Corona-Rückholaktion: Kostenbeteiligung als außergewöhnliche Belastung abziehbar?

Urlauber, die nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie durch das Auswärtige Amt mit Charter-Flugzeugen ins Inland zurückgeflogen wurden, haben beginnend im Juni Kostenbescheide über die ausgelegten Rückreisekosten erhalten. Die Höhe der Kostenbeteiligung richtet sich nach der Entfernung des Rückflugs. Auf den einzelnen Touristen entfällt nach verschiedenen Medienberichten ein Kostenanteil zwischen 200 € und 1.000 €. Die Bundesregierung hatte im Rahmen der Rückholaktion ca. 56.000 deutsche Staatsangehörige eingeflogen.

Die Kostenbeteiligung ist für die Betroffenen eine ungeplante Zusatzbelastung, die der ungeahnten Dynamik der Pandemie geschuldet ist. Aber handelt es sich auch um eine steuermindernde außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG?

Kosten der Rückholaktion sind außergewöhnlich

Der Abzug von außergewöhnlichen Belastungen setzt voraus, dass einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen sind. Der Kostenanteil der Rückholaktion ist außergewöhnlich. Als außergewöhnlich sind nur solche Kosten abzugsfähig, die nicht nur ihrer Höhe nach, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Dies ist für die zusätzlichen Charter-Flüge anstelle der ausgefallenen Linien-Flüge gegeben.

Zwangsläufigkeit der Kosten…

Aufwendungen sind zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Über die Zwangsläufigkeit von Mehraufwendungen wegen des ausgefallenen Rückflugs bei einer Fernreise hat bereits das Niedersächsische Finanzgericht mit Urteil vom 16.09.1993, Az. II 430/91, entschieden. Im damaligen Sachverhalt wurden der Fluggesellschaft, mit welcher der Rückflug geplant war, aufgrund des ausbrechenden Golfkriegs unvorhergesehen die Landerechte im Heimatstaat entzogen. Daher  musste der Rückflug kurzfristig bei einer anderen Fluggesellschaft gebucht werden. Das Niedersächsische Finanzgericht entschied, dass der Mehraufwand für die Flugtickets nicht zwangsläufig entstanden ist. Für die Zwangsläufigkeit zu entscheiden, ob das Ereignis, dessen Folge der zusätzliche Aufwand ist, für den Steuerpflichtigen zwangsläufig war. Der Mehraufwand der Kläger für den Rückflug hatte seine Ursache in einer privaten (Urlaubs-)Reise die selbst nicht zwangsläufig und notwendig war.

… für private Urlaubsreise nicht anzunehmen

Auf die Corona-Rückholaktion ist diese Entscheidung übertragbar. Auch insoweit ist das den Aufwand auslösende, eigentliche Ereignis der Antritt der Urlaubsreise – und nicht die weltweiten Reisebeschränkungen, welche den eigentlichen Rückflug unmöglich werden ließen. Planung und Antritt der Urlaubsreise waren nicht zwangsläufig. Denn der Steuerpflichtige hat aus freiem Willen zur Urlaubsreise und dem konkreten Reiseort disponiert. Alle mit der Reise zusammenhängenden bzw. sich infolge der Reise ergebenden Aufwendungen sind danach mangels Zwangsläufigkeit nicht abzugsfähig, auch wenn deren Entstehen nicht absehbar war und die Rückreise im Rahmen der Rückholaktion zum Schutze der Gesundheit die (persönlich nachvollziehbar) einzig richtige Entscheidung war. Die Kostenbeteiligung der Corona-Rückholaktion kann daher nicht steuermindernd als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden. Ein – im aktuellen Umfeld – schwer nachzuempfindendes, aber systematisch zwingendes Ergebnis.

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