Das Gehacke um Holzhackschnitzel oder die Absurdität des Umsatzsteuerrechts

Jedes Jahr zu Weihnachten amüsieren wir Steuerrechtler uns über die diversen Steuersätze für den Verkauf von Weihnachtsbäumen (siehe den Blog-Beitrag von Matthias Trinks „Umsatzsteuerwahnsinn Weihnachtsbaum“). Doch zu einem schönen Weihnachtsfest gehört in unseren Breitengraden auch eine wohlige Wärme. Und wer diese mittels so genannter Holzhackschnitzel erzeugen möchte, sieht sich ebenfalls der Absurdität des Umsatzsteuerrechts ausgesetzt.

Zumindest, wenn er der Frage nachgeht, welcher Steuersatz für den Verkauf von Holzhackschnitzeln gilt.

Der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 5 bzw. 7 Prozent kann nur für solche Gegenstände angewendet werden, die in der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG aufgeführt sind. Gemäß dieser Anlage unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz Brennholz in Form von Rundlingen, Scheiten, Zweigen, Reisigbündeln oder „ähnlichen Formen“ (Nr. 48 Buchstabe a). Ferner gehören dazu Sägespäne, Holzabfälle und Holzausschuss, auch zu Pellets, Briketts, Scheiten oder ähnlichen Formen zusammengepresst (Nr. 48 Buchstabe b).

Wer es ganz genau wissen will, sollte die BT-Drucksache 16/6904, S. 13 vom 12.11.2007 lesen:

„Nur Umsätze mit Holzhackschnitzeln, die als Holzabfälle eingestuft werden, unterliegen somit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Umsätze mit Holzhackschnitzeln, die nicht als Holzabfälle eingestuft werden, unterliegen hingegen dem allgemeinen Umsatzsteuersatz. Dabei ist es im Bereich der Regelbesteuerung unerheblich, ob die Holzhackschnitzel in der Forstwirtschaft, einem Sägewerk, einer Schreinerei oder einer Zimmerei entstehen.“

Aha, nun wissen wir es. Denkste! Tatsächlich haben diverse Finanzgerichte Holzhackschnitzel als eine „ähnliche Form“ von Brennholz beurteilt (z.B. FG München, Urteil vom 19.12.2017, 2 K 668/16). Doch damit war immer noch keine Ruhe. Im Jahre 2018 hat der BFH im Sinne der Finanzverwaltung entschieden, dass Holzhackschnitzel, die nicht aus Sägespänen, Holzabfällen oder Holzausschuss hergestellt werden, – anders als gewöhnliches Brennholz – dem regulären Steuersatz unterliegen. Dies betrifft Schnitt- und Kronenholz, das bei Waldarbeiten anfällt und bei dem es sich nicht um Abfälle oder Ausschuss, sondern um Rohholz handelt (BFH-Urteil vom 26.6.2018, VII R 47/17). Interessanterweise hat der VII. Senat und nicht einer der beiden Umsatzsteuersenate entschieden.

Nun ist die Sache doch entschieden! Nein, bei weitem nicht. Denn nun muss sich alles Ernstes der EuGH mit dem deutschen Gehacke um Holzhackschnitzel auseinandersetzen. Mit Beschluss vom 10.6.2020 (V R 6/18) hat der V. Senat des BFH den EuGH angerufen und fragt ihn unter anderem:

  • Ist der Begriff des Brennholzes in Art. 122 der Richtlinie 2006/112/EG dahin auszulegen, dass er jegliches Holz umfasst, das nach seinen objektiven Eigenschaften ausschließlich zum Verbrennen bestimmt ist?
  • Falls die zweite Frage zu bejahen ist: Darf ein Mitgliedstaat die ihm durch Art. 122 der Richtlinie 2006/112/EG und Art. 98 Abs. 3 der Richtlinie 2006/112/EG eingeräumte Befugnis, den Anwendungsbereich der Steuersatzermäßigung für Lieferungen von Brennholz anhand der Kombinierten Nomenklatur abzugrenzen, bei Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität so ausüben, dass die Lieferungen verschiedener Formen von Brennholz, die sich nach ihren objektiven Merkmalen und Eigenschaften unterscheiden, aber aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nach dem Kriterium der Vergleichbarkeit in der Verwendung demselben Bedürfnis (hier: Heizen) dienen und somit miteinander in Wettbewerb stehen, unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen?

Einfacher ausgedrückt: Welcher Steuersatz gilt denn nun für Holzhackschnitzel?

Umsatzsteuerrecht kann so schön sein. Ganze Legionen von Top-Juristen streiten sich nunmehr seit über 13 Jahren darum, ob Holzhackschnitzel, die für die Verbrennung in entsprechenden Öfen verkauft werden, auch Brennholz sind. Wahrscheinlich wird es eines Tages eine Gesetzesänderung geben: „Holz, das zum Verbrennen verkauft wird, gilt als Brennholz.“

Gut, dass wir momentan keine anderen Probleme haben.

Weitere Informationen:

BFH, Beschluss v. 10.06.2020 – V R 6/18

Weitere Details zu diesem Beschluss erfahren Sie in unserer NWB-News: Umsatzsteuer | Steuersatz auf die Lieferung von Holzhackschnitzeln


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