Deutsches Kindergeld trotz Entsendung ins Ausland

Viele Arbeitnehmer werden von ihrem Arbeitgeber für eine gewisse Zeit ins Ausland entsandt, um an einer dortigen Betriebsstätte tätig zu sein. Bei Einsätzen, die sich über Jahre hinziehen, reist üblicherweise die Familie mit. Die Frage ist dann, ob für minderjährige bzw. noch in Ausbildung befindliche Kinder weiterhin Kindergeld in Deutschland bezogen werden kann.

Antwort: Ja, das ist möglich, wenn in Deutschland ein Wohnsitz beibehalten wird, der jederzeit genutzt werden kann. In diesem Sinne hat jüngst auch das Hessische FG geurteilt und sich intensiv mit der Frage befasst, wann ein Wohnsitz tatsächlich jederzeit zur Verfügung steht (Urteil vom 11.3.2020, 3 K 1554/19).

Der Sachverhalt

Im vergangenen Jahr entschied der Familienvater, in den kommenden drei Jahren in China tätig zu sein. Seine Ehefrau und die Kinder folgten ihm dorthin und verbrachten die meiste Zeit des Jahres in China. Die Sommerferien und teilweise auch einige Wochen im Frühjahr sollen aber in Deutschland verbracht werden. Dabei soll das im Eigentum einer GmbH stehende Haus, dessen Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Vater ist, zu Wohnzwecken genutzt werden. Eine Nutzung des Hauses durch andere Personen soll nicht erfolgen. Der Geschäftsführer zahlt Miete indes nur für die Zeit der tatsächlichen Nutzung. Nach Beendigung der Entsendung wird die Wohnung wieder dauerhaft und uneingeschränkt von der Familie genutzt.

Die Familienkasse versagte das Kindergeld

Sie war der Auffassung, dass weder die Eltern noch ihre Kinder über einen inländischen Wohnsitz verfügten, zumal das Haus mangels Mietzahlung nicht ganzjährig zur Verfügung stünde. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Bei einem ins Ausland versetzten Arbeitnehmer begründe das Beibehalten einer eingerichteten Wohnung im Inland eine vom Umfang der tatsächlichen Nutzung unabhängige Vermutung für eine fortdauernde Nutzungsabsicht. Diese Sachverhaltsvermutung sei zwar widerlegbar, etwa bei einer Untervermietung der Wohnung. Im Urteilsfall bleibe es aber bei der Vermutung der dauerhaften Nutzungsabsicht.

Tatsächlich stand der Familie das Haus durchgehend zur Verfügung, was sich letztlich aus der Stellung des Vaters als Alleingesellschafter-Geschäftsführer der GmbH ergab. Die tatsächliche Verfügungsbefugnis setzte nicht voraus, dass ganzjährig Miete bezahlt wird.

Hinweis

Warum die im Sachverhalt genannte „Konstruktion“ der nur zeitweisen Mietzahlung gewählt wurde, ergibt sich aus dem Urteil leider nicht eindeutig und zumindest auf den ersten Blick ruft der Sachverhalt Fragen nach einer verdeckten Gewinnausschüttung hervor. Das wäre aber ein ganz anderes, ebenfalls sehr spannendes Thema. Siehe dazu: Mössner, Seeger, Oellerich – Körperschaftsteuergesetz NWB-Kommentar Online, zu § 8 Rz. 3543 ff.*, „Überlassung einer Wohnung an den Gesellschafter“.

Weitere Informationen:
*Auszug – RN 3543:
Vermietet die Gesellschaft eine Wohnung an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer und ist die Vermietung im Arbeitsvertrag geregelt, so bemisst sich der Vorteil aus der Vermietung nach § 8 Abs. 2 EStG. Vermietet die Gesellschaft eine Wohnung an einen Gesellschafter, der nicht bei ihr beschäftigt ist oder erfolgt die Vermietung unabhängig von der Anstellung mit einem Mietvertrag, so gelten nach BFH andere Grundsätze. Eine vGA soll in diesen Fällen vorliegen, wenn die Gesellschaft nicht aus eigenem Gewinnstreben handelt, sondern nur zur Befriedigung privater Interessen der Gesellschafter. Dies soll nach denjenigen Kriterien zu prüfen sein, die zur Abgrenzung zwischen der Einkunftserzielung und der Liebhaberei entwickelt worden sind.

Informationen zum NWB Körperschaftsteuergesetz Kommentar unter:
https://shop.nwb.de/en/Artikel/K/64314N?b=j

 

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