Immer wieder sind in der Praxis Fälle anzutreffen, in denen Steuerzahler „ihre“ Einkommensteuer-Vorauszahlungen ausschließlich auf die eigene Steuerschuld angerechnet haben möchten und nicht auch auf die Steuerschuld ihres Ehepartners. Zumeist liegen dabei folgende Sachverhalte zugrunde:
- Die Ehegatten leben mittlerweile getrennt, beantragen aber noch die Zusammenveranlagung.
- Einer der Ehegatten ist in die Insolvenz geraten, während der andere Ehegatte ein gut verdienender selbständig tätiger Steuerzahler ist; es wird auch hier die Zusammenveranlagung beantragt.
Natürlich möchten die Mandanten üblicherweise nicht, dass eine mögliche Einkommensteuer-Erstattung, die aufgrund der (hohen) Vorauszahlungen des einen Ehegatten zustande gekommen ist, dem anderen Ehegatten oder dessen Insolvenzverwalter (bzw. Gläubigern) zugutekommt. In diesen Fällen hilft jedoch nur, vorweg eine eindeutige Tilgungsbestimmung zu treffen, dem Finanzamt also frühzeitig und unmissverständlich mitzuteilen, dass die Einkommensteuer-Vorauszahlungen ausschließlich für die eigene Einkommensteuerschuld gezahlt werden und auf diese anzurechnen sind. Wer eine solche Tilgungsbestimmung nicht trifft, hat schlechte Karten. Der BFH hat mit Urteil vom 30.09.2008 (VII R 18/08) entschieden, dass die Einkommensteuer-Erstattung nach Köpfen aufzuteilen ist, wenn zuvor keine Tilgungsbestimmung getroffen worden ist. Zitate:
„Werden Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer zusammen veranlagter Eheleute ohne die ausdrückliche Bestimmung geleistet, dass mit der Zahlung nur die Schuld des Leistenden beglichen werden soll, muss das Finanzamt eine Überzahlung beiden Eheleuten zu gleichen Teilen erstatten (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung); das gilt auch, wenn über das Vermögen des anderen Ehegatten das Insolvenzverfahren eröffnet war. … Zum einen kann das Finanzamt nicht voraussehen und muss auch insoweit keine Vermutungen anstellen, ob in dem Zeitpunkt, in dem die Steuerveranlagung möglicherweise einen auf Vorauszahlungen beruhenden Erstattungsanspruch ergibt, das Insolvenzverfahren weiter andauert oder ob der Anspruch ggf. nachträglich der Insolvenzmasse zugeführt wird. Zum anderen mag es – wie das FG zutreffend ausgeführt hat – auch während des Insolvenzverfahrens eines der Ehegatten durchaus Gründe für den jeweils anderen geben, Steuervorauszahlungen auf Rechnung beider Eheleute zu bewirken.“
Und aktuell noch einmal mit Urteil vom 13.05.2015 (VII R 41/14): „Bei Zahlung eines Ehegatten auf die Gesamtschuld der Ehepartner ist aufgrund der zwischen Ehepartnern bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft im Allgemeinen davon auszugehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will. Ob ein davon abweichender Tilgungswille vorliegt, richtet sich allein nach dem für das Finanzamt erkennbaren Tilgungswillen zum Zeitpunkt der Zahlung.“
Allerdings ist ein Punkt interessant, denn die BFH-Rechtsprechung wirkt auch sozusagen im umgekehrten Fall. Das heißt: Werden im Rahmen der Zwangsvollstreckung seitens des Finanzamts vom Schuldner Mittel „einkassiert“, so gelten diese ebenfalls als auf die Einkommensteuerschuld beider Ehegatten bewirkt. Es sollte also darauf geachtet werden, dass vom Finanzamt möglicherweise beigetriebene Zahlungen richtig verrechnet werden (siehe BFH 18.04.2013, VII B 66/12). Zugegebenermaßen ist das aber wohl nur ein schwacher Trost und in vielen Fällen eher theoretischer Natur.
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