Cloudlösungen und Rechnungslegung

In der Realität finden sich unterschiedliche Modelle der Cloudnutzung. Bekannt sind die Varianten Infrastructure as a Service (IaaS), Platform as a Service (PaaS) und Software as a Service (SaaS). Gerade beim letzten Fall ergeben sich neue Fragen der Softwarebilanzierung gegenüber der beim Softwarenutzer (Kunden) lokal installierten Software. Das IFRIC IC hat sich dabei Gedanken um die bilanziellen Folgen gemacht.

In der Realität finden sich im Detail unterschiedliche Ausgestaltungen von SaaS-Verträgen. Im Kern stellt der Anbieter dem Nutzer über „die Cloud“ Software zur Nutzung zur Verfügung. Teils ist die Nutzung auf die Cloud beschränkt, teils kann auch eine lokale Installation beim Kunden erfolgen. Der Kunde entrichtet eine Lizenzgebühr für die Nutzungsmöglichkeit.

Eine Bilanzierung beim Kunden setzt das Vorliegen eines Vermögenswertes bei diesem voraus. Dieser kann entweder in Form eines immateriellen Vermögenswertes nach IAS 38 oder in Form eines Nutzungsrechts aus einem Leasingverhältnis nach IFRS 16 gegeben sein. Andernfalls sind die Lizenzzahlungen periodengerecht als laufender Aufwand aus der Dienstleistungsinanspruchnahme zu buchen.

Wie bereits in einem früheren Blog zum Leasing ausgeführt, liegt ein Leasingverhältnis dann vor, wenn ein Vertragspartner (Leasingnehmer) das Recht hat, die Verfügungsgewalt über die Nutzung eines eindeutig bestimmbaren Vermögenswertes (Leasingobjekt) für einen Zeitraum auszuüben, und dafür eine Gegenleistung schuldet (IFRS 16.9). Das Nutzungsrecht ist dem Leasingnehmer dann zuzurechnen, wenn er über den Zeitraum im Wesentlichen die wirtschaftlichen Vorteile aus der Nutzung des Leasingobjekts hat und über den Einsatz des Leasingobjekts, d.h. über das Wie und das Wofür des Einsatzes, bestimmen kann (IFRS 16.B9, .B21 ff.). Regelmäßig wird dem Softwarekunden bei SaaS-Verträgen jedoch kein Bestimmungsrecht über die Software, sondern nur ein Zugriffsrecht eingeräumt werden. Im Gegenteil trifft der Softwareanbieter die Entscheidung über Updates und die Rekonfiguration der in der Cloud zur Verfügung gestellten Software. Im Ergebnis liegt kein Softwareleasing vor, womit sich die Frage erübrigt, ob nicht ohnehin vorrangig IAS 38 für immaterielle Güter anzuwenden ist (IFRS 16.3).

Damit beim Softwarekunden IAS 38 zum Einsatz kommt, muss ein identifizierbarer, nicht monetärer Vermögenswert ohne physische Substanz vorliegen, über den der Kunde Verfügungsmacht hat, indem er Dritte von der Nutzung ausschließen kann und ihm die Vorteile aus der künftigen Nutzung zufließen (IAS 38.8 ff.). Identifzierbarkeit ist bspw. durch ein vertragliches Recht gegeben, von dem bei SaaS-Verträgen auszugehen ist. Jedoch mangelt es regelmäßig an der Verfügungsmacht des Softwarekunden, weil er zwar ein Zugriffsrecht auf die Software über die Vertragslaufzeit hat, jedoch keinen Dritten von der Nutzung ausschließen kann und ihm in der Folge auch nicht alle wesentlichen Vorteile aus der Nutzung der Software zufließen. Die Verfügungsmacht liegt insoweit beim Softwareanbieter. Mithin sind die Kosten für die Software beim Kunden periodengerecht über die Laufzeit des Vertrags aufwandswirksam zu erfassen (IAS 38.69). Im Falle von Vorauszahlungen, bspw. des gesamten Entgelts vor oder zu Beginn der Vertragslaufzeit, erfolgt eine aktivische Abgrenzung (IAS 38.70).

Zu einer anderen Beurteilung könnte es etwa in Fällen kommen, in denen eine Software zwar von einem Dritten in der Cloud zur Verfügung gestellt wird, jedoch allein der Softwarekunden darauf zugreifen darf, über den Einsatz bestimmt und ihm die wesentlichen Vorteile aus der Nutzung zufließen. Dann käme die Aktivierung eines immateriellen Vermögenswertes in Betracht.

Wenn beim Kunden zwar kein bilanzierbarer Vermögenswert aus dem SaaS-Vertrag entsteht, kann dennoch eine Aktivierung von Costumizing-Kosten in Betracht kommen, sofern bei deren Anfall ein immaterieller Vermögenswert entsteht, der die oben genannten Aktivierungsvoraussetzungen erfüllt. Erörtern kann man das etwa im Zusammenhang mit SAP S/4HANA bspw. für Kosten für „In-App-Erweiterungen“ oder die Programmierung zusätzlicher Systeme.

Weitere Informationen:

IFRS IC Agenda Decision, Customer’s Right to Receive Access to the Supplier’s Software Hosted on the Cloud (auf ifrs.org)

PwC, International Accounting News September 2019, Bilanzierung von Cloudanwendungen

Meine Aufsätze zur Softwarebilanzierung (für Abonnenten kostenfrei)

Lesen Sie auch meine weiteren Blogs zum Leasing

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

25 + = 35