Die Vertreter der DATEV-Mitglieder haben am 29. Juni auf der 49. ordentlichen Vertreterversammlung beschlossen, die DATEV-Satzung zu ändern. In der Meistersingerhalle in Nürnberg stimmten 79,36 Prozent der Delegierten für einen Vorschlag zur Änderung der Satzung, den der DATEV-Vorstand eingebracht hatte (vgl. DATEV/Aktuelles/Vertreterversammlung beschließt Satzungsänderung der DATEV eG). Damit ist nun der Weg frei für das so genannte DATEV-Bürgerportal. Ich gebe zu, dass ich nicht mit dieser großen Mehrheit gerechnet habe, obwohl das letzte Abstimmungsergebnis schon recht knapp war. Aber es gibt dem Vorstandsvorsitzenden der DATEV, Dr. Robert Mayr, auf jeden Fall einen kräftigen Rückenwind.
Das Für und Wider des DATEV-Bürgerportals ist bereits oft genug erörtert worden; daher möchte ich an dieser Stelle nicht auch noch dazu bloggen. Im Übrigen ist das Abstimmungsergebnis Fakt, so dass sich weitere Diskussionen erübrigen.
Es wird nun aber spannend sein, was das DATEV-Bürgerportal tatsächlich für den Berufsstand der Steuerberater bedeuten wird. Dr. Mayr sagte kürzlich „Die digitale Transformation ist ein Game-Changer“. Ich nehme an, er meinte damit, dass nun auch die DATEV als „Game-Changer“ auftritt.
Der Eintritt der DATEV in den allgemeinen Markt bedeutet für Steuerberater jedenfalls, dass sie sich noch schneller als erwartet den Herausforderungen der Digitalisierung werden stellen müssen. Das neue Portal wird progressiven Steuerberatern sicherlich neue Möglichkeiten eröffnen. „Fortschrittsverweigerern“ hingegen wird es recht zügig Probleme bereiten.
Steuerberater sollen künftig die Möglichkeit erhalten, sich mit ihren Kanzleiprofilen zu positionieren. Der Steuerpflichtige wiederum wird in dem Portal eingeben können, welche Anforderungen er hat; anschließend soll computerbasiert ermittelt werden, welcher Steuerberater infrage kommt (vgl. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/datev-will-plattform-fuer-steuererklaerungen-entwickeln-15666734.html ). Ich nehme an, dass dann aber auch der weitere Prozess im hohen Maße digitalisiert ablaufen wird. Denn ein reines Steuerberater-Suchportal wäre ja nicht gerade besonders spannend. Von daher werden Steuerkanzleien ihre Prozesse in Bezug auf das Portal anpassen müssen.
Interessant wird auch sein, welche Mandanten tatsächlich über das Bürgerportal zu den Steuerberatern gelangen. Sind es tatsächlich lukrative Mandanten, die bereits selbständig sind oder es werden wollen? Oder handelt es sich weitestgehend um Arbeitnehmer und Rentner, die zahlreiche Kanzleien gar nicht zu ihrer Kernklientel zählen? Aus heutiger Sicht tendiere ich noch zu der letzteren Auffassung. Mittel- bis langfristig könnten über das Portal aber tatsächlich auch Selbständige gewonnen werden.
Natürlich werden sich auch Wettbewerber (für Steuerprogramme) auf den neuen Konkurrenten einstellen müssen. Schlagen kleinere, aber schnelle Einheiten die DATEV? Oder schafft der es der „Tanker“, seine Größenvorteile auszuspielen? Derzeit haben die Schnellboote die Vorteile noch auf ihrer Seite.
Ein Punkt sei noch genannt: Was bedeutet der Eintritt der DATEV für die Preise der Steuerdeklaration? Schon derzeit sind Steuerprogramme äußerst günstig zu haben. Wirkt sich dies auf die Steuerdeklaration durch Berater aus? Die Zukunft wird es zeigen. Ich selbst wage hier keine Prognose.