Angesichts der verheerenden wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie will der Bund jetzt beim Mittelstand Förderlücken mit einem Sonderkreditprogramm der staatlichen KfW- Förderbank schließen. Wird das dem Mittelstand entscheidend helfen?
Hintergrund
Die Metapher wird immer wieder bemüht: Der „Mittelstand“ ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft; er schafft die meisten Arbeits- und Ausbildungsplätze und zeichnet für einen Großteil des Steueraufkommens. Jetzt gerät unter den Folgen der Corona-Pandemie auch der Mittelstand in wirtschaftliche Bedrängnis. Mit dem Gesetz zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds – WStFG- vom 27.3.2020 (BGBl 2020 I S. 543) und dem Nachtragshaushaltsgesetz vom 27.3.2020 (BGBl 2020 I S. 556) hat der Bund deshalb in Windeseile ein 600 Mrd. Euro schweres Programm zur Stabilisierung der deutschen Wirtschaft in der Corona-Pandemie verabschiedet. Zu den Finanzierungshilfen zählen nicht rückzahlbare Sofortzuschüsse für Soloselbständige und Kleinunternehmen (Volumen 50 Mrd. Euro), daneben aber vor allem ein gewaltiges Kreditprogramm der KfW mit erleichterten Zugangsvoraussetzungen.
Prinzipiell haben alle Gewerbetreibenden – branchen- und größenunabhängig – Zugang zu den KfW-Kreditprogrammen, jüngere Firmen bis 5 Jahre zum „ERP-Gründerkredit Universell“, Unternehmen, die länger als 5 Jahre am Markt sind zum „KfW-Unternehmerkredit“ oder über die KfW-Beteiligung an Konsortialkrediten. KfW-Mittel müssen aber über die Hausbank beantragt werden, nicht direkt bei der KfW; diese trägt je nach Unternehmensgröße das Haftungsrisiko zu 80 oder 90 Prozent. Förderfähig ist nur, wer zum Stichtag 31.12.2019 noch kreditwürdig war und ein funktionierendes Geschäftsmodell hat. Und wegen des restlichen Haftungsrisikos von 10 bis 20 Prozent verlangt die Hausbank eine Mindestbonität des Kreditnehmers, die die Hausbank bei Krediten bis 3 Mio. Euro allein, bei Kreditvolumina zwischen 3 und 10 Mio. Euro mit der KfW in einem Schnellverfahren prüft; bei Krediten oberhalb von 10 Mio. Euro prüft auch die KfW neben der Hausbank sehr sorgfältig. Trotz dieser Hürden ist die Nachfrage gewaltig: Bis Ende März 2020 waren bei der KfW rund 1200 Kreditanträge mit einem Volumen von 8,7 Mrd. Euro eingegangen.
Hilfe kommt beim Mittelstand bislang nicht an
Der Auftrags- und Umsatzeinbruch als Folge der Corona-Pandemie hat viele deutsche Unternehmen, deren Geschäftsmodell an sich intakt ist, quasi „über Nacht erwischt“. Wenn der Umsatz und damit Einnahmen wegbrechen, können – ohne ausreichendes Liquiditätspolster – von einem auf den anderen Tag Verbindlichkeiten aus dem laufenden Geschäftsbetrieb nicht mehr bedient werden. Steuerstundungen auf breiter Front und Sofortzuschüsse helfen zwar, die Liquidität kurzfristig zu verbessern, um „über die Runden zu kommen“. Das Zuschussprogramm des Bundes ist aber auf Selbständige und Kleinunternehmen bis 10 Beschäftigte zugeschnitten und sachlich und zeitlich bis 31.5.2020 begrenzt. Die Zuschussprogramme der Länder sind zwar zum Teil großzügiger (in Bayern bis 250 Mitarbeiter), decken aber bei weitem nicht den ganzen Mittelstand ab. Dieser ist auf Kreditprogramme verwiesen, die erstens einer strengen Regulatorik bei den Hausbanken unterliegen, zum anderen auch inhaltlich nicht für jeden Mittelständler passen. Die Folge: Ein großer Teil mittelständischer Unternehmen fällt in der jetzigen Situation bei den Förderprogrammen von Bund und Ländern schlicht „durch den Rost“.
Was plant die Bundesregierung?
Seit dem 23.3.2020 können Firmen Mittel aus dem KfW-Sonderprogramm bei ihrer Hausbank beantragen. Die staatliche Förderbank – und damit die öffentliche Hand – übernimmt 80 bis 90 Prozent des Risikos für den Fall, dass Unternehmer das Geld nicht zurückzahlen können. Jetzt wird gefordert, dass der Staat 100 Prozent des Risikos übernimmt. Viele Betriebe seien derzeit wegen der massiven Folgen der Corona-Krise nicht mehr kreditwürdig. Nach Presseberichten ist jetzt bei der Bundesregierung im Gespräch, dass Kredite für Firmen mit zehn bis 250 Beschäftigten mit einer 100- prozentigen Staatshaftung abgesichert werden. Die EU muss das allerdings mit Rücksicht auf das für unzulässige Beihilfen geltende Recht zunächst prüfen. Dazu könnte es zinslose oder sehr günstige Kredite in der Höhe von drei Monatsausgaben des Betriebs geben, höchstens aber bis zu 500 000 Euro pro Firma. Ähnlich wie beim Bafög könnte die Rückzahlung nach Leistungsfähigkeit laufen.
Was ist von den Plänen zu halten?
Die Absicht der Bundesregierung ist dem Grunde nach zu begrüßen, allerdings haben die Pläne auch einige „Haken“:
- Der dringend benötigte Geldfluss findet in der erforderlichen Form derzeit nicht statt, weil der Bewilligungsprozess sehr bürokratisch, zeitintensiv und aufwändig ist. Das liegt an der strengen Regulatorik, denen die Hausbanken bei der Kreditprüfung unterworfen sind. Hiervon müssten die Hausbank – vorübergehend – befreit werden.
- Vor allem mittelständische Unternehmen bis 50 Mio. Euro Umsatz tun sich bei KfW-Krediten schwer, weil schon bei Kreditgewährung absehbar ist, dass sie den Kredit nicht nach der fünfjährigen Laufzeit zurückzahlen können, zumal die Kredite zu verzinsen sind. Damit droht ohne Verlängerung der Tilgungslaufzeit auch an sich gesunden Unternehmen ein „aufgeschobenes“ Insolvenzrisiko.
- Bei der Bonitätsprüfung sind viele Mittelständler gezwungen, neue Sicherheiten – auch aus dem Privatvermögen – zur Kreditabsicherung beizubringen. Das ist ein Hemmnis, weil damit die Unternehmen in der Zeit nach der Krise nicht mehr in der Lage sind, dringend erforderliche Investitionen zu finanzieren. Folglich müssten die Anforderungen an beizubringende Sicherheiten deutlich gelockert werden.
Quellen
https://www.n-tv.de/politik/Bund-will-bei-Corona-Krediten-nachbessern-article21681994.html