Heureka! Bundesrat stimmt Einführung des 49 Euro-Deutschlandtickets zu

Geschafft! Am 31.3.2023 hat der Bundesrat der vom Bundestag am 16.3.2023 beschlossenen Einführung des deutschlandweiten 49 Euro-Tickets zugestimmt. Damit kann das ÖPNV-Ticket wie geplant am 1.5.2023 an den Start gehen.

Hintergrund

Ich habe wiederholt im Blog berichtet: Das Deutschlandticket gilt ab 1.5.2023 zum Einführungspreis von 49 Euro im monatlichen kündbaren digitalen Abonnement. Ziel ist es, die Attraktivität des Regionalverkehrs zu steigern, einen Anreiz zum Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr zu schaffen, Energie zu sparen – und Bürgerinnen und Bürger finanziell zu entlasten. Im Jahr 2023 trägt der Bund die Hälfte der Mehrkosten, die den Ländern durch das neue Ticket entstehen. Bis 2025 beteiligt sich der Bund mit 1,5 Milliarden Euro jährlich an dem Vorhaben. Um die Finanzierung des 49-Euro-Tickets über 2025 hinaus dauerhaft zu sichern, ist für 2025 ein neues Gesetzgebungsverfahren geplant – dann auf Grundlage einer Auswertung der verkehrlichen und finanziellen Auswirkungen. Weiterlesen

Energie-Härtefallhilfeprogramm für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gestartet

Kleine und mittlere Unternehmen erhalten zusätzliche finanzielle Hilfen, wenn sie die Energiekrise besonders hart trifft. Jetzt hat das BMWK mitgeteilt, dass die Härtefallprogramme für KMU zur Linderung des Energiekostenanstiegs in den Ländern starten. Aber auch private Haushalte und Einrichtungen sollten jetzt nicht „durch den Rost fallen“.

Hintergrund

Im Dezember 2022 sind Gesetze für die Energiepreisbremsen bei Strom und Gas in Kraft getreten, die seit Januar 2023 (Industrie)unternehmen und Verbraucher bei den gestiegenen Energiekosten entlasten sollen. Mit den Gesetzen hat der Bundestag auch Härtefallhilfen für Zielgruppen beschlossen, die von den gesetzlichen Energiepreisbremsen nicht profitieren, aber in gleicher Weise von gestiegenen Kosten bei Strom, Gas/Wärme oder anderen Energieträgern betroffen sind.

Härtefallhilfen für KMU gestartet

Mit den Härtefallhilfen sollen stark gestiegene Mehrkosten für Energie, die trotz der umfangreichen bereits umgesetzten Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung im Einzelfall weiter bestehen bleiben, zusätzlich abgefedert werden. Umfasst sind sowohl leitungsgebundene als auch nicht leitungsgebundene Energieträger wie Öl, Flüssiggas oder Pellets.

Für die Umsetzung der Härtefallhilfen haben Bund und Länder inzwischen eine Verwaltungsvereinbarung abgestimmt, die die Durchführung der Förderung, die Zuweisung der Mittel an die Länder nach dem Königsteiner Schlüssel sowie die Prüfung und Erfolgskontrolle der Härtefallhilfen regelt. Die Einzelheiten der Programmausgestaltung legen die Länder fest, um insbesondere auch regionale Besonderheiten berücksichtigen und flankieren zu können. Die konkrete Auszahlung an die Betroffenen erfolgt ausschließlich über die Bundesländer und die zuständigen Bewilligungsstellen der Länder, bei denen die Mittel zu beantragt werden müssen. Einige Länder (etwa Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen) haben die Härtefallhilfen für KMU bereits gestartet, andere wollen in Kürze folgen.

Die Bereitstellung der Bundesmittel für die Härtefallhilfen für KMU erfolgt über den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, der für diesen Zweck bereits 400 Mio. Euro freigegeben hat. Hinsichtlich der Freigabe weiterer Mittel will der Haushaltsausschuss auch die weiteren finanziellen Beteiligungen aller Länder mit eigenen Landesmitteln berücksichtigen. Der Bund stellt den Ländern für den Härtefallfonds über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds insgesamt bis zu einer Milliarde Euro zur Verfügung.

Bewertung

Der Start des Härtefallfallfonds für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist zu begrüßen. Die Länder werden deshalb hoffentlich zeitnah flächendeckend dieses Programm umsetzen. Allerdings sollten die Länder auch die anderen Zielgruppen mit in den Blick nehmen. Denn

Hinzu kommen Härtefall-Regelungen für Haushalte und Einrichtungen, die durch die steigenden Energiepreise in besonderer Weise betroffen sind, z.B. für Mieterinnen und Mieter, Wohnungsunternehmen, soziale Träger, Kultur und Forschung. Auch hierfür muss der Bund jetzt zeitnah die erforderlichen Mittel bereitstellen.

Weitere Informationen:


 

 

Schlussabrechnung Corona-Soforthilfen und kein Ende: OVG Münster gibt Bewilligungsempfängern Steine statt Brot

Die Corona-Soforthilfen wurden in den ersten Monaten der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 als Billigkeitsleistung für kleine Betriebe und Freiberufler, die aufgrund der Corona-Krise in eine existenzielle Notlage geraten sind, gewährt und sollten dazu dienen, die Verbindlichkeiten aus dem erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten zu begleichen. Entgangene Umsätze und Gewinne konnten damit nicht ersetzt werden. Letztmalige Antragstellung war am 31.5.2020 möglich.

Die Corona-Soforthilfe wurde auf der Grundlage einer bei der Antragstellung getroffenen Prognose gewährt. Aufgrund des Bewilligungsbescheides ist der Soforthilfe-Empfänger dazu verpflichtet zu überprüfen, ob diese Prognose zu dem bei Antragstellung erwarteten Liquiditätsengpass auch tatsächlich eingetreten ist, oder ob die Soforthilfe – gegebenenfalls auch anteilig – zurückgezahlt werden muss. Einzelheiten regeln die für den Vollzug zuständigen Länder.

Worum ging es in den Streitfällen?

Die Kläger waren von den infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betroffen waren. Sie stellten im ersten Lockdown am 30.3. bzw. 1.4.2020 beim Land NRW einen Antrag auf Gewährung einer Corona-Soforthilfe. Mit Bewilligungsbescheiden vom jeweils gleichen Tag wurden ihnen Soforthilfen in Höhe von jeweils 9.000 € als einmalige Pauschale bewilligt und wenig später ausgezahlt.

Nachdem die Kläger bezogen auf den dreimonatigen Bewilligungszeitraum (März bis Mai 2020 bzw. April bis Juni 2020, je nach Zeitpunkt der Antragstellung) Einnahmen und Ausgaben rückgemeldet hatten, ergingen automatisiert Schlussbescheide. Darin wurde ein aus dem elektronischen Rückmeldeformular errechneter „Liquiditätsengpass“ festgestellt und die Differenz zwischen diesem und dem ausgezahlten Pauschalbetrag zurückgefordert. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat diese Schlussbescheide aufgehoben, andere Verwaltungsgerichte in NRW haben sich dem angeschlossen.

OVG Münster hebt Rückforderungsbescheide zwar auf….

Die erfolgten (Teil-)Rückforderungen von Corona-Soforthilfen sind nach Ansicht des OVG Münster (v. 17.3.2023 – 4 A 1986/22, Urteilsbegründung ausstehend) rechtswidrig und die Rückforderungsbescheide deshalb aufzuheben. Weiterlesen

Hinweisgeberschutz – zweiter Anlauf: Bundestag bringt Gesetzentwurf abermals auf den Weg

Am 17.3.2023 haben die Regierungsfraktionen einen weiteren Versuch im Bundestag unternommen, das Hinweisgebergesetz zu beschließen, das im Februar noch am Widerstand des Bundesrates gescheitert war. Jetzt droht ein neuer Konflikt zwischen Regierung und Opposition.

Hintergrund

Deutschland ist durch die EU-Richtlinie 2019/1937 zur Regelung des Hinweisgeberschutzes verpflichtet und befindet sich bereits in einem Vertragsverletzungsverfahren, weil es diese Richtlinie (RL) nicht fristgemäß umgesetzt hat. Ziel der RL und der Umsetzung in Deutschland ist, dass Hinweisgeber (sog. Whistleblower) auf Rechts- und Regelverstöße in Unternehmen und Behörden einfacher und ohne Angst vor Repressalien auf Missstände aufmerksam machen können.

Das ursprüngliche Hinweisgeberschutzgesetz hatte in der Sitzung des Bundesrates am 10.2.2023 keine Mehrheit gefunden, weil die Länder mit Regierungsbeteiligung von CDU und CSU ihre Zustimmung verweigert hatten. Begründet hatten die Unionsvertreter ihre Ablehnung insbesondere mit einer zu starken Belastung kleiner und mittlerer Unternehmen – ich habe im Blog berichtet.

Worum geht es beim Hinweisgeberschutz?

Kern des Gesetzentwurfes ist unverändert die Einrichtung von Meldestellen in Unternehmen, Behörden und Organisationen, an die sich Whistleblower wenden können. Diese sollen auch anonyme Meldungen bearbeiten und dazu eine anonyme Kommunikation zwischen Hinweisgebenden und Meldestellen ermöglichen. Geschützt sein soll auch, wer verfassungsfeindliche Äußerungen von Beamtinnen und Beamten meldet. Das soll auch für Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle gelten. Hinweisgeber, die Repressalien erleiden, sollen eine Entschädigung in Geld auch dann verlangen können, wenn es sich nicht um einen Vermögensschaden handelt.

Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitenden müssen eine interne Meldestelle einrichten. Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitenden können dabei Meldestellen gemeinsam aufbauen. Als externe Meldestelle soll, mit einigen Ausnahmen, das Bundesamt für Justiz dienen. Geschützt sein sollen nicht nur Beschäftigte der Unternehmen und Behörden, sondern etwa auch Beschäftigte von Zulieferern sowie Anteilseigner. Sofern ein Hinweisgeber nach einer Meldung berufliche Nachteile erfährt, sieht das Gesetz eine Beweislastumkehr zu Lasten des Arbeitgebers vor. Es wäre dann zu beweisen, dass die Benachteiligung nicht auf der Meldung beruhte. Wer allerdings vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Informationen meldet, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss für einen dadurch entstandenen Schaden haften.

Aufspaltung in zwei Gesetze – untauglicher Umgehungsversuch?

Der jetzt am 17.3.2023 neu eingebrachte Entwurf eines Hinweisgeberschutzgesetzes (BT-Drs. 20/5992) ist weitgehend identisch mit dem am 16.12.2022 vom Bundestag verabschiedeten Gesetzentwurf (BT-Drs. 20/4909). Allerdings nimmt es ausdrücklich Beamte der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Richterinnen und Richter im Landesdienst aus seinem Anwendungsbereich aus (§ 1 Abs. HinSchG-E). Weiterlesen

Update: Bundestag macht Weg frei für Deutschlandticket

Bahn frei! Der Bundestag hat am 16.3.2023 die Einführung des 49 € Deutschlandtickets zum 1.5.2023 beschlossen. Der Finanzierungsstreit zwischen Bund und Ländern bleibt.

Hintergrund

Im November/Dezember 2022 haben sich Bund und Länder im Anschluss an das auf drei Monate befristete 9 € Ticket im Jahr 2022 auf die Einführung eines 49 € Tickets im ÖPNV ab 2023 verständigt. Streit gab es dann aber im Bundesrat über die Finanzierung, insbesondere nach 2025 – ich habe im Blog berichtet.

49 € Ticket soll ab 1.5.2023 kommen

Das 49 € Ticket – auch Deutschlandticket genannt – soll ab dem 1.5.2023 gültig sein. Es ist ein digitales, deutschlandweit gültiges Nahverkehrsticket zu einem Einführungspreis von 49 € pro Monat, das in einem monatlich kündbaren Abonnement angeboten wird. Von 2023 bis 2025 beteiligt sich der Bund mit 1,5 Milliarden € pro Jahr an dem Vorhaben. Diese Mittel werden den Bundesländern als zusätzliche Regionalisierungsmittel an die Seite gestellt. In diesem Jahr trägt der Bund zudem 50 Prozent der gegebenenfalls anfallenden Mehrkosten bei der Einführung des Tickets. In welchem Umfang das für 2023 tatsächlich der Fall sein wird, wird im Nachhinein in 2024 festgestellt. Alle Anträge der Opposition wurden mit der Stimmenmehrheit der Regierungsfraktionen abgelehnt.

Dauerhafte Finanzierung des Deutschlandtickets weiter offen

Ungeklärt ist weiterhin, wie es mit der Finanzierung nach 2025 weitergehen soll. Weiterlesen

Endlich: Energiepreispauschale (EEP) für Studierende kann ab sofort beantragt werden

Mehr 3,5 Mio. Studierende und Fachschüler/innen an deutschen Ausbildungsstätten können aufatmen: Die einmalige EEP kann seit gestern (15.3.2023) endlich beantragt werden.

Hintergrund

Nach der mit dem Steuerentlastungsgesetz vom 23.5.2022 (BGBI 2022 I S. 749) beschlossenen einmaligen steuerpflichtige Energiekostenpauschale (EEP) von 300 Euro und der Ausweitung der EEP für Rentner und Versorgungsempfänger (Rentenbeziehende-Energiepreispauschalengesetz – RentEPPG, BGBl 2022 I S.1985) wurde mit dem EPPSG vom 16.1.2022 (BGBl 2022 I S. 2357) mit Wirkung vom 21.12.2022 auch eine einmalige EEP für Studierende und Fachschüler in Höhe von 200 Euro beschlossen, das Antrags- und Auszahlungsverfahren sollte „noch im Winter 2022/23 beginnen“. Ziel ist es, Studierende sowie Fachschülerinnen und Fachschüler mit einer Einmalzahlung bei den gestiegenen Lebenshaltungskosten zu entlasten. Dazu habe ich mehrfach im Blog berichtet

BMBF gibt Startschuss für Antragsverfahren

Manche hatten die Hoffnung schon fast aufgegeben, jetzt hat das BMBF doch Wort gehalten:  Weiterlesen

Bundeskabinett beschließt Verordnung zur Differenzbetragsberechnung bei Energiepreisbremsen – was bedeutet das?

Am 1.3.2023 hat das Bundeskabinett auf Vorschlag des BMWK eine Verordnung zur Anpassung der Berechnung des Differenzbetrages bei den Energiepreisbremsen beschlossen. Was haben Verbraucher davon?

Hintergrund

Seit 1.3.2023 gelten – auch mit Rückwirkung auf den 1.1.2023 – die vom Gesetzgeber im Dezember 2022 beschlossenen Energiepreisbremsen, die Industrie, KMU und Letztverbraucher von gestiegenen Energiekosten entlasten sollen – ich habe berichtet. In der öffentlichen Diskussion wird immer wieder Intransparenz des Regelungsgeflechts beklagt, vor allem bei Privatverbrauchern: Wie kommt die Preisbildung eigentlich zustande und welche Kontrollmechanismen gibt es?

Was ist der Differenzbetrag?

Das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) und das Strompreisbremsengesetz (StromPBG) sehen für ausgewählte Kundengruppen die Berechnung des sog. Differenzbetrages vor. Der Differenzbetrag ist eine zentrale Stellschraube, um die Höhe der Entlastungen der Strom-, Erdgas- und Wärmekunden durch die Energie-Preisbremsen zu ermitteln. Er ergibt sich aus der Differenz zwischen dem – in der Regel vertraglich – vereinbarten Arbeitspreis der Kundinnen und Kunden mit ihrem Energieversorger und den in den Preisbremsen-Gesetzen festgelegten Referenzpreisen für Strom, Gas oder Wärme. Weiterlesen

Update 49 Euro-Deutschlandticket: Scheitert die Einführung am Finanzierungsstreit?

Am 1.5.2023 soll endlich das lange umstrittene 49 Euro-Deutschlandticket im ÖPNV starten. Der Bundesrat hat jetzt im Gesetzgebungsverfahren Forderungen erhoben, die die Bundesregierung ablehnt. Scheitert das Deutschlandticket am Ende an der Finanzierungsfrage?

Hintergrund

Ich habe gerade erst berichtet: Als Reaktion auf Inflation und Energiepreise hat der Bund von Juni bis August 2022 das sog. 9 Euro-Ticket im Personennahverkehr eingeführt. Bund und Länder haben als Nachfolger im November bzw. Dezember 2022 die Einführung eines digitalen Deutschlandtickets für den öffentlichen Personennahverkehr zu einem Preis von 49 Euro/Monat per Abo und monatlich kündbar beschlossen. Starttermin soll – vorbehaltlich der Zustimmung der EU-Kommission – der 01.5.2023 sein. Arbeitgeber und Finanzverwaltung bereiten sich jetzt schon auf die lohnsteuerlichen Folgen vor, wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Zuschüsse für das 49 Euro-Ticket zahlen.

Streit zwischen Bundesrat und Bundesregierung eskaliert

Der entsprechende Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes (BT-Drs. 20/5548) wurde erstmals am 9.2.2023 im Bundestag behandelt, die abschließenden Beratungen sind für den 16.3.2023 geplant. Doch inzwischen droht massiver Ärger: Weiterlesen

Nachtarbeitszuschläge auf dem Prüfstand – BAG mit weiterem Urteil zu „equal pay“

Am 20.2.2023 hat das BAG (10 AZR 332/20) zu unterschiedlich hohen tariflichen Nachtarbeitszuschlägen entschieden, dass diese zulässig sind, wenn ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gegeben ist und dieser aus dem Tarifvertrag erkennbar ist.

Das Grundsatzurteil hat Signalwirkung für Tausende weiterer Klagen, die bundesweit vor Arbeitsgerichten anhängig sind.

Worum es im Streitfall ging erfahren Sie in der NWB Online-Nachricht: Arbeitsrecht | Verschieden hohe tarifliche Zuschläge bei regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit.

Wie hat das BAG entschieden?

Jetzt hat das BAG geurteilt: Eine Regelung in einem Tarifvertrag, die für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Zuschlag vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit, verstößt dann nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn – erstens – ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gegeben ist, der -zweitens – aus dem Tarifvertrag erkennbar sein muss. Ein solcher kann darin liegen, dass mit dem höheren Zuschlag neben den spezifischen Belastungen durch die Nachtarbeit auch die Belastungen durch die geringere Planbarkeit eines Arbeitseinsatzes in unregelmäßiger Nachtarbeit ausgeglichen werden sollen.

Im Streitfall werden zwar Arbeitnehmer ungleich behandelt, indem für unregelmäßige Nachtarbeit ein höherer Zuschlag gezahlt wird als für regelmäßige Nachtarbeit. Für diese Ungleichbehandlung ist aber ein aus dem MTV erkennbarer sachlicher Grund gegeben. Der MTV beinhaltet zunächst einen angemessenen Ausgleich für die gesundheitlichen Belastungen sowohl durch regelmäßige als auch durch unregelmäßige Nachtarbeit und hat damit Vorrang vor dem gesetzlichen Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG.

Daneben bezweckt der MTV aber auch, Belastungen für die Beschäftigten, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten, wegen der schlechteren Planbarkeit dieser Art der Arbeitseinsätze auszugleichen. Den Tarifvertragsparteien ist es wegen der Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) nicht verwehrt, mit einem Nachtarbeitszuschlag neben dem Schutz der Gesundheit weitere Zwecke zu verfolgen. Dieser weitere Zweck ergibt sich aus dem Inhalt des MTV. Eine Angemessenheitsprüfung im Hinblick auf die Höhe der Differenz der Zuschläge erfolgt nicht. Es liegt im Ermessen der Tarifvertragsparteien, wie sie den Aspekt der schlechteren Planbarkeit für die Beschäftigten, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten, finanziell bewerten und ausgleichen.

Welche Bedeutung hat das Urteil für die Praxis?

Das BAG-Urteil dürfte Signalwirkung für rund 6.000 arbeitsgerichtliche Klagen haben, die nach Schätzung derzeit anhängig sind, rund 400 allein beim BAG. Die Erwartung vieler Arbeitnehmer, dass ihre Nachtzuschläge vereinheitlicht und angehoben werden, wird offenbar nicht in Erfüllung gehen. Denn neben dem Gesundheitsschutz können die Tarifvertragsparteien mit der Höhe der Nachtzuschläge weitere Zwecke verfolgen, sagt das BAG.

In drei weiteren Entscheidungen vom 22.2.2023 hat das BAG (10 AZR 379/20, 10 AZR 461/20; 10 AZR 397/20) ebenfalls entschieden, dass nach Auslegung der betroffenen MTV mit den höheren Zuschlägen bei unregelmäßig auftretender Nachtarbeit neben dem spezifischen Ausgleich für die Nachtarbeit die zusätzlichen Belastungen durch die fehlende Planbarkeit solcher Arbeitseinsätze ausgeglichen werden sollen.

Diese Entscheidungen sind nun Richtschnur für alle weiteren arbeitsgerichtlichen Verfahren, in denen es um die unterschiedliche Höhe von Nachtarbeitszuschlägen geht.

 

Update Energiepreisbremsen: BMWK schafft mehr Transparenz für Verbraucher

Seit dem 1.3.2023 stellt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) über die dena eine kostenfreie Telefonhotline zur Beratung über die Energiepreisbremsen unter der Nummer 0800-78 88 900 zur Verfügung. Eine nützliche Informationsquelle, wenn die Hotline funktioniert.

Hintergrund

Ich habe bereits im Blog berichtet: Am 1.3.2023 sind die Gas-/Wärmepreisbremse nach dem EWPG und die Strompreisbreme nach dem StromPBG wirksam geworden. Mit den Preisbremsen sollen Verbraucher, KMU und Industrieunternehmen bei gestiegenen Energiekosten für leitungsgebundenes Gas bzw. Strom entlastet werden. Weiterlesen