die Erben eines Gesellschafters in der Gesellschafterversammlung nicht stimmberechtigt sind. Es können dann keine Beschlüsse mehr gefasst werden.
Klar ist nun: Für die Stimmrechte genügt der Nachweis der Erbfolge, zum Beispiel durch einen Erbschein in der Gesellschafterversammlung alleine nicht.
Verschollener Gesellschafter
Auch ein verschollener Gesellschafter kann die Gesellschafterversammlung in Schwierigkeiten bringen. Dies besonders bei der GmbH. Es gibt diese Fälle immer noch: Z.B. bei Schiffsunglücken („Costa Concordia“) und Flugzeugen, z.B. Absturz „Malaysia Airlines Flug 370“ oder das plötzliche Verschwinden von Managern als geübter Bergsteiger in den Bergen, wie bei einer deutschen Supermarktkette der Fall gewesen. Der Erbfall tritt bekanntlich aber erst mit dem (sicheren) Tod des Erblassers ein. Maßgeblich ist hier der Hirntod, der vollständige irreversible Ausfall aller Funktionen des gesamten Gehirns. Dem Tod steht die Todesvermutung gleich, die durch formelle Todeserklärung widerlegbar begründet wird (§ 2031,2370 BGB). Maßgebend ist insoweit auch das deutsche Verschollenheitsgesetz. Solange ein Verschollener nicht für tot erklärt ist, wird vermutet, dass er zum relevanten Zeitpunkt weiterlebt oder gelebt hat. Dies bedeutet, dass er auch noch nach der GmbH-Gesellschafterliste Gesellschafter ist, nicht dessen Erben. Das deutsche Verschollenheitsgesetz ist anwendbar, wenn der Gesellschafter deutscher Staatsangehöriger war oder seinen letzten Aufenthalt in der BRD hatte. Ein Umstand, dass der Gesellschafter in den Schweizer oder österreichischen Bergen verschollen ist, ist demnach aus deutscher Sicht ohne Belang.
Der verschollene Gesellschafter kann frühestens nach einem Jahr für tot erklärt werden. In der Praxis besteht damit eine Zeit der Unsicherheit von mindestens einem Jahr für die GmbH und die Gesellschafter der GmbH.
In der Zeitspanne zwischen Verschollenheit und Todeserklärung ist der Gesellschafter unerreichbar und nicht handlungsfähig. Eine Verfügung von Todes wegen hilft mangels Erbfall insoweit nicht. Jedoch kann für den Gesellschafter allenfalls ein Bevollmächtigter aufgrund einer entsprechend ausformulierten Vollmacht handeln, die im besten Fall notariell vorliegt und dem GmbH-Geschäftsführer vorgelegt werden kann. Eine notarielle Vorsorgevollmacht empfiehlt sich für jeden GmbH-Gesellschafter.
Oft wird dabei auch vergessen, digitale Themen mit anzusprechen. Der Bevollmächtigte sollte auch die Befugnis haben, insbesondere zur Entgegennahme, zum Öffnen und zum Anhalten der Post sowieso alle Entscheidungen über den Telekommunikation- und Fernmeldeverkehr (vgl. dazu: Art. 10 GG, § 1896 Abs. 4 BGB analog, § 88 TKG) für den Vollmachtgeber. Ferner soll dabei aufgenommen werden in den Vollmachtsinhalt, dass der Bevollmächtigte uneingeschränkt für die Entgegennahme, das Öffnen das Anhalten der Post sowie aller sonstigen Telekommunikationsvorgänge auch in jeglicher digitalen/elektronischen Form, als bevollmächtigt gilt.
Empfehlung für die Praxis
Am besten regelt man auch die Verpflichtung des GmbH-Gesellschafters zur Abgabe einer wirksamen Vorsorgevollmacht in notarieller Form im Gesellschaftsvertrag und es wird im Text der Satzung darauf hingewiesen, dass die Vollmacht auch die Ausübung und Wahrnehmung sämtlicher Gesellschafterrechte sowie jegliche Verfügungen über die Beteiligung an der Gesellschaft umfassen soll.
Ist sie transmortal („Die Vollmacht erlischt nicht mit dem Tod des Vollmachtgebers, sondern besteht auch nach dem Tod des Vollmachtgebers unverändert fort“), d.h. zu Lebzeiten erteilt und existent und nach dem Tode fortbestehend, kann auch ein wichtiger Zeitraum überbrückt werden, denn es oftmals dauert (z. B. 6-8 Monate), um die Erbsituation hinreichend zu klären und registerrechtlich und gesellschaftsrechtlich abzusichern.
Fazit
Nicht alles verläuft also immer gesellschaftsrechtlich reibungslos. Die Vertretung des Gesellschafters gelingt im Grunde nur, wenn die Vollmacht an die Vermögens- und Familienverhältnisse individuell angepasst ist. Zudem muss die Vollmacht mit anderen Regelungen, Verträgen, etc. abgestimmt sein. Das gilt insbesondere für Gesellschaftsverträge, Testamente (zum Beispiel bei Testamentsvollstreckung) und Verträge mit Banken, Sparkassen und Vermögensverwaltung.
Ein regelmäßiges Update von Vorsorgevollmachten ist nicht nur wegen dem Thema digitale Vorsorgevollmacht gegeben. Man denke nur an digitale Einladungen per E-Mail zur Gesellschafterversammlung und Öffnen des digitalen Postfaches.
Die Weiterentwicklungen sind hier abzuwarten und dann eventuell auch in der Kautelarjurisprudenz vollständig umzusetzen. Die Digitalisierung betrifft somit nicht nur den Zeitraum, in dem der Gesellschafter noch alles fest im Griff hat, sondern auch den Zeitraum dauerhafter oder vorrübergehender Handlungsunfähigkeit eines GmbH-Gesellschafters/Geschäftsführers mit weitreichenden Folgen für die übrigen Gesellschafter und das Unternehmen insgesamt.
Meine Großeltern haben einen Gesellschaftsvertrag unterschrieben. Sie wussten damals aber tatsächlich nicht was sie damit gemacht haben. Das Erbe wurde dann doch anders aufgeteilt.
Oftmals gibt es im Erbfall gesellschaftsrechtliche Regelungen, die mit erbrechtlichen Gestaltungen oder gesetzlichen Regelungen kollidieren, weil keine Verzahnung von ErbR und GesR zu Lebzeiten erfolgt war. Im einzelnen Sachverhalt muss dann geprüft werden, wie die Lösung ist.
Wegen DSGVO kann man mehr nur im Rahmen eines Mandats oder einer Erstberatung sagen. Bei Bedarf einfach melden.