Am 4.12.2020 haben sich die Bundesregierung und die Warenkreditversicherer auf eine Verlängerung des Schutzschirms für Lieferketten verständigt. Die deutsche Wirtschaft kann sich bereits auf die Verlängerung des Schutzschirms bis zum 30.6.2021 einstellen – wenn die EU-Kommission zustimmt.
Hintergrund
2019 wurden von Deutschland Waren im Wert von 1.327,6 Milliarden Euro exportiert und Waren im Wert von 1.104,1 Milliarden Euro importiert. Infolge der Globalisierung ist auch die Beschäftigung in Deutschland in hohem Maße auf offene Märkte und internationalen Handel angewiesen: Rund 28 Prozent der deutschen Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt vom Export ab, im verarbeitenden Gewerbe sogar 56 Prozent.
Exportgeschäfte werden regelmäßig durch private Exportkreditversicherungen abgesichert. In Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie muss allerdings zusätzlich der Staat durch staatliche Exportkreditgarantien einspringen. Bereits am 30.3.2020 hatten BMF und BMWi beschlossen, dass ab April bis Ende 2020 Exportgeschäfte zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen (bis 24 Monate) auch innerhalb der EU und in bestimmten OECD-Ländern mit staatlichen Exportkreditgarantien des Bundes abgesichert werden können. Damit konnten insbesondere mögliche Engpässe im privaten Exportkreditversicherungsmarkt aufgefangen werden. Darüber habe ich bereits hier im Blog berichtet (s. Corona-Krise: Bund beschließt Erweiterung der Exportkreditgarantien). Mit dem Schutzschirm will die Bundesregierung in Form einer Staatsgarantie verhindern, dass Unternehmen in der Covid-19-Pandemie Gefahr laufen, auf unbezahlten Rechnungen ihrer in- und ausländischen Kunden sitzenzubleiben, wenn diese der Krise zum Opfer fallen. Für eine Exportnation wie Deutschland ist das überlebenswichtig.
Was wurde jetzt beschlossen?
Um Lieferketten und Exporte deutscher Unternehmen in der Corona-Krise zu stabilisieren, übernimmt der Staat nach dem Beschluss vom BMF und BMWi vom 4.12.2020 über den 31.12.2020 auch bis 30.6.2021 Garantien für Warenkreditversicherer von bis zu 30 Milliarden Euro. Mit dieser Garantie können die Kreditversicherer auch weiterhin Kreditlinien im bestehenden Umfang von über 400 Milliarden Euro absichern. Die Kreditversicherer beteiligen sich ebenfalls an dem Schutzschirm, indem sie wie bisher einen Teil der möglicherweise anfallenden Entschädigungszahlungen selbst tragen.
Im Detail verpflichten sich die Kreditversicherer im Rahmen des 30-Milliarden-EuroSchutzschirms, ihre bestehenden Kreditlimite weitestgehend aufrecht zu erhalten und sich an den Schadenzahlungen mit 10 Prozent zu beteiligen. Zudem überlassen sie dem Bund knapp 60 Prozent der Prämieneinnahmen für das erste Halbjahr 2021. Auch die über die Garantie des Bundes hinausgehenden Ausfallrisiken tragen die Kreditversicherer.
Die „Kröte“ für die Unternehmen hierbei ist: Voraussichtlich werden sich die Prämien für die Unternehmen erhöhen.
Welchen Wert hat das für die Exportwirtschaft?
Mit der Verlängerung federt die Bundesregierung mit der Staatsgarantie nun noch weitere sechs Monate bis 30.6.2021 ab. Die Verlängerung des Schutzschirms für Lieferketten und Warenkreditversicherungen bis zum 30.6.2021 kann nun weiter dazu beitragen, die häufig in Wertschöpfungsketten organisierte deutsche Wirtschaft an dieser Stelle zu stabilisieren und Liquidität in den Unternehmen zu halten. Das ist ein gutes und richtiges Signal für eine weltweit vernetzte deutsche Exportwirtschaft. Über die noch ausstehende Notifizierung der Verlängerung des Schutzschirms für Lieferketten durch die EU-Kommission wird derzeit zwar noch auf EU-Ebene verhandelt. Die EU-Genehmigung gilt allerdings als wahrscheinlich.
Quellen
- Bundesfinanzministerium – Schutzschirm für Lieferketten: Bundesregierung verlängert Absicherung bis Juni 2021 vom 4.12.2020
- Presseinformation des DIHK vom 4.12.2020
- BMWi – Bundesregierung sichert Warenverkehr ab vom 16.4.2020
- Corona-Krise: Bund beschließt Erweiterung der Exportkreditgarantien – NWB Experten-Blog
Die Notwendigkeit eines Schutzschirms für Lieferketten in der Corona-Krise wurde in diesem Artikel eindrücklich hervorgehoben. Die Rolle der Kreditversicherung als wichtiger Puffer in diesen turbulenten Zeiten, insbesondere für eine Exportnation wie Deutschland, ist unbestreitbar. Spannend ist dabei, wie die Kreditversicherer sich mit 10 Prozent an möglichen Entschädigungszahlungen beteiligen und darüber hinaus fast 60 Prozent der Prämieneinnahmen dem Bund für das erste Halbjahr 2021 überlassen. Diese Verpflichtungen unterstreichen das Vertrauen in die Stabilität des Systems und die gemeinsame Anstrengung, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Ein möglicher Nebeneffekt könnte jedoch eine Erhöhung der Prämien für Unternehmen sein. Wie sehen Sie, Herr Prof. Dr. jur. Ralf Jahn, die langfristigen Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Wirtschaft und insbesondere auf die kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die möglicherweise stärker von den steigenden Prämien betroffen sein könnten?
Kreditversicherungen sollen den Lieferanten davor schützen, dass der Kunde nicht zahlt oder zahlen kann. Ziel des Schutzschirms bis 30.6.21 war, Lieferketten nicht abreißen zu lassen. Der Schutzschirm war richtig, um zu verhindern, dass KV wegen Sorgen vor einer Pleitewelle ihre Deckungszusagen kürzen. Nachdem der Schutzschirm sein Ziel erreicht hat, hat der GDV schon im April 2021 verlautbart, dass eine Verlängerung des Schutzschirms über den 30.6.21 nicht erforderlich ist. Das Problem hat sich also erledigt.