Globalisierung zeigt Verletzlichkeit der Wirtschaft
Fast 60.000 Corona-Fälle. Absage der Mobilfunkmesse in Barcelona. EU-Notfallgipfel. Die Meldungen haben sich in den letzten Tagen überschlagen. Bei Gesprächen mit Firmenchefs wird deutlich: Die Lungenkrankheit ist ein Konjunkturrisiko. Was dieses Beispiel wieder einmal zeigt: Auch altbekannte Risiken der Globalisierung bestehen weiterhin. Ich muss zugeben: Der Fokus meiner Studien liegt derzeit eher auf den Themen Cyber-Risiken und Risiken des Klimawandels.
Kosten hoch, Umsätze runter
Die aktuelle Epidemie zeigt die Abhängigkeit der Wirtschaft von den globalen Handelsströmen. Wenn Teile nicht rechtzeitig geliefert werden, steht die Produktion still. Dies verursacht hohe Kosten, kann das Image schädigen und zeigt vor allem die Verletzlichkeit, wenn sich die Lieferungen verzögern bzw. ausfallen.
Die Absage der Mobilfunkmesse in Barcelona macht deutlich, dass im schlimmsten Falle monatelange Planungen überflüssig waren. Mal ganz abgesehen davon, welche Kosten dies verursacht. Für die Stadt Barcelona und die dortigen Hotels bedeutet dies vor allem fehlende Umsatzerlöse, die möglicherweise für einzelne Betriebe sehr wichtig sind bei der Jahresbetrachtung.
Zur Optimierung der Kostenstruktur werden Teile aus chinesischen Unternehmen für die Produktion in Deutschland benötigt. Wenn diese nicht rechtzeitig geliefert werden können, stehen die Bänder still. Was trotz der Globalisierung bisher noch nicht möglich ist, die Distanz zwischen China und Deutschland zu verkürzen. Derzeit werden die Unternehmen „belohnt“, die ihre Produktion ins nähergelegene Osteuropa ausgelagert oder aber alternative Liefermöglichkeiten definiert haben. Insbesondere bei Abhängigkeit von einem oder wenigen chinesischen Lieferanten zeigt sich nun das Risiko, wenn dieser plötzlich nicht mehr liefern kann.
Auswirkungen auf den Jahresabschluss
Bei der Aufstellung der Jahresabschlüsse 2019 ist nun entscheidend: Was war bereits vor dem Bilanzstichtag absehbar? Denn schließlich gab es bereits im Dezember die ersten Fälle des Corona-Virus. Doch so richtig wahrgenommen haben es die meisten sicherlich erst im Januar – oder spätestens Mitte Februar.
Bei der Gefahr eines Umsatzrückgangs durch die Epidemie ist die Frage, inwieweit hier entsprechende Korrekturen vorgenommen werden müssen. Durch bereits zugesagte Preise an Kunden könnte hier das Thema Drohverlustrückstellungen auf die Agenda kommen. Außerplanmäßige Abschreibungen beim Anlagevermögen wird es jedoch eher weniger geben. Es bleibt zu hoffen, dass die Auswirkungen durch den Corona-Virus nur zu vorübergehenden Wertminderungen führen.
Der Zeitpunkt des Ausbruchs des Corona-Virus ist für Bilanzersteller vor allem dann unerfreulich, wenn deren Bilanzstichtag Ende Januar 2020 liegt. Denn dann besteht die Herausforderung darin, die Abgrenzung vorzunehmen. Und zu all den Herausforderungen kommt auch noch das Thema Brexit mit auf die Agenda bei der Aufstellung des Jahresabschlusses. Denn schließlich ist auch hier nur eines klar: Die Scheidung ist vollzogen. Die genauen Bedingungen müssen allerdings erst noch ausgehandelt werden.
Fazit:
Die Risiken gehen den Unternehmen so schnell nicht aus. Unternehmen müssen nicht nur mit neuen Herausforderungen durch den Klimawandel oder Hackerangriffen zurechtkommen: Auch altbekannte Risiken wie die Globalisierung zeigen die Abhängigkeit von einem funktionierenden Wirtschaftsleben.
Lesen Sie hierzu auch meine Beiträge hier im NWB Experten-Blog:
- Nach Unterbrechung von Rock am Ring: Neue Risiken für Unternehmen
- Trendwende zu mehr Cyberrisiken? – Studie zur Darstellung der Risiken im Lagebericht
- Risiko eingetreten: Tunnelpanne in Rastatt legt Wirtschaft lahm
- Cyber-Risiken: Zunehmende Bedeutung in der Risikoberichterstattung
Und zusätzlich:
- Rinker/Farwick: Neue Risiken für Unternehmen durch Hackerangriffe – Auswirkungen der Risikoberichterstattung auf den Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk, WP Praxis 10/2017, S. 236 ff.*
- Rinker: Darstellung von Risiken im Lagebericht – Trendwende hin zu mehr Cyber-Risiken?, PiR 9/2019, S. 661 ff.*
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