Bundestag beschließt Neuregelungen zum Kurzarbeitergeld

Mit dem „Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung“ (sog. Arbeit-von-morgen-Gesetz) hat der Deutsche Bundestag am 23.4.2020 in zweiter und dritter Lesung auch weitere Regelungen zum Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise beschlossen (BT-Drs. 19/17740 vom 10.3.2020 und BT-Drs.19/18753 vom 22.4.2020). Jetzt muss am 15.5.2020 nur noch der Bundesrat zustimmen.

Hintergrund

Wie ich wiederholt berichtet habe, hat der Bundesgesetzgeber auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise auch mit Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld (§§ 95 ff. SGB III) reagiert: Mit erleichterten Zugangsbedingungen mit Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für Arbeitgeber und mit einer Aufstockung des Kurzarbeitergeldes während der Corona-Krise.

Mit dem „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ sollen jetzt die Förderinstrumente der Arbeitsmarktpolitik weiterentwickelt werden, um die Menschen in Deutschland rechtzeitig auf die Arbeit von morgen vorbereiten zu können. Angesichts der Erkenntnis, dass in lebensbegleitendem Lernen und Weiterbildung der Schlüssel zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit im Strukturwandel liegt, sollen besonders die Möglichkeiten von Weiterbildung und Qualifizierung in besonderen Situationen weiter gestärkt werden. Um für krisenhafte Zeiten gewappnet zu sein, soll hierbei auch eine bis Ende 2021 befristete Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung in das Gesetz aufgenommen werden, die es erlaubt, den Zugang zu Kurzarbeitergeld zu erleichtern und die Betriebe zu entlasten.

Neuregelungen beim Kurzarbeitergeld

Im Einzelnen ist beim Kurzarbeitergeld folgendes vorgesehen: Weiterlesen

Corona-Krise: Jetzt auch in Bayern „LfA-Schnellkredit“ für Kleinunternehmer!

Zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie hat der Bund ein umfangreiches staatliches Hilfsprogramm auf den Weg gebracht, das neben Steuererleichterungen (Steuerstundung, Rückzahlung von Steuervorauszahlungen, Verzicht auf Säumniszuschläge, unterjähriger Verlustrücktrag, Senkung der Umsatzsteuer auf Speisen im Gastgewerbe) vor allem auch Finanzhilfen umfasst. Allein das Bundes-Sofortzuschussprogramm hat ein Volumen von rund 60 Milliarden Euro und richtet sich an Kleinunternehmen, Solo-Selbständige und Freiberufler mit bis zu zehn Mitarbeitern.

Seit April 2020 gibt es zudem einen KfW-Schnellkredit: Hiernach können mittelständische Unternehmen unter den näheren Voraussetzungen bei ihrer Hausbank Kredite bis zu 800.000 Euro beantragen, für die die KfW das 100 %ige Haftungsrisiko übernimmt. Ähnliche Hilfen in Form von verlorenen Sofortzuschüssen und rückzahlbaren Krediten gibt es auch auf Länderebene. Bayern hat jetzt als jüngstes Produkt einen neuen „LfA-Schnellkredit“ mit obligatorischer 100 %iger Haftungsfreistellung der Hausbank angekündigt, der Anfang Mai zur Verfügung stehen soll. Weiterlesen

Corona-Folgen: Umsatzsteuer in Gastronomie wird teilweise gesenkt

Zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie wird in der Gastronomie der Umsatzsteuersatz teilweise zeitlich beschränkt gesenkt. Das hat die Regierungskoalition am 22.4.2020 beschlossen. Was ist davon zu halten?

Hintergrund

Die Corona-Pandemie hat in Deutschland weite Teile der Wirtschaft zum Erliegen gebracht. Besonders hart betroffen ist das Hotel- und Gaststättengewerbe, da bundesweit rund 166.000 Unternehmen (2018) mit rund 1,5 Mio. Mitarbeitern (2019) zählt und einen Jahresumsatz in Höhe von rd.  50,7 Mrd. Euro (2019) erwirtschaftet (www.dehoga.de). Dieser volkswirtschaftlich bedeutsame Wirtschaftszweig ist deshalb besonders in Mitleidenschaft gezogen, weil die Betriebe vom sog. „lock down“ von behördlichen Betriebsschließungsanordnungen als erste betroffen waren und voraussichtlich auch am längsten betroffen sein werden. Staatliche Liquiditätshilfen wie Schnellkredite der KfW oder der LfA auf Länderebene sowie verlorene Sofortzuschüsse auf Bundes- und Landesebene wirken da eher wie ein „Topfen auf den heißen Stein“. Ein von Verbandsseite geforderter gesonderter Rettungsschirm des Bundes für das Hotel- und Gaststättengewerbe wird zwar von der Politik geprüft. Ob und in welchem Volumen er kommt, ist allerdings ungewiss. Weiterlesen

Corona-Krise: Kurzarbeitergeld wird angehoben!

Die Regierungskoalition hat sich am 23.4.2020 auf weitere milliardenschwere Hilfen zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise verständigt. Ein Kernpunkt: Das Kurzarbeitergeld soll gestaffelt erhöht, die Hinzuverdienstmöglichkeiten verbessert werden, um vor allem für Geringverdiener Einkommensverluste auszugleichen und soziale Härten zu verhindern. Zugleich wird die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds verlängert.

Hintergrund:

Kurzarbeitergeld (§§ 95 ff. SGB III) ist ein sinnvolles arbeitsmarktpolitisches Instrument, um bei vorübergehendem Arbeitsausfall die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern zu ermöglichen und Entlassungen zu vermeiden. Seit 1.3.2020 gibt es als Folge der Corona-Pandemie ein „erleichtertes Kurzarbeitergeld“ nach dem Gesetz zur Erleichterung der Kurzarbeit (BGBl I 2020, S. 493). Danach ist Kurzarbeitergeld jetzt für jeden Betrieb möglich, d. h. auch für Beschäftigte in Zeitarbeit. Nur 10 Prozent der Beschäftigten müssen vom Arbeitsausfall betroffen sein, nicht wie bislang ein Drittel der Belegschaft. Das Kurzarbeitergeld beträgt 60 Prozent des fehlenden Netto-Entgelts, bei Eltern sind es 67 Prozent. Die Beiträge für die Sozialversicherung werden bei der Kurzarbeit von der Bundesagentur für Arbeit vollständig erstattet. Beschäftigte müssen auch keine Minusstunden aufbauen, bevor Kurzarbeitergeld gezahlt werden kann. Auch die Hinzuverdienstmöglichkeiten während der Kurzarbeit werden erweitert: Vom 1.4.2020 bis zum 31.10.2020 werden Verdienste aus während der Kurzarbeit neu aufgenommenen Nebentätigkeiten in systemrelevanten Bereichen nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet, wenn die Lohnhöhe nicht den Lohn überschreitet, der vor der Kurzarbeit bezogen worden ist.

Anhebung des Kurzarbeitergeldes kommt

In der politischen Diskussion wurde allerdings schnell beklagt, dass die Erleichterungen beim Bezug des Kurzarbeitergeldes nicht ausreichend seien, insbesondere wurde teilweise eine deutliche Aufstockung des Kurzarbeitergeldes gefordert. Mit Rücksicht auf die erheblichen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind schon jetzt hunderttausende Beschäftigte in Kurzarbeit. Allein in Bayern sind bei Arbeitsagenturen bis Mitte April 2020 mehr als 112.000 Anzeigen für Kurzarbeit von Betrieben in Bayern eingegangen. Diese beträchtliche Zahl an Beziehern für Kurzarbeitergeld, das bislang bei kinderlosen Beschäftigten 60 Prozent und bei Beschäftigten mit Kindern 67 Prozent beträgt, wird zu einer erheblichen Belastung der Kasse der Bundesagentur für Arbeit führen. Zwar sehen einige Tarifverträge vor, dass das Kurzarbeitergeld auf fast 100 Prozent des Nettolohns aufgestockt wird, in vielen Branchen gilt das allerdings nicht. Deswegen forderte vor allem der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) das Kurzarbeitergeld befristet auf 80 bzw. 87 Prozent anzuheben. Andernfalls – so wird in der politischen Diskussion argumentiert – könnten viele Menschen ihre Mieten und Ratenkredite für Auto und Eigenheim nicht mehr bezahlen.

Am 22.4.2020 haben sich die Mitglieder der Regierungskoalition nun auf eine Anhebung des Kurzarbeitergeldes verständigt, die jetzt auf dem üblichen Weg durch Rechtsverordnung noch umgesetzt werden muss. Nach dem Gesetz ist Voraussetzung für das Tätigwerden im Verordnungswege eine krisenhafte Situation, die in Branchen oder Regionen übergreifend erhebliche Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Arbeitsmarkt hat, auch wenn sie nicht den gesamten Arbeitsmarkt erfasst.

Hierbei sollen für das verbesserte folgende Eckpunkte gelten:

  • Für Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld für eine um mindestens 50 Prozent reduzierte Arbeitszeit beziehen, soll das Kurzarbeitergeld ab dem 4. Bezugsmonat auf 70 Prozent (Ledige), bzw. 77 Prozent (Haushalte mit Kindern) angehoben werden.
  • Ab dem 7. Bezugsmonat soll das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent (Ledige) bzw. 87 Prozent (Haushalte mit Kindern) angehoben werden.
  • Die bereits mit den erleichterten Voraussetzungen für den Kurzarbeitergeldbezug seit 1.3.2020 eingeführten Hinzuverdienstmöglichkeiten sollen ab 1.5.2020 nochmals erweitert werden.
  • Alle entsprechenden Regelungen sollen befristet bis längstens 31.12.2020 gelten.
  • Geringfügig Beschäftigte (450-Euro-Minijobber) sind versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung, für sie kann daher nach wie vor kein Kurzarbeitergeld beantragt werden.

Erste Bewertung

What ever it takes – das Füllhorn der Bundesregierung scheint bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie nach wie vor unerschöpflich zu sein. Denn parallel mit der Anhebung des Kurzarbeitergeldes hat sich die Regierungskoalition nunmehr auch auf eine Verlängerung des Arbeitslosengeldes geeinigt. Die Bezugsdauer des ALG I soll um drei Monate für die Bezieher verlängert werden, deren Anspruch zwischen dem 1.5. und 31.12.2020 enden würde. Bislang bekommt zwölf Monate Arbeitslosengeld wer bis 50 Jahre alt ist, wenn er zuvor 24 Monate oder länger versicherungspflichtig beschäftigt war. Oberhalb von 50 Jahren steigt die Bezugsdauer schrittweise auf bis zu 24 Monate, soweit der Arbeitnehmer zuvor mindestens 48 Monate versicherungspflichtig beschäftigt war. Das Arbeitslosengeld liegt bei 60 Prozent des Nettoentgelts, bei Arbeitslosen mit Kindern bei 67 Prozent des Nettoentgelts. Auch die Verlängerung des Bezugs von Arbeitslosengeld ist also sehr kostspielig.

Bei allem Verständnis für politisch gut gemeinte Schutzschirme für die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen, ist meines Erachtens die Politik inzwischen gut beraten, nicht jeder Forderung erliegend in einen „Subventionswahn“ zu verfallen, den am Ende unsere Gesellschaft nicht mehr bezahlen kann. Mit der jetzt beschlossenen befristeten Anhebung des Kurzarbeitergeldes sollte es deshalb sein Bewenden haben. Damit dürften zugleich weitergehende Anträge erledigt sein. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte beispielsweise die Einführung eines „Kurzarbeitergelds +“ gefordert (BT-Drs. 19/18704), nach dem das Kurzarbeitergeld vor allem für kleine und mittlere Einkommen erhöht werden sollte, im Höchstsatz bis zu 90 Prozent des Nettoentgeltes; für Auszubildende sollte sogar jederzeit und nicht erst nach dem sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraum (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG) Kurzarbeitergeld beantragt werden können. Die Fraktion Die Linke hatte sogar in ihrem Antrag gefordert (BT-Drs. 19/18686), das Kurzarbeitergeld rückwirkend zum 1.3.2020 auf einheitlich 90 Prozent des Nettoentgelts anzuheben. Beschäftigte, die nur den gesetzlichen Mindestlohn verdienen, sollten sogar 100 Prozent ihres Gehaltes erstattet bekommen.

Ich meine: Wünsche kann man äußern, bei der Umsetzung sollte die Politik aber maßhalten!

Quellen

Update: Pauschaler Verlustrücktrag in der Corona-Krise ab sofort möglich!

Von den Folgen der Corona-Pandemie betroffene Unternehmen haben nach einer BMF-Mitteilung vom 23.4.2020 bei Verlusten in 2020 ab sofort die Möglichkeit, durch einen pauschalierten Verlustrücktrag eine Erstattung der in 2019 gezahlten Steuervorauszahlungen zu beantragen. Ein entsprechendes BMF-Schreiben soll in Kürze folgen.

Hintergrund

Ich hatte vor kurzem berichtet: Zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie haben Bund und Länder milliardenschwere finanzielle Rettungsschirme in Form von (Sofort-)Krediten, Bürgschaften und nicht rückzahlbaren Sofortzuschüssen auf den Weg gebracht. Ferner wurden umfangreiche steuerliche Maßnahmen beschlossen, die die Liquidität der Unternehmen schonen sollen, insbesondere Steuerstundungen, Erleichterungen bei Vorauszahlungen, befristeter Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen oder die steuerliche Anerkennung von Corona-bedingten Spenden für gesellschaftliches Engagement auf dem Gemeinnützigkeitssektor. Über diese bisherigen steuerlichen Entlastungsmaßnahmen informiert das BMF auf seiner Website fortlaufend durch FAQ „Corona“ (Steuern). Da sich die Auszahlung von Zuschüssen oder Krediten hinziehen kann, sind die Unternehmen mit steuerlichen Entlastungsmaßnahmen vielfach besser bedient, weil diese die Liquidität im Unternehmen belassen, also sofort wirken. Weiterlesen

Corona-Krise: Vorgezogener Verlustrücktrag würde Liquidität der Betriebe schnell verbessern!

Von der Corona-Krise betroffene Unternehmen könnten nach Berechnungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) durch das Vorziehen von Steuererstattungen erheblich entlastet werden – durch einen vorgezogenen Verlustrücktrag.

Hintergrund

Zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie haben Bund und Länder neben finanziellen Hilfen in Form von (Sofort-)Krediten von KfW und LfA, Bürgschaften und nicht rückzahlbaren Sofortzuschüssen umfangreiche steuerliche Maßnahmen beschlossen, die die Liquidität der Unternehmen schonen sollen. Hierzu zählen – wie ich berichtet habe – Steuerstundungen, Erleichterungen bei Vorauszahlungen, befristeter Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen oder die steuerliche Anerkennung von Corona-bedingten Ausgaben für gesellschaftliches Engagement auf dem Gemeinnützigkeitssektor. Über diese bisherigen steuerlichen Entlastungsmaßnahmen informiert das BMF auf seiner Website fortlaufend im Bereich FAQ „Corona“ (Steuern).

Jetzt haben der DIHK und andere Spitzenverbände der Wirtschaft einen (zeitlich befristeten) „vorgezogenen Verlustrücktrag“ vorgeschlagen. Warum hilft das? Weiterlesen

Besteht ein Recht auf Akteneinsicht nach der DSGVO?

Ich weiß nicht warum, aber es gibt zahlreiche Fälle, in denen sich Steuerpflichtige und Finanzämter „bis aufs Blut“ um das Recht auf Akteneinsicht streiten. Könnten Rechte Dritter verletzt sein, verstehe ich den Streit natürlich (Stichwort „Steuergeheimnis“). Auch verstehe ich es, wenn die Finanzverwaltung ihre Kalkulationsformeln im Zuge von Verprobungen bei Betriebsprüfungen nicht herausrücken möchte (obwohl ich es verstehe, heiße ich es nicht gut).

Seltsam finde ich es aber, wenn man sich streitet, obwohl es eigentlich gar nichts zu verbergen gibt. Aber sei es drum. Jedenfalls hat das Niedersächsische FG soeben eine höchst interessante Entscheidung gefällt. Es geht um die Frage, ob die DSGVO einen Anspruch auf Akteneinsicht auf dem Gebiet der Einkommensteuer begründet. Das Niedersächsische FG hat den Anspruch verneint (Urteil vom 28.1.2020, 12 K 213/19).

Der Sachverhalt:

Die Kläger begehrten unter Hinweis auf die DSGVO Einsicht in ihre Einkommensteuerakte. Es sei beabsichtigt, die ursprünglich für die Kläger tätigen Steuerberater gegebenenfalls auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Um sich einen Überblick über den wechselseitigen Schriftverkehr, insbesondere die mit der ehemaligen Steuerberatern diskutierte Problematik verschaffen zu können, sei die Akteneinsicht erforderlich. Doch dieses Begehren wurde abgelehnt. Die entsprechende Klage vor dem FG hatte keinen Erfolg.

Die Begründung des FG: Die Vorschriften der DSGVO seien im Bereich des Steuerrechts nur auf harmonisierte Steuern, wie etwa die der Umsatzbesteuerung, anwendbar, nicht dagegen auf dem Gebiet der Einkommensbesteuerung natürlicher Personen. Soweit sich die Kläger hinsichtlich eines auch auf die Einkommensbesteuerung erstreckenden sachlichen Anwendungsbereichs der DSGVO auf das BMF-Schreiben vom 12.1.2018 (BStBl 2018 I S. 185; ersetzt durch BMF-Schreiben vom 13.1.2020, IV A 3-S 0130/19/10017:004, 2019/1129406) berufen, vermag ihnen das Gericht ebenfalls nicht zu folgen. Denn es erachte es schon nicht als zulässig, wenn die Finanzverwaltung und nicht der hierzu gegebenenfalls aufgerufene und befugte Gesetzgeber im Wege eines (bloßen) BMF-Schreibens den sachlichen Anwendungsbereich der DSGVO auf nicht harmonisierte Steuern ausdehnte. Die Finanzverwaltung dürfe nicht – auch nicht zu Gunsten eines Steuerpflichtigen – von gesetzlichen Bestimmungen abweichen. Insoweit können sich die Kläger mit Erfolg auch nicht auf eine Selbstbindung der Verwaltung berufen.

Hinweis:

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Man darf gespannt sein, wie der BFH entscheidet. Sehr befremdlich finde ich übrigens, dass die Finanzrichter eine Selbstbindung der Finanzverwaltung nicht akzeptieren. Der Hinweis, die Finanzverwaltung dürfe nicht von gesetzlichen Bestimmungen abweichen, ist zwar richtig. Das FG verkennt aber, dass es die Instrumentarien der Billigkeits- und Nichtbeanstandungsregelungen gibt. Hier hat es sich das FG viel zu leicht gemacht und sich z.B. nicht mit dem BFH Urteil vom 14.3.2007 (XI R 59/04) auseinandergesetzt.

Das FG des Saarlandes hat die Sache im Übrigen anders gesehen: Mit dem Inkrafttreten der DSGVO ab 25.5.2018 bestehe für alle Steuerpflichtigen grundsätzlich ein gebundener Anspruch auf Akteneinsicht bei der Finanzbehörde (Beschluss vom 3.4.2019, 2 K 1002/16).

Weitere Informationen:

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil v. 28.01.2020 – 12 K 213/19

 

Corona-Krise – Fortsetzung der Betriebsbeschränkungen bis Anfang Mai 2020: Eine erste Bewertung

Am 15.04.2020 haben die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder die seit Mitte März 2020 geltenden Beschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung der Corona-Epidemie bis 03.05.2020 verlängert. Was ist in Bezug auf die beschlossenen Einschränkungen für die gewerbliche Wirtschaft vom Maßnahmenpaket zu halten?

Hintergrund

Mit den gemeinsamen Beschlüssen der Bundeskanzlerin und der Regierungschefs der Länder vom März 2020 wurde das öffentliche Leben in Deutschland weitgehenden Beschränkungen unterworfen. Diese Beschränkungen waren erforderlich, um vor der Corona-Virus-Infektion zu schützen und eine Überforderung des deutschen Gesundheitssystems zu vermeiden. Mit den Beschränkungen ist erreicht worden, dass die Infektionsgeschwindigkeit in Deutschland deutlich abgenommen hat. Mit den Betriebsbeschränkungen für die gewerbliche Wirtschaft sind allerdings auch die deutschen Unternehmen zu einem großen Teil in ein „künstliches Koma“ versetzt worden, dass angesichts gravierender Umsatzeinbrüche und Auftragsrückgänge viele Unternehmen an den Rand ihrer wirtschaftlichen Existenz gebracht hat.

Wesentlicher Inhalt der wirtschaftsbezogenen Beschränkungen bis Mai 2020

Mit ihrem Maßnahmenpaket vom 15.04.2020 haben Bundeskanzlerin und Länderregierungschefs in Bezug auf die Wirtschaft folgenden Beschränkungsrahmen beschlossen, der im Einzelfall regionale Abweichungen auf Länderbasis ermöglicht: Weiterlesen

Vorübergehende Überlassung nur bei Ferienwohnungen?

Eine Anmerkung zum Urteil des LG Berlin v. 18.12.2019 – 65 S 101/19.

Gerade in Berlin sind Kurzzeitvermieter „von Senats wegen“ unbeliebt. Weiteres Ungemach könnte jetzt durch ein Urteil des LG Berlin drohen.

Kommt ein Londoner nach Berlin…

…weil er seine Promotion schreiben will. Er mietet hierfür eine Wohnung für sieben Monate und zahlt die gesamte Miete voraus. Der Lärm einer Großbaustelle in unmittelbarer Nähe macht ihm das wissenschaftliche Arbeiten aber unmöglich. Er kündigt fristlos und fristgemäß und gibt die Wohnung nach zwei Monaten zurück. Er verlangt die Erstattung der fünf weiteren im Voraus gezahlten Mieten.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Gericht entschied, dass der Mieter zwar nicht fristlos, aber fristgemäß kündigen konnte und sprach die Erstattung von zwei Mieten zu. Weiterlesen