Die Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen ist neben der Steuerstundung eine Möglichkeit, den Unternehmen in der Corona-Krise finanziell wieder ein wenig Luft zu verschaffen. Die seit März bis Ende Mai 2020 geltende vereinfachte Stundungsregelung wird jetzt um einen weiteren Monat bis Ende Monat verlängert: Darauf haben sich die Spitzenverbände der Sozialversicherung am 19.5.2020 geeinigt.
Hintergrund
Viele Unternehmen und Betriebe spüren in der Corona-Krise gravierende Auftragsrückgänge, massive Umsatzeinbußen und Gewinneinbrüche. Vor diesem Hintergrund hatte die Bundesregierung ein breites Maßnahmenpaket zur Abfederung der Auswirkungen des Corona-Virus auf den Weg gebracht. Dazu gehörten u.a. eine Flexibilisierung der Regelungen zum Kurzarbeitergeld sowie der Ausweitung von Liquiditätshilfen für betroffene Unternehmen in Form von vereinfachten Zugangsmöglichkeiten zu Krediten und Bürgschaften sowie steuerliche Liquiditätshilfen.
Außerdem konnten Unternehmen und Selbstständige auf Antrag und nach Ausschöpfung aller anderen Optionen ein vereinfachtes Stundungsverfahren für die Sozialbeiträge nutzen. Die Rahmenbedingungen dafür waren von den Spitzenverbänden der Sozialversicherung mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) abgestimmt.
Wann können Sozialversicherungsbeiträge gestundet werden?
- Die Möglichkeit einer Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen ist in 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB IV geregelt. Danach dürfen Ansprüche auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag dann gestundet werden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für das Unternehmen verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird.
- Eine erhebliche Härte für das Unternehmen ist gegeben, wenn es sich aufgrund ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse vorübergehend in ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten befindet oder im Falle der sofortigen Einziehung der fälligen Sozialversicherungsabgaben in diese geraten würde.
- Eine Stundung darf allerdings nicht gewährt werden, wenn eine Gefährdung des Anspruches eintreten würde. Das ist der Fall, wenn die Zahlungsschwierigkeiten nicht nur vorübergehend sind oder eine Überschuldung in absehbarer Zeit offensichtlich nicht abgebaut werden kann.
- Die Stundung setzt einen entsprechenden Antrag des Unternehmens voraus, wobei das Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen zu belegen ist.
- Über den Stundungsantrag entscheidet die Krankenkasse als zuständige Einzugsstelle nach pflichtgemäßem Ermessen. Bitte wenden Sie sich direkt an Ihre jeweils zuständige Krankenkasse.
Vereinfachtes Stundungsverfahren verlängert
Die Stundungsmaßnahmen waren eigentlich zeitlich auf die Monate März und April beschränkt. Das hätte bedeutet, dass bereits am 28.4.2020 die Sozialversicherungsbeiträge für Mai fällig gewesen wären; allerdings konnte Corona-bedingt die erleichterte Stundung beantragt werden, wenn die sofortige Einziehung der Beiträge ohne die Stundung trotz vorrangiger Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld, Fördermitteln und/oder Krediten mit erheblichen Härten für den Arbeitgeber verbunden wäre. Dann konnten die Beiträge zinslos bis Mai gestundet werden.
Mit Rücksicht auf die weiter anhaltende Krisensituation und die Liquiditätsprobleme vieler Unternehmen haben die Spitzenverbände der Sozialversicherung das vereinfachte Stundungsverfahren um einen weiteren Monat verlängert. Dafür bedarf es für die Fortsetzung der Stundung dieser Beiträge als auch für den Beitrag für den Monat Mai 2020 eines (erneuten) Antrags. Der Antrag auf (weitere) Stundung der Beiträge im vereinfachten Verfahren ist mittels eines einheitlich gestalteten Antragsformulars zu stellen, das die Darlegung bereits in Anspruch genommener oder bereits beantragter Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen verlangt.
Regelstundungsverfahren ab Juni 2020
Da davon auszugehen ist, dass zahlreiche Arbeitgeber auch über den insoweit verlängerten Stundungszeitraum hinaus nicht in der Lage sein werden, sowohl die bislang gestundeten als auch die laufenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu entrichten, kommt weiterhin das Regelstundungsverfahren nach § 76 Abs. 2 SGB IV in Betracht. Einzelheiten dazu ergeben sich aus dem Schreiben der GKV-Spitzenverbände vom 19.5.2020.
(Keine) Stundungszinsen
Grundsätzlich sind auch bei der Stundung des Sozialversicherungsbeitrages Stundungszinsen in Höhe von 0,5 Prozent/Monat zu erheben. Die Erhebung von Stundungszinsen kann allerdings unterbleiben, wenn die Einziehung nach Lage des Einzelfalles für den Anspruchsgegner unbillig wäre; eine Unbilligkeit in diesem Sinne ist u.a. insbesondere dann anzunehmen, wenn die Einziehung von Zinsen die Zahlungsschwierigkeiten des Beitragsschuldners verschärfen würden. Herbei gelten folgende Spielregeln:
- Sofern der Arbeitgeber einer angemessenen ratierlichen Zahlung bereits gestundeter Beiträge zustimmt und dieser (Ratenplan-)Vereinbarung auch nachkommt, ist ein Stundungszins nicht zu erheben.
- Ein Stundungszins ist gleichermaßen nicht zu erheben, wenn laufende Beitragsverpflichtungen im Zuge ggf. ergänzender Stundungsvereinbarungen durch angemessene Teilzahlungen erfüllt werden.
- Kommt eine (Ratenplan-)Vereinbarung nicht zustande oder werden laufende Beitragsverpflichtungen auch durch angemessene Teilzahlungen im Zuge von ggf. ergänzenden Stundungsvereinbarungen nicht erfüllt, besteht für eine Reduzierung des Stundungszinses kein Raum. In diesem Fall ist deshalb der reguläre Stundungszins in Höhe von 0,5 v. H. für jeden angefangenen Monat der Stundung zu erheben.