Die Folgen der Corona-Pandemie werden bei den deutschen Unternehmen immer sichtbarer, vor allem bei den kleinen. Staatliche Hilfeprogramme auf Bundes- und Länderebene mit Darlehen, Bürgschaften und Zuschüssen sind zwar richtig, wirken aber häufig nicht sofort, weil aufwendige Antrags- und Prüfverfahren vorausgehen müssen, ehe Geld fließt. Stundungen von laufenden Zahlungsverpflichtungen, wie Steuern oder Sozialversicherungsverpflichtungen wirken demgegenüber unmittelbar in der Kasse der Unternehmen, weil Liquidität erst gar nicht abfließt
Hier ein Überblick, was unter Corona derzeit möglich ist.
Hintergrund
In meinen bisherigen Blogs zu den wirtschaftlichen Implikationen der Corona-Krise habe ich die zahlreichen staatlichen Unterstützungsinstrumente auf Bundes- und Länderebene beschrieben, die während der Corona-Pandemie den Unternehmen helfen sollen, die wirtschaftlichen Folgen abzumildern. Durch Kurzarbeitergeld, KfW-Kredite und Bürgschaften auf Bundesebene, LfA-Kredite auf Landesebene und Sofortzuschüsse des Bundes und der Länder, erhalten die Unternehmen zwar Liquidität, aber erst auf Antrag nach Prüfung und mit zeitlicher Verzögerung. Für manche Unternehmen verpufft deshalb gutgemeinte Hilfe. Aber Stundungsmaßnahmen schaffen direkte Liquidität im Unternehmen; hiervon können und sollten vor allem (Solo-)Selbständige, Freiberufler und Kleinunternehmen profitieren.
In welchen Bereichen lohnen sich jetzt Stundungsanträge?
Steuern:
Vorauszahlungen und sonstige Zahlungen im Rahmen der Einkommen- oder Körperschaftsteuer werden jetzt von den Finanzämtern auf Antrag gestundet (§ 222 AO). Der Clou: Es fallen nicht die sonst üblichen Stundungszinsen in Höhe von 6 Prozent/Jahr an (§ 238 AO). Auch Säumniszuschläge fallen während der Corona-Krise nicht an. Einzelheiten regelt ein BMF-Schreiben vom 19.3.2020 – ich habe berichtet. Steuerpflichtige sollten deshalb jetzt unter Berufung auf die Auswirkungen der Corona-Krise entsprechende Stundungsanträge an das Finanzamt schicken; die entsprechenden Antragsformulare halten u.a. die IHKs auf ihren Websites zum Download bereit.
Auch Gewerbesteuervorauszahlungen werden auf Antrag gestundet. Anträge auf Stundung oder Erlass sind bei den Gemeinden zu stellen, die an die Festsetzung der Finanzamtes in Bezug auf den Gewerbesteuermessbetrages gebunden sind (§ 19 Abs. 3 S. 4 GewStG). Die Finanzämter sind für Stundungs- oder Erlassanträge nur zuständig, wenn die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer nicht den Gemeinden übertragen worden ist.
Zusätzlich zu den steuerlichen Hilfsmaßnahmen des BMF sehen einige Landesfinanzbehörden nun auch Erleichterungen im Bereich der Umsatzsteuer vor. Dazu sollen bereits getätigte Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen auf null herabgesetzt und dann erstattet werden. Grundsätzlich müssen Unternehmer nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums bis zum 10. des Folgemonats ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen an das Finanzamt übermitteln. Auf Antrag kann den Unternehmen eine Dauerfristverlängerung um einen Monat gewährt werden. Bei Unternehmen mit monatlichem Voranmeldungszeitraum ist dies jedoch von der Leistung einer Sondervorauszahlung abhängig. Diese beträgt 1/11 der Summe der Vorauszahlungen für das vorangegangene Kalenderjahr und wird bei der letzten Voranmeldung des Jahres angerechnet. Zur Schaffung von Liquidität soll diese Sondervorauszahlung, den Unternehmen wieder zur Verfügung gestellt werden. durch die Corona-Pandemie betroffenen Unternehmen auf Antrag die Umsatzsteuersondervorauszahlungen für 2020 wieder zurückzahlen lassen. Solche Regelungen gibt es bislang in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Weitere Einzelheiten finden Sie unter dem u.a. Link.
Sozialversicherung:
Auch bei den Sozialversicherungsbeiträgen kann sich ein Stundungsantrag spürbar lohnen, am 24.3.2020 hat der GKV-Spitzenverband Erleichterungen beschlossen. Hierbei reicht eine glaubhafte Erklärung des Arbeitgebers, dass er erheblichen finanziellen Schaden durch die Pandemie, beispielsweise in Form von erheblichen Umsatzeinbußen, erlitten hat. Auf Antrag des Arbeitgebers können die bereits fällig gewordenen oder noch fällig werdenden Beiträge zunächst für die Ist-Monate März 2020 bis Mai 2020 gestundet werden; Stundungen sind zunächst längstens bis zum Fälligkeitstag für die Beiträge des Monats Juni 2020 zu gewähren. Einer Sicherheitsleistung bedarf es hierfür nicht. Stundungszinsen sind nicht zu berechnen.
Es bestehen keine Bedenken, wenn hiervon auch Beiträge erfasst werden, die bereits vor dem vorgenannten Zeitraum fällig wurden. Von der Erhebung von Säumniszuschlägen oder Mahngebühren soll für den vorgenannten Zeitraum abgesehen werden. Soweit Arbeitgeber erheblich von der Krise betroffen sind, kann von Vollstreckungsmaßnahmen für den o. g. Zeitraum bei allen rückständigen oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Beiträgen vorläufig abgesehen werden. Die vorgenannten Hilfestellungen und Unterstützungsmaßnahmen gelten entsprechend für Mitglieder der GKV, die ihre Beiträge selbst zu zahlen haben, sofern sie von der aktuellen Krise unmittelbar und nicht unerheblich betroffen sind. Dabei ist bei Selbstständigen zu prüfen, ob vor einer Stundung auch die Möglichkeit einer Beitragsermäßigung wegen eines krisenbedingten Gewinneinbruchs in Betracht kommt.
Bis auf Weiteres können die Krankenkassen anstelle von ansonsten in diesem Verfahren vorgeschriebenen Vorauszahlungsbescheiden auch andere Nachweise über die geänderte finanzielle Situation des Selbstständigen akzeptieren, etwa Erklärungen des Steuerberaters oder die betriebswirtschaftliche Auswertung des Unternehmers. Allerdings: Vorrangig sind aber das Kurzarbeitergeld und sonstige Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen zu nutzen, wie etwa die Fördermittel und Kredite, die unter der Federführung des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie als Schutzschirme vorgesehen sind. Die dadurch den Unternehmen zur Verfügung stehenden bzw. freiwerdenden Mittel sind nach entsprechender Gewährung auch für die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge einschließlich der bis dahin gestundeten Beiträge zu verwenden. Da der Zufluss dieser Mittel aber dauern wird, kann ein Stundungsantrag auch hier die Kasse schonen.
Darlehen:
Auch bei der Rückzahlung laufender, aus der Zeit vor Corona abgeschlossener Darlehen sollte der Unternehmer einen Stundungsantrag in Erwägung ziehen. In Bayern etwa werden auf Antrag die laufenden Tilgungsraten bei LfA-Darlehen ausgesetzt. Damit können Unternehmen für bis zu vier Tilgungstermine die Tilgungszahlungen auszusetzen. Dies kann erheblich zur Entlastung der betrieblichen Liquidität beitragen.
Weitere Informationen
- GKV-Spitzenverband vom 24.3.2020
- Formulare zur Beantragung von Steuererleichterungen (Landesfinanzbehörden)
- Erstattung von Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen (Landesfinanzbehörden)
- https://lfa.de/website/downloads/merkblaetter/uebergreifend/merkblatt_Stundung.pdf
Hier finden Sie alle für Sie wichtigen Themenbeiträge rund um das Coronavirus in der NWB Datenbank: