Hilfsbedürftige Selbständige können einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben. Empfänger von ALG II dürfen also auch selbstständig tätig sein. Unter welchen Voraussetzungen können sie einen Antrag stellen, was ist zu beachten?
Wer ist hilfsbedürftig?
Auch hilfsbedürftige Selbstständige fallen in den Anwendungsbereich des SGB II. Somit dürfen Empfänger von Hartz IV durchaus gewerblich oder freiberuflich tätig sein. Dies ist sogar ausdrücklich erwünscht, da eine (Neben-)Tätigkeit erfahrungsgemäß die Chance der vollständigen Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erhöht. Im SGB II gibt es keine Arbeitszeit-Obergrenze.
Welche Einkünfte werden angerechnet?
Einkünfte ab 100 Euro mindern den Hartz-4-Anspruch. Beim Verrechnen höherer Beträge wird nicht zwischen Angestellten und Selbstständigen unterschieden. Informieren Sie sich über Vermögen und Freibeträge.
Einkünfte werden so errechnet: Umsatz bzw. Bruttoeinkommen minus Betriebsausgaben/ Werbungskosten sowie Steuern und Versicherungen. (s. §11 und §30 SGB II und „Arbeitslosengeld-II/Sozialgeld-Verordnung“)
Wie wird Erwerbseinkommen ermittelt?
Das Einkommen Selbständiger wird seit Januar 2008 für Zwecke des ALG II anders als früher ermittelt. Die Anlehnung an die steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften ist entfallen. Stattdessen wird der Bewilligungszeitraum von sechs Monaten als Maßstab angelegt. Schwankt das Einkommen, wird der monatliche Durchschnitt dieses Zeitraums als Monatseinkommen angenommen.
Einnahmen sind sämtliche Betriebseinnahmen inklusive Umsatzsteuer. Hiervon können die Betriebsausgaben abgezogen werden, die von der ARGE für „notwendige und angemessene“ erachtet werden. Hier gibt es also eine Abweichung zur steuerlichen Gewinnermittlung. Es werden nur solche Ausgaben anerkannt, die im Bewilligungszeitraum anfallen. Abschreibungen aus vorhergehenden Zeiträumen oder aufs Jahr verteilte Ansparbeträge sind hiernach folglich keine Ausgaben.
Zudem müssen diese Ausgaben notwendig und unvermeidlich sein sowie vergleichsweise den Lebensumständen eines Hartz-IV-Empfängers entsprechen. Hierüber entscheidet der jeweilige Fallmanager. Dabei ist unerheblich, wie kompetent er den Unternehmensgegenstand beurteilen kann.
Den Kaufpreis für größere Anschaffungen, wie z.B. für ein neues Notebook, dürfen – anders als im Steuerrecht – hier sofort in voller Höhe von Ihren Einnahmen abgezogen werden, sofern der Fallmanager die Anschaffung genehmigt und die Ausgaben die Einnahmen im Bewilligungszeitraum nicht übersteigen.
Abziehbare Steuern und Abgaben
Neben den Betriebsausgaben dürfen Selbstständige auch noch die folgenden Positionen von ihren Einnahmen abziehen:
- private Steuern,
- Pflichtbeiträge zu gesetzlichen Sozialversicherungen oder entsprechende Beiträge zur privaten sozialen Sicherung,
- 30 Euro Versicherungspauschale für weitere private Versicherungen,
- Fahrtkosten zwischen Wohnung und Betriebsstätte (0,20 Euro pro Entfernungskilometer).
- Die Anrechnungen höherer Ausgaben können beantragt werden.
ALG II unter Vorbehalt
Da bei einer selbständigen Tätigkeit die genaue Höhe der Einnahmen erst nachträglich festgestellt werden kann, wird das ALG II (Hartz IV) in diesem Fall unter Vorbehalt überwiesen. Nach dem Ende des Bewilligungszeitraums erfolgt daher eine Überprüfung, ob zu viel oder zu wenig ALG II bezahlt wurde. Der Freibetrag von 100 Euro gilt auch für Selbstständige.
Spätestens zwei Monate nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes müssen daher die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben angeben und belegen werden, damit die vorläufige Bewilligung überprüft und ggf. korrigiert werden kann. Waren die Einnahmen geringer, werden die zusätzlich zustehenden Leistungen nach dem ALG II nachgezahlt. Ist das tatsächliche Einkommen dagegen rückblickend höher gewesen als bei der Antragsstellung geschätzt, müssen die zu viel gezahlten Leistungen zurückgezahlt werden. Überzahlungen werden dabei regelmäßig mit zukünftigen Ansprüchen verrechnet.
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