Gemeinnützigkeit: Erweiterung von § 52 Abs. 2 Satz 1 AO durch das JStG 2020 (Teil I)

Mit dem verabschiedeten Jahressteuergesetz 2020 (BGBl  2020 I, S. 3096) wurden u.a. bedeutsame Änderungen im Rahmen des Gemeinnützigkeitsrechts vorgenommen. Insbesondere der Katalog nach § 52 Abs. 2 Satz 1 AO wurde um neue Zwecke ergänzt.

Hintergrund

Spätestens seit dem Urteil des BFH zu Attac vom 10.01.2019 (V R 60/17) steht das Gemeinnützigkeitsrechts und dabei v.a. der enumerativ aufzählende, abschließende Katalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO in der Kritik. Bemängelt wird, dass vielfältige gesellschaftliche Entwicklungen und Bedürfnisse nicht ausreichend abgebildet werden. Denn nicht explizit im Katalog aufgeführte Zwecke können nur dann als gemeinnützig anerkannt werden, wenn sie in Bezug auf ihre Merkmale, die ihre steuerliche Förderung rechtfertigen, mit einem Zweck des Katalogs identisch sind.

Zwar bietet § 52 Abs. 2 Satz 2 AO eine Öffnungsklausel, welche es den Finanzbehörden ermöglicht, auf sich ändernde gesellschaftliche Zwecke zu reagieren und damit die Gemeinnützigkeit weiterzuentwickeln. Der Anwendungsbereich ist allerdings recht eng. Bereits seit langem wird daher angemahnt, dass das Gemeinnützigkeitsrecht einer grundlegenden Überarbeitung bedarf.

Mit dem Jahressteuergesetz wurden nunmehr erste Schritte in diese Richtung getan und (u.a.) der Zweckkatalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO ausgeweitet. Aufgenommen wurden explizit folgende neuen/ergänzenden Zwecke: Weiterlesen

AGB-Prüfung in 20 Minuten für 35,40 Euro – Frau Lambrecht macht´s möglich

Wer unternehmerisch tätig ist, nennt oftmals „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ sein eigen. Diese werden Kunden oder Mandanten an die Hand gegeben, hängen irgendwo aus oder sind auf der Homepage nachzulesen. In aller Regel bestehen AGB nicht nur aus drei Sätzen, sondern aus drei Seiten, um es salopp zu formulieren. AGB sollten möglichst rechtskonform sein – das ist selbstverständlich.

Aber wussten Sie, dass ein Jurist für die Prüfung und Änderung von AGB nur 20 Minuten benötigt? Und dazu nur 35,40 Euro abrechnet? Weiterlesen

Insolvenzantragfrist verlängert: Die Insolvenz kann warten…!

Am 17.12.2020 hat der Bundestag Änderungen beim Insolvenzrecht beschlossen, denen der Bundesrat am 18.12.2020 zugestimmt hat; sie sollen ab 1.1.2021 in Kraft treten. In diesem Zuge wird auch die Drei-Wochen-Frist für die Beantragung eines Insolvenzverfahrens wegen Überschuldung bis 31.1.2021 verlängert. Wie ist das zu bewerten?

Besser wäre jetzt eine schnelle Reform des Insolvenzrechts „aus einem Guss“.

Hintergrund

Nach der Insolvenzordnung (InsO) muss ein Schuldner grundsätzlich innerhalb von drei Wochen einen Insolvenzantrag beim zuständigen Gericht stellen, wenn Zahlungsfähigkeit oder Überschuldung vorliegt. Die Gefahr von Unternehmensinsolvenzen steigt nach mehr als neun Monaten wirtschaften unter schwierigen Corona-Pandemie-Bedingungen mit mehrfach verhängtem Lockdown, bei dem die Geschäfte schließen müssen und gravierende Umsatzeinbrüche die Folge sind. Wie lange halten das Unternehmen in der aktuellen Situation noch aus, wenn die vom Bund versprochenen schnellen und unbürokratischen Corona-Finanzhilfen ausbleiben?

Fristverlängerung für Insolvenzanträge: Ausnahmevorschriften des COVInsAG

Bereits durch das COVInsAG, das Bestandteil Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (v. 27.3.2020, BGBl. I S. 569) war, ist die Pflicht zur Insolvenzantragstellung bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit rückwirkend ab 1.3.2020 bis zum 30.9.2020 ausgesetzt worden. Um Unternehmen, die bedingt durch die Corona-Pandemie insolvenzgefährdet sind, auch weiterhin die Möglichkeit zu geben, sich unter Inanspruchnahme staatlicher Hilfsangebote und im Rahmen außergerichtlicher Verhandlungen zu sanieren und zu finanzieren, wird die Insolvenzantragspflicht weiterhin ausgesetzt (BT-Drs. 19/22178), jedoch nur noch für Unternehmen, die pandemiebedingt „überschuldet“, aber nicht „zahlungsunfähig“ sind. Hierzu sind später §§ 1, 2 COVInsoAG geändert worden, indem die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht in den Fällen der Überschuldung für den Zeitraum vom 1.10.2020 bis zum 31.12.2020 verlängert wurde (BGBl 2020 I S. 2016).

Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG)

Änderungen beim Sanierungs- und Insolvenzrecht waren schon länger geplant. Mit dem jetzt am 17.12.2020 vom Bundestag beschlossenen Gesetz soll die Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie (EU) 2019/1023 vom 20.6.2019 (ABl 2019 Nr. L 172 S. 18) in deutsches Recht umgesetzt werden. Außerdem soll mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie eine Fortentwicklung des geltenden Insolvenzrechts erfolgen, ich hatte dazu schon im hier im Blog berichtet. Mit dem neuen Gesetz wird die Aussetzung der dreiwöchigen Antragsfrist über den 31.12.2020 hinaus um einen Monat bis 31.1.2021 verlängert, allerdings nur für bestimmte „überschuldete“ Firmen.

Der neue § 1 Abs. 3 COVInsAG sieht jetzt insbesondere vor, dass die Antragspflicht (nur) für solche Unternehmen ausgesetzt wird, die staatliche Hilfeleistungen erwarten können. Voraussetzung ist also, dass diese Unternehmen Anträge auf staatliche Hilfsleistungen im Zeitraum vom 1.11. bis zum 31.12.2020 gestellt haben (November- bzw. Dezember-Hilfen) bzw. aus technischen Gründen bisher nicht stellen konnten.

Worauf Unternehmen jetzt achten müssen

Die Geschäftsleitungen der Unternehmen sollten jetzt bei „Zahlungsunfähigkeit“ die Drei-Wochen-Frist für den Eröffnungsantrag unbedingt beachten. Bei drohender „Überschuldung“ sollten die pandemiebedingten Gründe für die Krise zu Nachweiszwecken unbedingt schriftlich dokumentiert werden. Und schließlich ist zu prüfen, ob ein Antrag auf Auszahlung von staatlichen Hilfen bis zum 31.12.2020 (oder im Verlängerungszeitraum für die November-/Dezemberhilfe bis 31.1.2021) gestellt wird, um auch den Aufschub der Insolvenzantragsfrist bei Überschuldung noch bis zum 31.01.2021 nutzen zu können.

Bewertung der Fristverlängerung

Zugegeben: Die offiziellen Insolvenzzahlen spiegeln derzeit noch nicht die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie wider: Ende Juli 2020 verzeichnete das Statistische Bundesamt mal gerade 1369 Insolvenzanträge, das entspricht einem Rückgang gegenüber dem Vorjahr von 16,9 Prozent, bezogen auf die ersten sieben Monate im Jahr 2020 ein Minus von 7,8 Prozent.

Allerdings darf nicht übersehen werden, dass staatliche Transferleistungen, wie das Kurzarbeitergeld oder Corona-Finanzzuschüsse, etliche Unternehmen am Leben halten, . wegen der verzögerten Auszahlung von November-/Dezemberhilfen sowie Überbrückungshilfen vermutlich auch noch Anfang des Jahres 2021.

Aber was passiert, wenn diese Corona-Zuschussprogramme beendet sind?  Dann ist von einer Marktbereinigung auszugehen, weil viele Unternehmen nicht mehr das werden aufholen können, was sie während Lockdown-Zeiten an Boden verloren haben. So betrachtet wird die Verlängerung der Antragsfrist bis Ende Januar für viele zu einer „Galgenfrist“ – leider!

Quellen

Nachlassplanung bei Patchworkfamilien

Immer mehr Familien in Deutschland sind sogenannte Patchworkfamilien. Nach dem Statistischem Bundesamt sind in Deutschland etwa 10-13 % der Familien Stief- bzw. Patchworkfamilien. Hier gibt es die unterschiedlichsten Konstellationen teilweise bedingt durch ein Stiefmutterverhältnis oder einen Stiefvater bzw. nichteheliche Lebensgemeinschaften, die beiderseits Kinder in die Gemeinschaft einbringen. In der komplexen Patchworkfamilie leben sowohl gemeinsame Kinder als auch Kinder aus der vorherigen Partnerschaft im Haushalt.

Nachlassplanung erforderlich

Man sieht schon hier die Komplexität der Angelegenheit, wenn es um Geldangelegenheiten oder Erbschaften geht bzw. um eine vernünftige Nachlassplanung. Beim Erben und Vererben besteht die Gefahr, dass Kinder des jeweils anderen Partners benachteiligt werden. Dies auch im Falle eines Unternehmens-Bezugs. Um faire Lösungen zu finden, müssten grundsätzlich alle Beteiligten irgendwie einbezogen werden. Das passiert aber in der Praxis selten. Viele verschieben die Thematik einfach in die Zukunft und leben „in den Tag hinein.“ Weiterlesen

Corona-Hilfen: Eltern erhalten Entschädigung bei Kita- und Schulschließungen

Eltern haben Anspruch auf Entschädigung, wenn aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Kitaferien angeordnet oder verlängert werden oder die Präsenzpflicht in der Schule ausgesetzt wird. Einem entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages hat der Bundesrat am 18.12.2020 zugestimmt.

Hintergrund

Die Corona-Pandemie stellt auch Eltern bzw. Sorgeberechtigte bei der Betreuung von Kindern vor erhebliche Probleme. Wohin mit den Kindern, wenn Kitas oder Schulen aufgrund staatlicher Anordnungen geschlossen werden, der eigene Beruf es aber nicht zulässt, einfach zu Hause zu bleiben? Schon im Sommer hatte der Gesetzgeber das IfSG ergänzt und eine Entschädigungsregelung in § 56a Abs.1 IfSG eingefügt (Gesetz v. 20.7.2020, BGBl. I S. 1045). Jetzt hat der Gesetzgeber den Wortlaut um einen weiteren Entschädigungstatbestand erweitert, „wenn von der zuständigen Behörde aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien angeordnet oder verlängert werden oder die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben wird.“

Anspruch nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG)

Der Bundestag hat kurzfristig das Gesetz über eine Corona-Sonderzahlung für Besoldungs- und Wehrsoldempfänger (BT-Drs. 19/24839) ergänzt. Die Regelung sieht eine Entschädigung vor, wenn Eltern ihre Kinder aufgrund verlängerter Schul- oder Betriebsferien, ausgesetztem Präsenzunterricht oder Hybridunterricht zuhause betreuen müssen. Hierzu wurde der erst kürzlich ins IfSG eingefügte § 56a Abs.1 IfSG entsprechend ergänzt. Dabei gilt Folgendes: Weiterlesen

Restschuldbefreiung: Neustart nach Insolvenz wird erleichtert

Am 18.12.2020 hat der Bundesrat dem am Vortrag vom Bundestag beschlossenen Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens zugestimmt (BR-Drs.761/20 (B), BT-Drs. 19/21981, 19/25251, 19/25322). Überschuldete Unternehmen und Verbraucher sollen damit jetzt schneller aus der Insolvenz herauskommen.

Hintergrund

Mit der sog. Restschuldbefreiung können Schuldner nach der InsO unter bestimmten Voraussetzungen von nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern befreit werden. Das gibt ihnen dann die Chance auf einen wirtschaftlichen Neuanfang. Allerdings beträgt die Dauer eines solchen Restschuldbefreiungsverfahrens bislang sehr Jahre – eine sehr lange Zeit, die in den meisten Fällen verhindert, dass ein insolventes Unternehmen überhaupt nochmal auf die Beine kommt. Hinzu kommt, dass die geltende Regelung nicht mit einer EU-Regelung zu Restrukturierung und Insolvenz im Bereich der Entschuldung vereinbar ist. Das ändert sich jetzt.

Was ändert sich?

Gerade mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sollen „redliche Schuldner schneller die Möglichkeit für einen Neuanfang“ erhalten. Das bedeutet: Weiterlesen

Gewerbemietrecht in der Corona-Krise: Gesetzgeber begünstigt gewerbliche Mieter und Pächter

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates entschieden, dass in gewerblichen Miet-/Pachtverhältnissen ein „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ fingiert wird, wenn infolge staatlicher Maßnahmen trotz gravierender coronabedingter Umsatzausfälle die Miete oder Pacht in unveränderter Höhe gezahlt werden soll.

Hintergrund

Wenn aufgrund einer staatlichen Schließungsanordnung ein Gewerbetreibender sein Ladengeschäft nicht mehr öffnen darf und deshalb keinen Umsatz erzielt, ist „automatisch“ auch das Mietverhältnis zwischen Vermieter und Mieter betroffen. Die Gerichte haben bislang sehr unterschiedlich entschieden, ob in solchen Fällen staatlicher Anordnungen mit der Folge gravierender Umsatzeinbußen ein Mietmangel (§ 536 BGB) oder ein Wegfall der Geschäftsgrundlage vorliegt, der zur Anpassung des Miet-/Pachtzinses führt; ich hatte berichtet (s. Gewerbeimmobilien: Mietminderung wegen coronabedingtem Lockdown?). Jetzt hat der Gesetzgeber die Frage entschieden.

Was hat der Gesetzgeber entschieden?

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens für die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens (BT-Drs. 19/21981) ist erst durch Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (BT-Drs.19/25251 v. 15.12.2020, S. 22) der Vorschlag der Grünen für ein COVID-19-Insolvenzfolgen-AbmilderungsG (BT-Drs.19/18681) ins Gesetz eingefügt worden. Um während der Corona-Krise zu vermeiden, dass gewerbliche Mieter/Pächter trotz gravierender coronabedingter Umsatzausfälle in unveränderter Höhe die Miete/Pacht bezahlen müssen und damit insolvenzgefährdet sind, wird durch Art. 10 des Gesetzes nunmehr Art.240 EGBGB durch einen § 7 wie folgt ergänzt: Weiterlesen

Corona-Finanzhilfen: Ungleichbehandlung von erstmals von Schließung Betroffenen im Dezember?

Unternehmen und Selbständige, die erstmals seit 16.12.2020 von coronabedingten Schließungsmaßnahmen betroffen sind, erhalten keine pauschale Dezemberhilfe, sondern „nur“ Überbrückungshilfe III. Ist diese Ungleichbehandlung gerecht?

Hintergrund

Mit dem MPK-Beschluss vom 13.12.2020 werden die zunächst bis zum 20.12.2020 befristeten Beschränkungen und Schließungsverbote für die Zeit vom 16.12.2020 bis 10.1.2020 verlängert. Das bedeutet u.a.: Der Einzelhandel mit Ausnahme des Einzelhandels für Lebensmittel, der Wochenmärkte für Lebensmittel, Direktvermarktern von Lebensmitteln, der Abhol- und Lieferdienste, der Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, der Apotheken, der Sanitätshäuser, der Drogerien, der Optiker, der Hörgeräteakustiker, der Tankstellen, der Kfz-Werkstätten, der Fahrradwerkstätten, der Banken und Sparkassen, der Poststellen, der Reinigungen, der Waschsalons, des Zeitungsverkaufs, der Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte, des Weihnachtsbaumverkaufs und des Großhandels wird ab dem 16.12.2020 bis zum 10.1.2021 geschlossen.

Der Verkauf von non-food Produkten im Lebensmitteleinzelhandel, die nicht dem täglichen Bedarf zuzuordnen sind, kann ebenfalls eingeschränkt werden und darf keinesfalls ausgeweitet werden. Gleiches gilt in größerem Umfang für andere Gewerbezweige, die bislang nicht von Schließung betroffen waren, aber jetzt seit 16.12.2020 in gleicher Weise schließen müssen, z.B. Friseure.

Abweichende Dezemberhilfen für erstmals von Schließung betroffenen Gewerbetreibenden

Die Überbrückungshilfe III steht nach den MPK-Beschlüssen vom 13.12.2020 im Dezember 2020 für die Unternehmen zur Verfügung, die aufgrund des Beschlusses der MPK vom 13.12.2020 im Dezember zusätzlich, also – wie z.B. weite Bereiche des Einzelhandels ab 16.12.2020 „erstmals geschlossen“ werden. Der Kreis der antragsberechtigten Unternehmen umfasst dabei sowohl die direkt geschlossenen Unternehmen wie auch diejenigen Unternehmen mit einem sehr starken Geschäftsbezug zu den direkt geschlossenen Unternehmen (indirekt Betroffene).

Für diese Unternehmen gilt ein Förderhöchstbetrag von 500.000 Euro pro Monat. Es sollen Abschlagszahlungen entsprechend der Regelungen der außerordentlichen Wirtschaftshilfen (maximal 50.000 Euro) ermöglicht werden.

Allerdings: Anders behandelt werden die Gewerbezweige, die schon vor dem 16.12.2020 schließen mussten und auch für den restlichen Dezember geschlossen bleiben. Diese Betriebe erhalten (wie schon im November die „Novemberhilfe“ die sog. „Dezemberhilfe“: Diese wird nun – aufgrund der am 13.12.2020 von der MPK beschlossenen Verlängerung der Schließungen bis zum 10.1.2021 –  für die Dauer der Schließung im Dezember 2020 im Rahmen der Vorgaben des EU-Beihilferechts verlängert, also bis 31.12.2020.

Auswirkungen in der Praxis

Das bedeutet in der Praxis, dass alle von Schließungsanordnungen betroffenen Soloselbständigen, Einrichtungen und Unternehmen für den gesamten Monat Dezember 2020 nach den bisherigen Grundsätzen der „Novemberhilfe“ verlorene Zuschüsse bis 75 % des Vorjahresumsatzes ersetzt erhalten können. Diese pauschale Umsatzerstattung ohne konkreten Fixkostennachweis ist allerdings auf Dezember 2020 beschränkt. Für den Schließungszeitraum vom 1.1. bis 10.1.2021 kommt – für alle Gewerbetreibenden – eine Kompensation nur noch im Rahmen der Überbrückungshilfe III in Betracht.

Diejenigen, die im Dezember nicht unmittelbar von Schließungsanordnungen, aber von starken Umsatzrückgängen betroffen sind, können für den gesamten Dezember, also auch für den Zeitraum ab 16.12.2020 hingegen nur Überbrückungshilfe III beantragen.

Bewertung

Eine pauschale Umsatzerstattung bis zu 75 % des Vorjahresumsatzes für den gesamten Dezember 2020 stellt die schon vor dem 16.12.2020 besser als diejenigen, die erst ab 16.12.2020 schließen müssen. Denn Letztere erhalten keinen pauschalierten Umsatzausfall erstattet, sondern nur eine Fixkostenerstattung, die aber einen Umsatzausfall von mindestens 40 % voraussetzt und bei mehr als 70 % Umsatzausfall maximal 90 % der nachgewiesenen Fixkosten beträgt, in Ausnahmefällen höchstens bis zu 500.000 Euro/Monat.

Weil diesen Betrag nur die wenigstens Betriebe erreichen werden, viele nicht einmal die Zugangsvoraussetzungen des Mindestausfalls vom Umsatz erfüllen, ist die Mehrzahlt der Unternehmen, die seit 16.12.2020 schließen müssen, tendenziell benachteiligt: In Bezug auf die Nachweispflichten und in Bezug auf die Zuschusshöhe.

Ist diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt? Zunächst: Bei allen Corona-Finanzhilfen in Form von Zuschüssen handelt es sich um staatliche Subventionen, auf die bekanntermaßen kein Rechtsanspruch besteht. Richtig war auch das frühzeitige Signal der Politik, dass es jedenfalls ab Januar 2021 keine weitere Januarhilfe als pauschalen Umsatzausfallersatz geben kann – zu teuer.

Wenn der Staat sich aber zeitliche beschränkte prozentuale Umsatzerstattungen leistet, sollte er die von Schließungsmaßnahmen betroffenen Wirtschaftszweige auch gleich behandeln – auch wenn`s teuer wird. Das Gegenargument, dass bei von erstmals ab 16.12.2020 von Schließung betroffenen Unternehmen (wie Innenstadteinzelhandel ohne Lebensmittel) auch Sonderabschreibungen ermöglicht werden, überzeugt nicht: Denn Abschreibungen beinhalten einen Steuervorteil, der einen steuerlichen Gewinn voraussetzt – genau daran fehlt es aber derzeit….

Quellen:

MPK-Beschluss vom 13.12.2020:

Beschluss der Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 13. Dezember 2020 (bundesfinanzministerium.de)

Verbesserte Überbrückungshilfe III (BMF)

Für weitere Informationen lesen Sie unsere NWB Online-Nachricht v. 21.12.2020

Neue Tatsachen und grobes Verschulden im Zuge der Corona-Pandemie

Jens Spahn hat zu Beginn der Corona-Pandemie bekanntlich den Satz geprägt „Wir werden in ein paar Monaten einander wahrscheinlich viel verzeihen müssen“. Ob dieser Satz auch für das Steuerrecht gilt? Ich komme darauf, weil ich kürzlich wieder einmal einen Antrag nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO stellen durfte und bereits innerhalb weniger Tage und nahezu reflexartig die Antwort des Finanzamts erhalten habe, dass den Steuerpflichtigen ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der Tatsachen getroffen habe.

Nun gut, der Sachverhalt betraf einen Vorgang des Jahres 2018 und es wird sich zeigen müssen, ob das Finanzamt bei seiner Haltung bleiben kann. Ich frage mich aber, inwieweit ein „grobes Verschulden“ bei Sachverhalten des Jahres 2020 zu werten ist, genauer gesagt bei Erstellung der Steuererklärung im Jahre 2020. Weiterlesen

DIHK soll Körperschaft des öffentlichen Rechts werden – eine erste Bewertung

Das BMWi schlägt eine Reform des IHK-Gesetzes vor. Dabei soll auch der DIHK e.V. in einer Körperschaft des öffentlichen Rechts unter der Aufsicht des BMWi umgewandelt werden.

Was ist davon zu halten?

Hintergrund

Die 79 IHKn in Deutschland nehmen neben einer Vielzahl gesetzlicher übertragener Wirtschaftsverwaltungsaufgaben vor allem das wirtschaftliche Gesamtinteresse ihrer bundesweit rund 3,5 Mio. Gewerbetreibenden wahr, die gesetzliche Mitglieder der IHKn sind (§ 2 Abs.1 IHKG). Der Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK e.V.) nimmt als privatrechtlich organisierter Dachverband in der Rechtsform des eingetragenen Vereins die Interessen seiner Vereinsmitglieder, der deutschen IHKs, auf überregionaler Ebene wahr.

Der DIHK hat aber wie seine Mitgliedskammern die durch § 1 IHKG und die Rechtsprechung festgelegten Grenzen der IHKs zu beachten. Danach darf sich die Interessenswahrnehmung einer IHK nur auf Sachverhalte beziehen, die nachvollziehbare bzw. spezifische Auswirkungen auf die Wirtschaft im jeweiligen Bezirk der IHK haben. Hält er sich nicht daran, besteht nach der Rechtsprechung zugunsten der gesetzlichen Mitglieder auch ein grundrechtlicher Anspruch auf Austritt einer IHK aus einem Dachverband (BVerwG v. 23.3.2016 – 10 C 4.15).

Es war folglich ein Paukenschlag, als das BVerwG eine IHK verpflichtet hat, aufgrund wiederholt kompetenzüberschreitender Äußerungen der Vertreter des DIHK e.V. aus diesem auszutreten (v. 14.10.2020 – 8 C 23.19). Das Urteil kommt einem „wirtschaftspolitischen Maulkorb“ für den DIHK e.V. gleich. Weiterlesen