Der Jahresabschluss der Signa Holding musste nicht von einem Wirtschaftsprüfer geprüft werden. Wie kann das sein? Ganz einfach: Das Unternehmen ist „zu klein“. Sie hat sich für eine freiwillige Prüfung durch einen Abschlussprüfer entschieden, zumindest für das Geschäftsjahr 2021. So steht es im entsprechenden Jahresabschluss. Einen aktuelleren Abschluss habe ich leider nicht.
Wie kann es sein, dass dreistellige Millionenbeträge in der Gewinn- und Verlustrechnung stehen und dafür kein Testat erforderlich ist? Auch wenn ich generell für Bürokratieabbau bin, stelle ich mir hier die Frage: Muss hier nicht etwas geändert werden? Aber schauen wir uns das Ganze genauer an.
Wieso der Abschluss der Signa nicht geprüft werden muss
Nicht jede Kapitalgesellschaft muss ihren Jahresabschluss von einem Abschlussprüfer prüfen lassen. Dies gilt nur für Gesellschaften, die bestimmte Kriterien erfüllen. Im Einzelnen sind folgende drei Merkmale relevant: Umsatzerlöse, Bilanzsumme und Zahl der Arbeitnehmer. Für die Einordnung in eine so genannte Größenklasse müssen jeweils zwei der drei Kriterien erfüllt sein.
Nur wenn eine Kapitalgesellschaft als mittelgroß oder groß eingestuft wird, ist der Jahresabschluss prüfungspflichtig. Und genau hier liegt die Krux: Eine Holding hat in der Regel weder viele Mitarbeiter noch einen hohen Umsatz. Wie kommt das? Die Erträge aus den Beteiligungen sind keine Umsatzerlöse, sondern Beteiligungserträge. Und damit ist die Höhe der Beteiligungserträge eben nicht relevant für die Einordnung in die entsprechende Größenklasse.
Hat die Signa Holding ihren Sitz nicht in Österreich? Das ist richtig. Die genannten Vorschriften gelten aber sowohl in Österreich (§ 221 UGB) als auch in Deutschland (§ 267 HGB).
Warum sich hier etwas ändern muss
Die Entlastung der Unternehmen ist ja schön und gut. Aber ganz ehrlich: Es kann doch nicht sein, dass eine Holding dreistellige Millionenbeträge bewegt und das kein Wirtschaftsprüfer genauer unter die Lupe nehmen muss. Hier geht es nicht nur um den Schutz der Anleger, sondern auch um den Schutz anderer Stakeholder, Lieferanten und Mitarbeiter zum Beispiel. Schließlich zeigt der Fall Signa sehr deutlich, welche Dominoeffekte eine Großinsolvenz auslösen kann. Ja, Sie haben Recht. Die Bücher der Signa Holding wurden geprüft. Aber das ist ein ganz anderes Thema.
Wie könnte man das ändern? Indem man bei einer Holding nicht auf die Umsatzerlöse, sondern auf die Beteiligungserträge abstellt. Denn diese sind die „Quelle“ der Ertragskraft einer Holding. Oder anders ausgedrückt: Eine Ergänzung des § 267 HGB um einen Absatz für Holdinggesellschaften, der vorsieht, dass anstelle der Umsatzerlöse die Beteiligungserträge herangezogen werden.
Was soll damit erreicht werden? Holdinggesellschaften sollen bei der Größenklasseneinteilung gegenüber anderen Kapitalgesellschaften nicht privilegiert werden. Denn mit der Einstufung in eine größere Größenklasse geht nicht nur die Prüfungspflicht (ab mittelgroßer Kapitalgesellschaft) einher, sondern auch eine umfangreichere Offenlegung und kürzere Fristen für die Erstellung des Jahresabschlusses.
Auch wenn dies im Fall Signa sicherlich nichts geändert hätte: Wie bei Wirecard gilt: Die nächste Signa kommt bestimmt. Und Vorbeugen ist allemal besser als hinterher aufräumen. Aus Fehlern sollte man lernen.
Weitere Informationen:
Signa-Skandal: Hat BDO schlampig geprüft? (finance-magazin.de)