Signa Prime erzielte hohe Gewinne. Zumindest auf dem Papier betrugen diese zwischen 2017 und 2021 3,4 Mrd. €. Wieso Papiergewinne? Dem Konzern ist kein Geld in dieser Höhe zugeflossen. Die Immobilien haben einfach an Wert gewonnen. Um 4 Mrd. €, um genau zu sein. Das Wachstum des Immobilienwertes von Signa war außergewöhnlich hoch. Da wäre sicherlich Skepsis angebracht gewesen.
Dabei hat Signa sich einfach an der Trickkiste bedient. Denn ein genauerer Blick zeigt: Die Zinszahlungen und Dividenden (insgesamt 1,9 Mrd. €) überstiegen in diesem Zeitraum die erzielten Mieteinnahmen (1,6 Mrd. €). Ohne die Papiergewinne durch die steigenden Immobilienwerte hätte der Konzern also Verluste erzielt. Die aktuelle Insolvenzwelle des Signa Imperiums zeigt, dass dies alles andere als nachhaltig war. Geschweige denn liquiditätssichernd.
Wozu das Ganze? Und vor allem: Wie ist es dem Konzern gelungen, solche hohen Gewinne auf dem Papier zu produzieren? Schauen wir uns das Ganze genauer an.
Fragwürdige Immobilienbewertung
Nach IFRS dürfen Immobilien (sog. Investment Properties) zum aktuellen Wert in der Bilanz angesetzt werden. Die Wertsteigerung wird als Ertrag erfasst und erhöht damit den Gewinn. Wie hat es Signa geschafft, damit Wertsteigerungen in Milliarden-Höhe zu erreichen? Ganz einfach. Bei der Bewertung spielt unter anderem die Miete für die Objekte eine Rolle. Signa hat beispielsweise bei den Karstadt-Warenhäusern die Mieten deutlich über das Marktniveau erhöht. Die Rechtfertigung? Die bisherigen Mieten waren unterhalb des Marktniveaus. Außerdem sollten die Geschäfte modernisiert und saniert werden, um wieder Gewinne zu erwirtschaften und dann die höheren Mieten zahlen zu können.
Nach den Aussagen von ehemaligen Führungskräften war die Steigerung der Immobilienwerte das zentrale Anliegen des Unternehmens. Mitarbeiter konzentrierten sich auf Schätzungen, indem sie externen Gutachtern Mietprognosen und andere Beweise für die hohen Werte vorlegten. So steht es im Wallstreet Journal.
Auch Investoren und Kreditgeber sollen sich auf diese externen Schätzungen verlassen haben. Aus Unternehmensunterlagen geht hervor, dass Gutachter die Büroimmobilien mit dem 41-fachen der Einnahmen bewertet haben. Bei vergleichbaren börsennotierten Bürounternehmen lag die Bewertung beim 20-25-fachen der Einnahmen.
Bei solchen aufgeblasenen Immobilienwerten und doch eher fragwürdigen Annahmen wundert man sich, dass auch Kreditgeber sich darauf verlassen haben sollen. Ich vermute, dass diese die Gutachten zumindest gelesen haben. Aber vielleicht liege ich auch hier falsch.
Wieso die Immobilienwerte hochgeschraubt wurde – eine Spurensuche
Je höher der Gewinn, desto höher das Eigenkapital. Dadurch kann die Eigenkapitalquote aufgeblasen werden. Ob dies Investoren und Banken beeindruckt hat? Zumindest Investoren offensichtlich schon, ansonsten wären doch sicherlich viel früher einige ausgestiegen. Banken sollten grundsätzlich strenger sein, denn sie berechnen bei der Kreditvergabe bei Immobilien einen Beleihungswert. Wie die Informationen im Wallstreet Journal offenlegen, sollen auch Kreditgeber auf die Bewertungen vertraut haben. Erschreckend! Denn Geld fließt nur, solange der Mieter solvent ist und diese bezahlen kann.
Dies zeigt die nunmehr dritte Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof. Auch wenn die Immobilien in den besten Innenstadtlagen liegen, ist fraglich, ob hier Mietinteressenten Schlange stehen wie bei Wohnimmobilien in Großstädten. Somit sehe ich eine zu hohe Miete kritisch, wenn es um die Frage der Bewertung von Immobilien geht. Vor allem wenn es sich um Gewerbeimmobilien handelt, bei denen die Bedürfnisse der Mieter bezüglich des Platzbedarfs und der Ausstattung spezieller sind als bei Wohnraum.
Fazit
Ein Fall, der viele unschöne Dinge an die Oberfläche spült. Doch leider wieder einmal sehr spät, um den Schaden begrenzt zu halten. Und dabei sind nicht nur die geprellten Handwerksbetriebe gemeint.
Weitere Informationen:
The Wall Street Journal: The Spectacular Crash of a $30 Billion Property Empire