Wenn der Porsche 911 GT3 zu Ausstellungszwecken erworben wird …

Im Rahmen des NWB Experten-Blogs sind schon mehrfach Urteile vorgestellt worden, in denen es um den Betriebsausgaben- und/oder Vorsteuerabzug von Luxusfahrzeugen ging (z.B. „Vorsteuerabzug für die Anschaffung von Lamborghini und Ferrari„). Heute möchte ich zu dem Thema auf eine weitere FG-Entscheidung eingehen. Das Niedersächsische FG hat geurteilt, dass der Vorsteuerabzug für den Erwerb eines „Supersportwagens“ auch dann zu versagen sein kann, wenn dieser als Ausstellungsobjekt eines Kfz-Handels dienen soll, sich der Betrieb aber noch in der Planungsphase befindet (Niedersächsisches FG, Urteil vom 18.1.2024, 5 K 148/23).

Der Sachverhalt:

Der Kläger betreibt einen Mobilfunk-Shop. Daneben beabsichtigt er die Eröffnung eines Sportwagenzentrums. Im Jahr 2017 erwarb er dafür ein Grundstück in einem Gewerbegebiet und meldete im Jahr 2019 ein Gewerbe mit der Tätigkeit „An- und Verkauf von Fahrzeugen aller Art“ an. Im Jahr 2021 beantragte er eine entsprechende Baugenehmigung, die im September 2021 erteilt wurde. Hierfür hatte der Kläger durch ein Planungsbüro umfangreiche Zeichnungen und Berechnungen erstellen lassen. Im Mai 2021 erwarb der Kläger einen neuen Porsche 911 GT3 mit Touring-Paket zum Preis von 184.606,77 Euro zzgl. Umsatzsteuer.

Der Kläger beantragte den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Porsche. Das Fahrzeug befinde sich als Ausstellungsfahrzeug im Anlagevermögen des in Planung befindlichen Autohauses. Aus dem Umstand, dass er das Fahrzeug dem Unternehmensvermögen zugeordnet habe, ergebe sich, dass er dieses ausschließlich dafür einsetzen wolle. Der Porsche sei außerdem nur wenige Male verkauft worden und habe bereits im Zeitpunkt des Erwerbs eine Wertsteigerung erfahren. Er werde daher in jedem Fall einen Gewinn mit dem Fahrzeug erzielen, außerdem sei es aufgrund seiner Seltenheit geeignet, entsprechende Kundschaft anzuziehen. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug. Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.

Die Begründung in Kurzform:

Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen für unangemessenen Repräsentationsaufwand entfallen, sind grundsätzlich nicht abziehbar. Dies bestimmt § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.  4 EStG. Bei den Aufwendungen für einen „Supersportwagen“ handelt es sich um einen solchen unangemessenen Repräsentationsaufwand. Allerdings greift das Abzugsverbot dann nicht, wenn der mit dem Kfz verfolgte Zweck Gegenstand einer mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübten Tätigkeit ist. Diese Rückausnahme ist auch für den Bereich der Umsatzsteuer maßgebend, so dass ein Vorsteuerabzug doch in Betracht kommen kann (§ 4 Abs. 5 Satz 2 EStG).

Im Urteilsfall kann eine solche Gewinnerzielungsabsicht nach Ansicht des FG durchaus bestanden haben. Allerdings war der Vorsteuerabzug damit noch nicht gerettet. Denn die Richter haben § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG geprüft – und letztlich angewandt. Danach sind Aufwendungen vom Betriebsausgabenabzug und mithin vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind.

Ob ein unangemessener betrieblicher Aufwand vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen hätte. Zwar sei ein hochwertiger Porsche als Ausstellungsobjekt grundsätzlich dazu geeignet, den Geschäftserfolg eines Autohauses positiv zu beeinflussen, so dass der Kauf prinzipiell auch angemessen sein kann. Vorliegend sei aber zu berücksichtigen, dass das Autohaus noch gar nicht fertiggestellt ist und auch nicht absehbar ist, ob und wann dort jemals Fahrzeuge gehandelt werden. Der Kläger habe mit dem Unternehmensteil des Sportwagenhandels noch keinerlei Umsätze erzielt. Ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer würde zu diesem Zeitpunkt kein hochpreisiges Fahrzeug zu Ausstellungszwecken erwerben, sondern dies frühestens dann tun, wenn die Erzielung von Umsätzen in greifbare Nähe gerückt ist. Es komme hinzu, dass sich der Kläger allem Anschein nach für hochmotorisierte Fahrzeuge begeistert und zahlreiche hochwertige Sportwagen in seinem (Privat-)Besitz hat.

Denkanstoß:

Das FG führt aus, dass es durchaus angemessen sein kann, auch in der Gründungsphase eines Unternehmens bereits einen Pkw anzuschaffen, um damit die erforderlichen (vor-)unternehmerischen Tätigkeiten zu besorgen. Insofern hat das Urteil auch einen positiven Aspekt. Dennoch bleibt die Erkenntnis, dass beim Erwerb von hochpreisigen Kfz, die im Betriebs- und/oder Unternehmensvermögen gehalten werden, stets Vorsicht angebracht ist und Streitigkeiten mit dem Finanzamt vorprogrammiert sind.

Übrigens, nur am Rande: Ich erkenne derzeit eine gewisse Tendenz, dass manch Unternehmer eigentlich ein Liebhaber von PS-starken „Verbrennern“ ist, im Betriebsvermögen aber – zusätzlich – ein Elektroauto gehalten wird, weil dies bei – einigen – Kunden einen besseren Eindruck macht. Allerdings wird auch dann gerne auf einen Porsche Taycan oder einen Mercedes EQS 500 zurückgegriffen, die aber nur selten gefahren werden. Ich habe noch keinen Fall erlebt, in denen die Finanzämter die Kosten für luxuriöse E-Autos mit geringer Fahrleistung als Repräsentationsaufwand eingestuft hätten. Ich glaube aber, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird, bis der erste Fall die Finanzgerichte erreichen wird.

 

Bundeskabinett will E-Auto-Absatz mit Steueranreizen ankurbeln

Die Bundesregierung hat am 4.9.2024 beschlossen, das sog. Steuerfortentwicklungsgesetz um eine Sonderabschreibung für vollelektrische und emissionsfreie Fahrzeuge zu ergänzen, ferner den Vorteil der Dienstwagenbesteuerung für reine Elektro-Fahrzeuge zu erweitern. Hilft das dem Absatz von E-Autos entscheidend weiter?

Hintergrund

Die deutsche Automobilindustrie war über Jahrzehnte ein zentrales Zugpferd der deutschen Wirtschaft, das Beschäftigung im Inland, Wachstum und damit Wohlstand in der deutschen Volkswirtschaft sichert. Doch der einstige Musterknabe ist zum Patienten geworden, die Absatzzahlen gehen zurück, vor allem angesichts der Verschiebungen auf den Weltmärkten, vor allem in China und Indien.

Ein „Dienstwagen“ gilt steuerlich als geldwerter Vorteil, der zum Einkommen zählt, das wiederum über die Steuerlast entscheidet. Bislang gilt: Ein Dienstwagen mit Verbrennermotor wird mit monatlich einem Prozent des Bruttolistenpreises kalkuliert. Für Elektroautos werden noch bis zum Jahr 2030 lediglich 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises zur Versteuerung herangezogen, wenn das der Bruttolistenpreis nicht höher als 60.000 Euro (seit 1.1.2024 70.000 Euro) ist. Ist der E-Dienstwagen in der Anschaffung teurer, zählen 0,5 Prozent des Bruttolistenpreises als geldwerter Vorteil.

Für Hybridfahrzeuge gelten unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls vergünstigende Regelungen. Wird ein Hybridfahrzeug als Dienstwagen gewählt, zählen monatlich 0,5 Prozent seines Bruttolistenpreises als geldwerter Vorteil. Das Fahrzeug muss extern aufladbar sein (also nur Plug-in Hybride), der CO2-Ausstoß darf höchstens 50 Gramm pro Kilometer betragen und die rein elektrische Reichweite muss bei mindestens 60 Kilometern liegen (ab dem Jahr 2025 mindestens 80 Kilometer).

Hinzukamen in der Vergangenheit staatliche Kaufprämien für E-Autos, die allerdings für gewerbliche Halter zum 1.9.2023 auslief. Seitdem ist der Einbruch bei Neuzulassungen von E-Autos dramatisch. Nach veröffentlichten Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes vom August 2024 fiel mit 27.000 Neuwagen diese Antriebsart um fast 70 Prozent hinter die Zahlen des Vormonats zurück. Nur noch knapp 14 Prozent der Neuzulassungen waren batterieelektrische Autos.

Inhalt der steuerlichen Förderinitiative für E-Autos Weiterlesen

Krankenversicherung: Kostenerstattungsverfahren und Sonderausgabenabzug – keine gute Kombination

Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind unbegrenzt als Vorsorgeaufwendungen abziehbar. Gleiches gilt für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung, soweit es um die Beitragsanteile für eine Basisabsicherung geht. Aufwendungen für eine private Zusatzkrankenversicherungen sind nur im Rahmen von geringen Höchstbeträgen abziehbar – und die sind zumeist bereits durch andere Versicherungen „verbraucht“.

Das FG Nürnberg hat entschieden, dass auch bei Wahl des Kostenerstattungsverfahrens in der gesetzlichen Krankenversicherung Zusatzbeiträge nicht abzugsfähig sind, wenn der Höchstbetrag bereits anderweitig ausgeschöpft ist (FG Nürnberg, Urteil vom 20.7.2023, 8 K 431/22). Das Gericht hatte die Revision nicht zugelassen; der BFH hat die Nichtzulassungsbeschwerde nun zurückgewiesen (BFH-Beschluss vom 17.7.2024, X B 104/23).

Der Sachverhalt:

Der Kläger war freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert und hatte private Zusatzkrankenversicherungen (PKV) abgeschlossen. Letztere wirkten sich aufgrund der Ausschöpfung des Höchstbetrages steuerlich nicht aus. Der Kläger meinte aber, dass die Beiträge zur Zusatzversicherung anteilig neben den Beiträgen an die GKV zu berücksichtigen seien, denn er hätte an Stelle der Sach- und Dienstleistungen durchgehend das Verfahren der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V gewählt.

Um auf das gleiche Versicherungsniveau zu kommen wie ein im PKV-Basistarif Versicherter, müsse die GKV durch einen privaten Tarif ergänzt werden, der für das Kostenerstattungsverfahren die Lücke zwischen den Erstattungen der GKV und denjenigen einer PKV nach Basistarif schließe. Doch Finanzamt, FG und nun auch der BFH ließen sich nicht überzeugen.

Die Begründung:

Die maßgebende Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 1 EStG spricht von den zur Erlangung eines durch das SGB XII bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlichen Aufwendungen. Hieraus folgt, dass, wenn bereits eine Basisabsicherung in der GKV besteht, eine private Versicherung für die bereits abgesicherten Leistungen zur Erlangung des sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus nicht erforderlich ist.

Soweit die Kläger statt der regelmäßigen Sach- und Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 SGB V) die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V gewählt haben und gerade dadurch die von ihnen beschriebene Deckungslücke entstanden sein sollte, die sie wiederum durch den Abschluss privater Zusatzkrankenversicherungsverträge geschlossen haben, beruht dies auf ihrer freiwilligen Entscheidung für diesen Abrechnungsmodus. Die fehlende Inanspruchnahme der Sach- und Dienstleistungen ändert aber nichts daran, dass diese bereits ein sozialhilfegleiches Versorgungsniveau gewährleisten. Weitere Beiträge für zusätzliche Versicherungen begründen insoweit eine doppelte Absicherung und sind nicht mehr im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 1 EStG „erforderlich“.

Der BFH hält eine weitere Klärung nicht für erforderlich und schließt sich argumentativ den Ausführungen des FG an.

Denkanstoß:

Den Ausführungen des FG und des BFH ist sicherlich zuzustimmen – soweit es um den Wortlaut des Gesetzes geht. Wovon sich die Gerichte aber immer mehr entfernen ist die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Besser gesagt thematisieren sie das nicht mehr.

Etwas plakativ ausgedrückt lässt sich dem Urteil des FG und dem Beschluss des BFH entnehmen, dass der Gesetzgeber lediglich das steuerliche Existenzminimum unangetastet lassen muss und bis zu diesem geringen Betrag letztlich alles besteuern darf – unerheblich, ob dadurch die Leistungsfähigkeit in einem Maße gemindert wird, dass sich (Mehr-)Arbeit nicht mehr lohnt. Die Zeiten eines Professors Paul Kirchhof, der immerhin den Mut hatte, den so genannten Halbteilungsgrundsatz aufzustellen (auch wenn er damit gescheitert ist), sind wohl ein für alle Mal vorbei. Leider.

Auf in den BT-Wahlkampf: Die Steuerpläne von CDU/CSU

Frühzeitig vor der Bundestagswahl im Jahr 2025 hat sich die Union zu einer Unternehmensteuerreform bekannt und einen Antrag im Deutschen Bundestag gestellt.

Hintergrund

Wahlkampfzeit ist auch stets eine Zeit des Steuerrechts. Frühzeitig hat sich auch die CDU/CSU mit einem sehr klaren Vorschlag in diesem Jahr positioniert und im Bundestag den Antrag „Modernisierung des deutschen Unternehmenssteuerrechts voranbringen“ (BT-Drucks. 20/11954) gestellt.

Sie konstatiert, dass der deutsche Wirtschaftsstandort in den vergangenen 10 Jahren substanziell an Attraktivität verloren habe. Um die Deindustrialisierung zu stoppen und Deutschland wieder zu einer starken Industrienation zu machen, brauche es strukturelle Verbesserungen der Standortbedingungen. Hierzu sei es erforderlich, ein modernes und effizientes Steuersystem zu schaffen.

Der Antrag führt aus: „Das deutsche Steuerrecht ist seit der letzten Unternehmensteuerreform 2008 jedoch in die Jahre gekommen, wie an der überbordenden Bürokratie und den veralteten Strukturen zu erkennen ist. Unser Steuersystem muss einfacher, transparenter und gerechter werden.“

Die Vorschläge im Antrag

Ihren Antrag baut die CDU/CSU auf drei Säulen auf. Zunächst geht es darum, die „steuerliche Wettbewerbsfähigkeit“ Deutschlands zu stärken. Hierzu sei es erforderlich, ab 2025 u.a. schrittweise

  • die Steuerbelastung für thesaurierte Gewinne auf 25 % abzusenken;
  • eine rechtsformneutrale Besteuerung zu erreichen, indem insbesondere das Optionsmodell nach § 1a KStG und die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG wesentlich verbessert werden;
  • den Solidaritätszuschlag vollständig abzuschaffen;
  • eine temporäre, stark degressive „Turboabschreibung“, die signifikante Investitionsanreize über die bestehenden Abschreibungsmöglichkeiten hinaus schafft, einzuführen.

Die zweite Säule stützt den „Bürokratieabbau. Hier fordert die Fraktion,

  • die Zuständigkeit für die Gründungen, Betriebsummeldungen und -aufgaben bei einer Behörde wie z. B. dem Finanzamt zu bündeln, um die Hürden für Start-ups abzubauen und Deutschland wieder zu einem Standort für Innovationen zu machen;
  • das Steuerfestsetzungsverfahren durch Selbstveranlagung und digitalen Datenaustausch mit der Finanzverwaltung stark zu vereinfachen;
  • das Verfahren der Betriebsprüfung zu einer begleitenden Prüfung weiterzuentwickeln, in dem Unternehmen und Finanzverwaltung kontinuierlich eng bis hin zu Prüfungen in Echtzeit kooperieren;
  • zu überprüfen, welche Missbrauchsbekämpfungsvorschriften aufgrund der Einführung der Mindestbesteuerung wegfallen können, etwa bei der Lizenzschranke oder der Hinzurechnungsbesteuerung;

Die dritte Säule befasst sich mit der „Verbesserung der Strukturen im Steuerrecht“. Hier ist gem. CDU/CSU notwendig,

  • das Besteuerungsverfahren zu digitalisieren und die Finanzverwaltung mit moderner KI-Technologie auszustatten;
  • sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, das Reverse-Charge-Verfahren für alle B-2-B-Umsätze einzuführen, sodass der Großteil der Zahlungsströme zwischen Fiskus und Unternehmen hinfällig wird;
  • das Erfordernis des Ergebnisabführungsvertrages bei der ertragsteuerlichen Organschaft abzuschaffen und ein Antragsverfahren bei der umsatzsteuerlichen Organschaft einzuführen;
  • den Kommunen eine verlässliche und auskömmliche Finanzausstattung zuzuordnen, die zugleich Anreize zur wirtschaftlichen Initiative und zur Ansiedlung von Arbeitsplätzen setzt.

Gegenstimmen aus der Koalition

Erwartungsgemäß mussten CDU/CSU mit einem starken Gegenwind rechnen. U.a. stellten Abgeordnete der SPD fest, dass die Forderungen der Union nicht zukunftsgerichtet seien und ein seriöser Vorschlag für die Gegenfinanzierung nicht vorliege. Die Grünen trugen vor, dass die Koalition schon die ganze Zeit Politik für den Wirtschaftsstandort Deutschland mache und gerade die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt worden ist. Die FDP nannte die Vorschläge sogar ein „Schuldeingeständnis der Antragsteller“. Denn, so Markus Herbrand: Von Steuerreformen sei zu Regierungszeiten der Union keine Rede gewesen. Es sei vielmehr auf Konsum gesetzt werden.

Charmante Vorschläge für die Wirtschaft

Dass die Union sich frühzeitig in Steuersachen positionieren und im Wahlkampf das Thema Steuern großschreiben wird, ist zu erwarten. Aus Sicht der Wirtschaft dürften die Vorschläge m.E. als attraktiv bezeichnet werden. Zu beachten ist allerdings, dass eine Gegenfinanzierung stehen sollte. Dass das deutsche Steuerrecht gerade für die Unternehmerschaft einer Neuakzentuierung bedarf, steht an vielen Stellen außer Frage. Insbesondere unter Beachtung der Tatsache, dass die letzte große Unternehmensteuerreform 16 Jahre zurückliegt, sollte das Thema „Reform des Steuerrechts und Bürokratieabbau“ im Sinne der hiesigen Wirtschaft weiterverfolgt werden.

Ehrenamtsfreibetrag für nebenberuflichen Aufsichtsrat einer kommunalen GmbH

Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat oder in der Schweiz belegen ist, sind bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro im Jahr steuerfrei. Das ist der so genannte Ehrenamtsfreibetrag.

Nach Auffassung des BFH ist die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26a EStG auch für eine nebenberufliche ehrenamtliche Tätigkeit als Aufsichtsrat einer kommunalen GmbH zu gewähren (BFH-Urteil vom 8.5.2024, VIII R 9/21). Weiterlesen

Keine Inflationsausgleichsprämie während der Elternzeit – ist das zulässig?

Bei öffentlichen Arbeitgebern hatte eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Essen offenbar für Unruhe gesorgt. Dieses hatte entschieden, dass die Inflationsausgleichsprämie auch Eltern in Elternzeit zustehe. Zumindest gelte dies, wenn andere Arbeitnehmer im selben Betrieb die Prämie trotz Bezuges von Krankengeld erhalten. Dann liege eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung vor (ArbG Essen, Urteil vom 16.4.2024, 3 Ca 2231/23).

Zur Freude der Arbeitgeber und zum Leidwesen der betroffenen Arbeitnehmer hat das LAG Düsseldorf die Entscheidung nun aber revidiert. Ein Tarifvertrag darf den Inflationsausgleich während der Elternzeit ausschließen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 14.8.2024, 14 SLa 303/24). Weiterlesen

BFH hält Höhe der Aussetzungszinsen für verfassungswidrig – Was Steuerpflichtige jetzt tun sollten

Der VIII. BFH-Senat hält den gesetzlichen Zinssatz von 6 % p.a. für sog. Aussetzungszinsen für verfassungswidrig; er hat daher das Bundesverfassungsgerichtangerufen (BFH v. 8.5.2024 – VIII 9/23). Was folgt daraus für Steuerpflichtige?

Hintergrund

Einspruch und Klage haben im Steuerrecht grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung (§ 361 Abs.1 AO), d.h. die Erhebung einer Abgabe wird nicht aufgehalten, der Steuerpflichtige muss die festgesetzte Steuer also zunächst zahlen. Die aufschiebende Wirkung von Einspruch und Klage kann aber in einem summarischen Verfahren auf Antrag bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids von Finanzamt oder Finanzgericht gesondert durch die Aussetzung der Vollziehung (AdV) angeordnet werden (§ 361 Abs.2, 4 AO).

Für den Steuerpflichtigen bedeutet das einerseits, dass er die Steuer zunächst nicht zahlen muss. Andererseits droht ihm eine Belastung mit Zinsen, wenn sein Rechtsmittel endgültig ohne Erfolg bleibt und er die Steuer „nachträglich“ zahlen muss. Er hat dann nämlich für die Dauer der AdV und in Höhe des ausgesetzten Steuerbetrags Zinsen in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat, also 6 Prozent pro Jahr zu entrichten (Aussetzungszinsen, § 237 i.V.m. 238 Abs. 1 S. 1 AO). Weiterlesen

Kann die teilentgeltliche Grundstücksübertragung auf ein Kind ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft sein?

Bei der teilentgeltlichen Übertragung eines – vermieteten – Grundstücks auf ein Kind denkt man wohl zuerst an die Schenkungsteuer. Als zweites denkt man vielleicht an die neue AfA-Reihe für den entgeltlichen Teil der Übertragung. Aber denkt man auch daran, dass der Vorgang als steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG gewertet werden könnte?

Ein Finanzamt aus Niedersachsen hatte diesen Gedanken jedenfalls. Zwar wurde der Gedanke vom Niedersächsischen FG verworfen, doch zwischenzeitlich liegt die Revision beim BFH vor (Niedersächsisches FG, Urteil vom 29.5.2024, 3 K 36/24; Rev. unter IX R 17/24). Weiterlesen

Führt der nachträgliche Einbau eines Notentwässerungssystems zu Erhaltungsaufwand?

Da die Starkregenereignisse zunehmen, müssen gewisse Dächer nach den DIN-Vorgaben zusätzlich Notentwässerungen vorsehen. Ob die Kosten für ein zusätzliches bzw. für ein erst nach der Gebäudeerrichtung eingebautes Notentwässerungssystem sofort als Erhaltungsaufwand abziehbar sind oder ob nachträglicher Herstellungsaufwand vorliegt, muss wohl bald der BFH entscheiden.

Die Vorinstanz, das FG Düsseldorf, hat sich für die Annahme von Erhaltungsaufwand entschieden (Urteil vom 24.5.2024, 3 K 2044/18 F).

Der Sachverhalt:

Der Klägerin gehörte ein Gebäude mit einem Flachdach. Dieses wurde in den Jahren 1999 bis 2001 gebaut. Entsprechend den Vorgaben der DIN 19686-100 errichtete die Klägerin im Jahr 2010 neben dem bereits bestehenden Dachentwässerungssystem, bei dem das Regenwasser über Abflussrohre in die Kanalisation eingeleitet wird, ein Notentwässerungssystem mit eigenen Rohrleitungen, über die bei Starkregen etwaiges sich auf dem Dach stauendes Wasser auf Überflutungsflächen abgeführt wird. Die hierdurch entstandenen Aufwendungen behandelte sie als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand. Das Finanzamt nahm hingegen Herstellungskosten. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Weiterlesen

Aufreger des Monats August: Kontenabrufe steigen und steigen

Der automatisierte Abruf von Kontoinformationen wurde infolge der Terroranschläge vom 11. September 2001 eingeführt, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besser bekämpfen zu können. Seit April 2005 dürfen auch Finanzämter, Sozialämter sowie Arbeitsagenturen auf Grundlage des § 93 AO entsprechende Daten von den Kreditinstituten abrufen. Seit dem Jahr 2013 sind auch Gerichtsvollzieher berechtigt, entsprechende Daten abzufragen. Und seitdem kennt die Anzahl der Kontenabrufe nur eine Richtung: nach oben, und zwar sprunghaft. Wurden im Jahr 2005 rund 10.000 Kontoabfragen durchgeführt, waren es im Jahr 2020 bereits mehr als 1 Million.

Nunmehr liegen auch die Zahlen für das Jahr 2023 vor: Finanzämter und Sozialbehörden einschließlich Gerichtsvollzieher und Jugendämter haben im vergangenen Jahr haben 1.403.581 Abfragen gestartet. Zusätzlich zu den Kontenabfragen der Finanz- und Sozialbehörden haben Polizei, Staatsanwaltschaften, Zoll- und Steuerfahndung weitere 431.843 Kontenabrufe vorgenommen. Insgesamt sind dies 1.835.424 Kontenabfragen (Quelle: Bundestags-Drucksache 20/10841). Weiterlesen