Der Goodwill, auch als Geschäfts- oder Firmenwert bezeichnet. Ein absoluter Dauerbrenner. Seit zwanzig Jahren wird er in den IFRS-Bilanzen nicht mehr jährlich abgeschrieben. Die Rückkehr zur planmäßigen Abschreibung wurde in den letzten Jahren zwar diskutiert, hat sich aber schlussendlich nicht durchgesetzt.
Wieso Sorgenkind? Bei der Durchführung des Werthaltigkeitstests beeinflussen getroffene Annahmen des Managements, ob und inwieweit Wertkorrekturen vorgenommen werden müssen. Bei besonders optimistischen Annahmen können Wertminderungen vermieden werden. Wertminderungen verringern die Profitabilität und wirken sich negativ auf Leistungskennzahlen aus. Dies birgt das Risiko, dass Wertminderungen nicht immer angemessen und rechtzeitig erfasst werden („too little, too late“). Steigende Diskontierungszinssäte und eine Verschlechterung der Umsatz- und Gewinnprognosen tragen zu einem steigenden Risiko von Wertminderungen der Firmenwerte bei. Hohe Wertkorrekturen wie bei Lanxess, sind (noch) die Ausnahme.
Und nun? Gibt es Empfehlungen zur Bilanzierung von Firmenwerten für Abschlussersteller, Prüfungsausschüsse und externe Prüfer. Wer die Empfehlungen veröffentlicht hat und welche Vorschläge gemacht werden, lesen Sie in diesem Beitrag.
Welche Institution die Empfehlungen formuliert hat
Die internationale Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden (International Organization of Securities Commissions, IOSCO) ist eine weltweite Vereinigung der nationalen Wertpapieraufsichtsbehörden wie beispielsweise der BaFin in Deutschland und der SEC in den USA. Das Ziel der IOSCO ist die Förderung einheitlicher Börsen- und Wertpapierzulassungsstandards weltweit.
Auch wenn die IOSCO-Verlautbarungen keine rechtlich bindende Wirkung haben, verpflichten sich die Mitgliedsorganisationen, auf die Umsetzung der Vorgaben der IOSCO in nationales Recht hinzuwirken. So hat die IOSCO beispielsweise vor mehr als 20 Jahren ihren Mitgliedern empfohlen, die Rechnungslegung nach IFRS für das Listing an nationalen Börsen zuzulassen.
Welche Empfehlungen es zu den Firmenwerten gibt
Die Empfehlungen der IOSCO basieren auf einer Mitgliederbefragung und richten sich an bilanzierende Unternehmen, Prüfungsausschüsse und Abschlussprüfer. Das Ziel? Die Verbesserung der Transparenz der in den Abschlüssen ausgewiesenen Firmenwerten. Zudem wird die Bilanzierung der Firmenwerte als Schwerpunktthema für die nächsten Jahre gesehen. Erfreulich, dies war es aber bei der Bilanzkontrolle in Deutschland in der Vergangenheit auch schon bei einem noch etwas weniger volatilen globalen makroökonomischen Umfeld. Die IOSCO knüpft bei ihren Empfehlungen an die derzeitigen Arbeiten des IASB-Projektes zu Unternehmenszusammenschlüssen an. Was ist hier der aktuelle Stand? Darüber berichte ich baldmöglichst in einem weiteren Blogbeitrag.
Nun endlich zu den Empfehlungen im Einzelnen. Insgesamt enthält der Bericht sieben Empfehlungen (Adressaten hervorgehoben):
- Die Unternehmen sollten bei Unternehmenszusammenschlüssen alle identifizierbaren immateriellen Vermögenswerte ordnungsgemäß erfassen und unternehmensspezifische Angaben zu den Faktoren machen, die den bei einem Unternehmenszusammenschluss erfassten Firmenwerte ausmachen.
- Die Unternehmen sollten ausreichende Nachweise dafür erbringen, dass die Cashflow-Prognosen auf vernünftigen und vertretbaren Annahmen beruhen.
- Die Unternehmen sollten die Konsistenz zwischen den Annahmen, die beim Werthaltigkeitstest verwendet werden, und der nichtfinanziellen Berichterstattung sicherstellen.
- Die Unternehmen sollten auf aussagekräftige Anhanganhaben zum Werthaltigkeitstest achten.
- Der Prüfungsausschuss sollte eine wirksame Überwachung über den Werthaltigkeitstest ausüben, indem sie die Handlungsempfehlungen aus dem Bericht „IOSCO Report on Good Practices for Audit Committees in Supporting Audit Quality“ (https://www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD618.pdf) des IOSCO anwenden.
- Die Abschlussprüfer sollten die Annahmen und Angaben der Geschäftsleitung hinterfragen (und ein angemessenes Maß an professioneller Skepsis an den Tag legen).
- Die Abschlussprüfer sollten die Prüfung der Firmenwerte durch Key Audit Matters (besonders wichtige Prüfungsinhalte) im Testat transparent machen.
Ein kurzes Fazit
Erfreulich, dass das Thema nun zunehmend auf die Agenda kommt. Auch wenn ich in der Vergangenheit mehr für die Rückkehr zur planmäßigen Abschreibung plädiert habe. Ich bezweifle, dass die Empfehlungen in den Abschlüssen 2023 berücksichtigt wurden. Im Trubel der Abschlusserstellung bleibt nicht die Zeit, sich parallel noch in zahlreiche Literatur und Unterlagen einzulesen.
Zumindest bleibt die Hoffnung, dass spätestens in den Geschäftsberichten 2024 transparenter über den Werthaltigkeitstest berichtet wird. Das ist doch noch etwas Luft nach oben, wie ich finde. Bis dahin bleibt uns nichts anderes übrig, als die entsprechenden Fragen auf der Hauptversammlung zu thematisieren. Bei mir ist das Thema Firmenwerte eine meiner Standardfragen, wenn ich für die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger oder meine eigenen Aktien zur Hauptversammlung gehe. Vermutlich ist dies nicht nur in der Abschlussprüfung, sondern auch im Prüfungsausschuss derzeit ein wichtiges Thema.
Weitere Informationen: