Corona-Soforthilfe des Bundes – Wer bezahlt die Rechnung?

Das Corona-Soforthilfe-Bundesprogramm wird – neben den eigenen Zuschussprogrammen der Länder – von den Ländern administriert. Jetzt droht ein böses Erwachen: Es zeichnet sich ein Konflikt zwischen Bund und Ländern über die Erstattung der von den Ländern ausgereichten Bundesmittel ab.

Hintergrund

 In der Corona-Krise haben Bund und Länder umgehend auf die gravierende wirtschaftliche Schieflage tausender Unternehmen in Deutschland reagiert, die als Folge von Auftrags- und Umsatzeinbrüchen zu beobachten war und noch ist. Am 23.03.2020 haben der Bundesfinanzminister und der Bundeswirtschaftsminister ein Corona-Soforthilfe-Bundesprogramm für Solo-Selbständige, Freiberufler und kleine Unternehmen mit maximal 10 Beschäftigen verkündet. Das Bundesprogramm hat ein Volumen von 50 Milliarden €, rechtliche Grundlage ist das am 27.03.2020 von Bundestag und Bundesrat beschlossene Nachtragshaushaltsgesetz 2020 (BGBl 2020 I S. 556). Das Soforthilfe-Programm des Bundes wird von den Ländern administriert, sie prüfen auf Landesebene die Antragsvoraussetzungen der antragstellenden Kleinunternehmen und Freiberuflicher und zahlen den Sofortzuschuss des Bundes aus, der bis zu 9.000 € (bei bis zu fünf Beschäftigten) bzw. bis zu 15.000 € (bei bis zu zehn Beschäftigten) im Einzelfall betragen kann. Das unterschiedliche Prüfungs- und Auszahlungsverhalten einzelner Länder führt inzwischen aber zu einem handfesten Streit zwischen der Bundesregierung und einigen Ländern.

Länder zahlen Sofortzuschüsse für Kleinunternehmen, Solo-Selbständige und Freiberufler unterschiedlich aus

 Über den aktuellen Sachstand der unterschiedlichen Bundeshilfen und die Wirtschaftsaktivitäten informiert das Bundeswirtschaftsministerium regelmäßig in einem Dashboard „Wirtschaft Deutschland – Corona-Pandemie“.

Das BMWi-Zahlenwerk vom 7.5.2020 belegt, dass die Ländern ein höchst unterschiedliches Auszahlungsverhalten praktizieren: Während beispielsweise in Nordrhein-Westfalen rund 379.900 Anträge bewilligt und Hilfen über 3,6 Milliarden € zugesagt worden waren, sind es in Baden-Württemberg nur 202.900 Bewilligungen mit einem Auszahlungsvolumen von 1,75 Milliarden €, in Bayern gar nur 66.600 Bewilligungen mit einem Ausschüttungsvolumen von 460 Millionen €.

Die Grundidee, über das Bundessoforthilfe-Programm die betriebliche Liquiditätssicherung schnell und unbürokratisch sicherzustellen, wurde in den Ländern bislang durchaus unterschiedlich gehandhabt. Einige Länder haben hierbei auch den entgangenen Gewinn  oder private Lebenshaltungskosten finanziert, obwohl hierfür eigentlich die vom Bund ebenfalls zur Verfügung gestellte sogenannte Grundsicherung „ALG II“ bestimmt ist. Auch die Auszahlungshöhe beim Sofortzuschuss variiert: In einigen Ländern wurde schnell mal das Maximum ausgeschüttet, ohne den Finanzbedarf zu hinterfragen.

Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern hat Lücken

 Eine wesentliche Ursache für sich das jetzt abzeichnende Desaster liegt in der Lückenhaftigkeit der für das Bundesprogramm zwischen Bund und Ländern Ende März 2020 geschlossenen Verwaltungsvereinbarung einschließlich der dazu ergangenen Vollzugshinweise. Diese Verwaltungsvereinbarung und die Vollzugshinweise des BMWi treffen in etlichen Punkten keine klare Regelung, sondern überlassen die Auslegung den Ländern. Dies  führt beispielsweise dazu, dass in NRW als Bemessungsgrundlage für die Höhe des Bundeszuschusses die Beschäftigtenzahl am 31.12.2019 zugrunde gelegt wird, in Bayern die Beschäftigtenzahl zum Zeitpunkt der Antragstellung. Auch die Auslegung, was unter einem „Liquiditätsengpass“ genau zu verstehen ist, fällt in den Bundesländern durchaus unterschiedlich aus. Dies führt dazu, dass Bundeszuschüsse in einigen Ländern überaus spendabel, in anderen Ländern hingegen weniger großzügig ausgeschüttet worden sind.

Rechenschaftspflicht und Erstattungsanspruch der Länder

Die Länder rufen die Mittel aus dem Soforthilfe-Bundesprogramm aus dem Bundeshaushalt ab, über die in Anspruch genommenen Mittel  muss das Land dann innerhalb von sechs Monaten Rechnung legen und ist für eine stichprobenartige Verwendungskontrolle verantwortlich (Art. 3 Abs. 3 Verwaltungsvereinbarung). Überdies berichten die Länder dem Bund im Turnus von zwei Wochen über die Anzahl der eingegangenen Anträge, die Bewilligungen, die Höhe der bewilligten Mittel und den Mittelabfluss. Bis spätestens 31.03.2021 hat das jeweilige Land dem Bund einen Schlussbericht über Anzahl und Durchführung der Maßnahmen einschließlich der Höhe der verausgabten Mittel vorzulegen. Da das Soforthilfe-Bundesprogramm bis zum 31.05.2020 befristet ist, sind ggf. nicht verbrauchte Bundesmittel von den Ländern an den Bund zurück zu überweisen (Art. 6 Verwaltungsvereinbarung). Dies könnte gut der Fall sein, nachdem per 07.05.2020 nach der amtlichen Statistik des BMWi erst 11,663 Milliarden € an Bundes- und Landeszuschussmitteln ausgeschüttet waren.

Nachdem allein Nordrhein-Westfalen bislang mehr als ein Drittel der gesamten ausgeschütteten Soforthilfen ausgezahlt hat, dürfte es spannend werden, wie sich Bund und Länder über das weitere Vorgehen einigen. Immerhin werden auch der Bundesrechnungshof und die Rechnungshöfe der Länder das Auszahlungsgebaren der Länder kritisch hinterfragen. Folge könnte dann sein, dass in den Ländern tausende von Bewilligungsfällen aufgerollt und der Sofortzuschuss nach Grund und Höhe überprüft, ja ggf. zurückgefordert werden muss.

Und: Bei zu laxem Prüfungsverfahren kann es auch sein, dass der Bund den Ländern die Mittelerstattung verweigert oder zunächst ausgezahlte Bundesmittel zurückfordert. Na dann…

Quellen


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Ein Kommentar zu “Corona-Soforthilfe des Bundes – Wer bezahlt die Rechnung?

  1. In Berlin wurden viermal soviel Anträge auf Soforthilfe bewilligt als in ganz Bayern. Wobei auch in Berlin 54.000 Anträge mehr gestellt wurden als in ganz Bayern. Vermutlich wird man bei diesen Zahlen Bayern wohl kein laxes Prüfverfahren unterstellen können.

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