Corona-Steuerhilfegesetz: Gelingt jetzt der „große Wurf“?

Am 27.5.2020 berät der Bundestag in erster Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Corona-Steuerhilfegesetz (BT-Drs. 19/19379 v. 20.5.2020), der bislang nur wenige substantielle Steuererleichterungen enthält. Wirtschaftsverbände fordern jetzt neben weiterem Bürokratieabbau zusätzliche steuerliche Entlastungsmaßnahmen, um Eigenkapital und Liquidität in den Unternehmen zu verbessern. Kommt jetzt doch noch der „große Wurf“?

Hintergrund

Ich hatte mehrfach berichtet: Neben Liquiditätshilfen und Kreditprogrammen will der Bund Unternehmen in der Corona-Krise vor allem auch auf steuerlichem Gebiet unterstützen. Dies erfolgte in einer ersten Stufe mit Steuerstundungen, Zurückzahlung von Vorauszahlungen und vorläufiger Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen im Steuerrecht. Mit dem Regierungsentwurf für ein Corona-Steuerentlastungsgesetz (BT-Drs. 19/19150 v. 12.5.2020), den der Gesetzentwurf wortgleich übernommen hat (BT-Drs. 19/19379 v. 20.5.2020), plant der Bund nunmehr auch substantielle Steuererleichterungen:

  • Der Umsatzsteuersatz für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen soll von 19 auf 7 Prozent abgesenkt werden. Die Steuersenkung soll vom 1.7.2020 bis zum 30.6. 2021 gelten. Die Abgabe von alkoholischen und alkoholfreien Getränken bleibt allerdings von der Steuersenkung ausgenommen.
  • Das Corona-Steuerhilfegesetz sieht außerdem eine steuerliche Besserstellung für Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld vor. Entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung sollen Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld bis 80 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt steuerfrei gestellt werden.
  • Daneben enthält der Entwurf weitere Regelungen zum Umsatzsteuer- und zum Umwandlungssteuergesetz.

Inzwischen regen die Wirtschaftsverbände dringend weitere steuerliche Maßnahmen an, die zur Stärkung von Liquidität und Eigenkapital in den Unternehmen führen, ferner dass in dieser Legislaturperiode keine zusätzlichen Belastungen durch Bürokratie und neue (belastende) Steuerpläne vorgenommen werden.

DIHK fordert weitergehende Steuerentlastungen

Für die Verbändeanhörung am 25.5.2020 hat der DIHK eine Stellungnahme vorgelegt, in dem der Wirtschaftsverband insbesondere Steuerentlastungen für die Wirtschaft fordert. Hierzu zählen aus Sicht der Wirtschaft

  • Stärkung von Liquidität und Eigenkapital:
    10d EStG sollte kurzfristig so geändert werden, dass die Begrenzung des Rücktragvolumens aufgehoben wird und der unbeschränkte Verlustrücktrag in alle nicht verjährten Jahre (bis maximal 2013) möglich ist. Zudem sollte eine einmalige steuerfreie „Corona-Rücklage“ für den Jahresabschluss 2019 eingeführt werden.
  • Wiedereinführung einer degressiven AfA:
    Die zuletzt von 2008 bis 2011 geltende degressive AfA hätte den Vorteil, dass eine beschleunigte Abschreibung nicht nur als Konjunkturimpuls dient, sondern  durch diese Maßnahmen auch eine marktgerechtere, praxisnähere steuerliche Werterfassung möglich ist, die dem technischen Fortschritt besser Rechnung trägt.
  • Anhebung der GWG-Grenze:
    Der DIHK plädiert für eine Anhebung der Grenze der geringfügigen Wirtschaftsgüter (derzeit 800 EUR), die sofort als Betriebsaufwand abzugsfähig sind. Die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter sollte zeitlich befristet (zum Beispiel bis Ende 2022) auf 5.000 Euro angehoben werden und danach 1.000 Euro betragen.
  • Verrechnung der Einfuhr-Umsatzsteuer:
    Bei der Einfuhr von Drittlandswaren in das Gemeinschaftsgebiet über eine deutsche Zollgrenzstelle müssen Unternehmen Einfuhrumsatzsteuern beim Zoll entrichten. Im Regelfall wird die gezahlte Einfuhrumsatzsteuer anschließend als abzugsfähige Vorsteuer im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung berücksichtigt und durch die Landesfinanzverwaltung den Unternehmen wieder erstattet. Nachteil: Das Erstattungsverfahren ist für Unternehmen langwierig. Wie im Koalitionsvertag angekündigt, sollte die Einfuhrumsatzsteuer reformiert und eine direkte Verrechnung eingeführt werden, meint der DIHK.
  • Anpassung des Investitionsabzugsbetrags (§ 7g EStG):
    Die Fristen für die Investitionen bzw. die Reinvestitionen beim Investitionsabzugs-betrag (§ 7g EStG) und bei der Reinvestitionszulage (§ 6b EStG) sollten für eine bestimmte Zeit verlängert werden (zum Beispiel bis Ende 2022).
  • Aussetzung steuerlicher Abzinsung:
    Die geltenden steuerlichen Abzinsungsregelungen sollten (zumindest) für die staatlichen Hilfskredite ausgesetzt werden. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind derzeit für die steuerliche Gewinnermittlung zinslose betriebliche Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten mit 5,5 Prozent abzuzinsen. In Bezug auf die zinslosen Hilfsdarlehen führt die Abzinsung bei den Unternehmen gerade im Krisenjahr 2020 zu einem (zu versteuernden) Buchgewinn.
  • Zusätzliche steuerliche Bürokratie verschieben:
    Auch zusätzliche administrative Mehrbelastungen sollten aus Sicht der Wirtschaft verschoben werden. Dazu zählen insbesondere die Pflicht zur erstmaligen Mitteilung von meldepflichtigen Steuergestaltungen, die nach der geltenden Rechtslage bereits ab dem 1.7.2020 besteht, die Verlängerung der an sich am 30.9.2020 auslaufenden Frist  zur Aufrüstung von Kassen mit zertifizierten technischen Sicherungseinrichtungen bis Ende 2021 und die Verlängerung des Zeitplans für die Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle in der Wirtschaft.

Wie geht’s weiter?

Der Bundesrat hatte am 15.5. keine wesentlichen Einwände gegen die Regierungspläne. In seiner kurzen Stellungnahme schlägt er lediglich eine Änderung vor, um den betrieblichen Lohnsteuer-Jahresausgleich beim Kurzarbeitergeld zu verbessern. Außerdem bittet er die Bundesregierung, eine gesetzliche Grundlage für eine mögliche dezentrale Erfassung der Umsatzbesteuerung durch einzelne Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften von Bund und Ländern zu ergänzen.

Mit der Gegenäußerung der Bundesregierung wird am 27.5.2020 der Bundestag das Corona-Steuerhilfegesetz in erster Lesung beraten, anschließend soll die Beratung im federführenden Finanzausschuss stattfinden.  Mal sehen, ob die Politik am Ende den Mut aufbringt für ein Gesetz, das in seiner Breite der Wirtschaft mehr hilft als weitere punktuelle Schutzschirm-Programme.

Wir bleiben dran …

Quellen


Hier finden Sie alle für Sie wichtigen Themenbeiträge rund um das Coronavirus in der NWB Datenbank:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 2 = 4