Serie Reformen der Abschlussprüfung (Teil 1): Abschaffung des Haftungsprivilegs für Wirtschaftsprüfer?

Durch die Reformen des Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) hat sich auch in der Abschlussprüfung einiges verändert. Da die Reformen jedoch aufgrund der anstehenden Bundestagswahl im letzten Jahr parallel zur Aufarbeitung des Wirecard-Skandals im Untersuchungsausschuss erfolgt sind, bedarf es weiterer Diskussionen. Das Thema Joint Audit hatte ich bereits an mehreren Stellen diskutiert.

In dieser kleinen Reihe möchte ich weitere Themen betrachten und mit der Frage starten, ob das Haftungsprivileg für die Wirtschaftsprüfung abgeschafft werden sollte. Bevor ich in die Diskussion einsteige, erlauben Sie mir ein paar einleitende Worte: Die separat diskutierten Themen sollten meines Erachtens bei einer Diskussion beispielsweise im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages jedoch zusammengefasst erfolgen. Was bedeutet dies? Wenn wir über eine weitere Haftungsausweitung sprechen, sollte auch das Thema Honorar des Abschlussprüfers betrachtet werden. Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Präventionsmaßnahmen – Integration von Fraud Risiken ins Risikomanagement

Besonderheiten bei Top Management Fraud

Durch die Gesetzesreformen im Zuge des Wirecard-Skandals kommt dem Risikomanagement eine größere Bedeutung zu. Bedauerlich, dass dafür erst ein Skandal in diesem Ausmaß erforderlich war bzw. ist. Doch schauen wir uns in diesem Beitrag genauer an, wie Unternehmen durch die Integration von Fraud Risiken zur Prävention gegen Bilanzmanipulationen nutzen können.

Zunächst bedarf es der Identifikation der Fraud Risiken. Auch wenn wir uns hier auf das Risiko für Bilanzmanipulationen fokussieren: Fraud Risiken sind weitaus mehr als „nur“ das Risiko für Bilanzmanipulationen. Auch Korruption und Vermögensveruntreuung zählen beispielsweise dazu. Unternehmen müssen zunächst im Risikomanagement die relevanten Fraud Risiken identifizieren.

Was bei der Identifikation der Risiken wichtig ist

Ausgangspunkt für die Erweiterung des Risikomanagements auf Fraud-Risiken ist die strukturierte Erfassung. Die Identifikation der Fraud Risiken kann beispielsweise anhand der drei Risikokategorien erfolgen: Weiterlesen

Fortsetzung der einstufigen Bilanzkontrolle: Was die Bafin bereits getan hat und noch tun sollte (Teil 2)

Was ist denn nun eigentlich mit den Lehren aus Wirecard? Man liest gar nichts mehr. Diese Frage wird mir oft gestellt, da ich mich nicht nur mit Wirecard, sondern auch den Gesetzesreformen intensiver beschäftigt habe. Auch der Finanzausschuss im Bundestag hatte mich zu den Reformen gehört. In der Sitzung war auch der neue Präsident Mark Brason anwesend.

Sicherlich ist es an der ein oder anderen Stelle etwas „ruhiger“ geworden. Man könnte auch sagen: Das Tempo der Meldungen, für die sich die breite Masse interessiert, ist gesunken. Nun geht es vielmehr um langfristige Veränderungen und Reformen. Doch es passiert sicherlich auch vieles eher im Hintergrund und wird nicht so wahrgenommen wie die ersten Meldungen, dass bei Wirecard 1,9 Mrd. EUR „fehlen“ würden.

Ich bin weiterhin „dran“ und verfolge, wie die Versprechungen und Gesetzesreformen umgesetzt werden. Auch bei mir ist das Tempo wieder auf einem normaleren Niveau angekommen. Solche Gesetzesreformen benötigen Zeit, wie auch die Neuaufstellung der Bafin und die Umsetzung dessen.

Neuaufstellung des Hinweisgebersystems bei der Bafin

Sie kennen sicherlich alle die Nachricht, die bei Wirecard durch die Presse ging: Ein Englisch sprechender Hinweisgeber zu Wirecard wurde mangels Englischkenntnissen abgewimmelt. Wie die Erfahrung zeigt, werden viele Bilanzskandale durch Hinweisgeber aufgedeckt. Dies hat sicherlich mitunter auch dazu geführt, dass das Hinweisgebersystem der Bafin im vergangenen Jahr neu aufgestellt wurde.

Die Bafin hat die sog. Market Contact Group neu geschaffen und dort ein Hinweisgebersystem angesiedelt. Weiterlesen

Fortsetzung der einstufigen Bilanzkontrolle: Was die Bafin bereits getan hat und noch tun sollte (Teil 1)

Seit dem 1. Januar 2022 ist die Bilanzkontrolle nun allein bei der Bafin angesiedelt. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) ist nun Geschichte. Seit dem Zusammenbruch von Wirecard im Sommer 2020 – der den Anlass für die Reform gegeben hat – ist einiges passiert. Ob die Bafin nun „mehr Biss“ hat, wird sie erst beweisen müssen. Ein genauerer Blick auf die Website zeigt jedoch, dass sich einiges verändert hat. Allerdings müssen sich die verstärkten Instrumente erst noch in der Praxis beweisen.

Umbau aufs einstufige System bei der Bafin

Die Bafin hat die Gruppe „Bilanzkontrolle“ personell verstärkt. Das veröffentlichte Organigramm wurde im Dezember 2021 zuletzt aktualisiert. Demnach gibt es nunmehr vier Referate bei der Gruppe Bilanzkontrolle. Im Journal vom Dezember 2021 hat die Bafin dazu angegeben, dass 60 Mitarbeiter in der Bilanzkontrolle beschäftigt sein sollen. So, wie dies beschrieben wird, wird der Eindruck erweckt, dass noch nicht alle Stellen besetzt sind. Dies mag mitunter auch daran liegen, dass bisher nur etwa die Hälfte an Personal in diesem Tätigkeitsfeld arbeitete. Dabei sind die Mitarbeiter der abgeschafften DPR schon einbezogen.

Die Aufteilung der Bilanzkontrolle erfolgt in die folgenden vier Referate:

  1. Stichproben- und Anlassprüfungen, Grundsatz, Standards (Referat BilKo 1)
  2. Stichproben- und Anlassprüfungen, Marktrecherche/Prüfungsplanung (Referat BilKo 2)
  3. Stichproben- und Anlassprüfungen, Internationales (Referat BilKo 3)
  4. Stichproben- und Anlassprüfungen, TUG (Referat BilKo 4)

Alle vier Referate haben somit die Bilanzkontrolle als ihre Kernaufgabe. Die weiteren Aufgaben werden jeweils von einem der vier Referate übernommen. Weiterlesen

HV-Saison 2022: Hinweise des IDWs für die Erstellung der Vergütungsberichte

Ein spannendes Thema steht uns dieses Jahr auf den Hauptversammlungen bevor: Die Unternehmen müssen erstmals für das vergangene Geschäftsjahr einen Vergütungsbericht offenlegen. Da ist einiges an Zündstoff, der zu kritischen Diskussionen führen kann, denn die Unternehmen werden durch § 162 AktG dazu verpflichtet, die Vergütungen jedes einzelnen Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedes offenzulegen – inklusive des variableb und fixeb Anteils als Beispiel. Spannend werden dürfte vor allem auch der variable Anteil der Vergütung aufgrund von langfristigen Erfolgskriterien.

Das IDW hat am 22. Dezember 2021 ein Arbeitspapier veröffentlicht, das Hinweise für die praktische Umsetzung der Anforderungen an den Vergütungsbericht beantwortet und damit den Unternehmen als Unterstützung dienen soll, denn nicht alle Details sind gesetzlich geregelt bzw. definiert. Eine erste Best-Practice wird sich daher erst herauskristallisieren. Weiterlesen

Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten – Prüfung durch TÜV-Ingenieure?

Fortsetzung der Diskussion dank einer Leserrückmeldung

Braucht es Fachprüfer für Nachhaltigkeitsberichte? Mit dieser Frage hatte ich mich in einem Beitrag im November bereits beschäftigt. Ein aufmerksamer Leser hat dazu eine interessante Fragestellung aufgeworfen, die ich an dieser Stelle gerne diskutieren möchte.

Ich hatte darauf aufgesetzt, dass Wirtschaftsprüfer sich weiter qualifizieren, um eine besondere Expertise bei der Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten zu haben. Die Anregung des Lesers:

„Ich würde aber eher ein Wirtschaftsingenieursstudium erwarten als ein BWA-Studium mit Schwerpunkt Steuern und Rechnungslegung, um die geforderten Angaben nach dem EFRAG-Climate-Prototype zu verstehen und die gemachten Angaben überprüfen zu können. Daher hätte ich diese Prüfung eher beim TÜV oder der DEKRA angesiedelt, aber nicht bei dem Jahresabschlussprüfer.“

Wie die Umsetzung möglich wäre
Ein interessanter Aspekt, über den man nachdenken sollte. Doch was würde dies praktisch bedeuten? Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Präventionsmaßnahmen – Compliance auf den Prüfstand stellen

Haben Sie auch gute Vorsätze für das neue Jahr? Wie schnell wir wieder auf dem Boden der Tatsachen landen und unsere guten Vorsätze doch nicht so eng sehen, zeigt sich meistens sehr schnell. Auch für Unternehmen ist der Jahreswechsel eine gute Möglichkeit, mit neuen Vorsätzen ins neue Jahr zu starten. Wie wäre es in diesem Fall damit, endlich das Compliance-System auf den Prüfstand zu stellen?

Nicht erst warten, bis etwas passiert

Sicherlich gibt es – wie so oft – dringendere Aufgaben, die erledigt werden müssen. Doch der Fall des badischen Finanzdienstleisters Grenke im Herbst 2020 hat gezeigt: Unternehmen sollten nicht erst warten, bis sie von einem Shortseller mit Vorwürfen konfrontiert und attackiert werden. Der Aktienkurs des Unternehmens ist noch immer deutlich geringer als vor den Ereignissen.

Das Vertrauen der Anleger muss das badische Unternehmen erst wieder zurückgewinnen. Weiterlesen

Mehr Fortschritt wagen: Was bringt der Koalitionsvertrag für Wirtschaftsprüfer, Anleger und Unternehmen?

Fortschritt muss sich erst noch zeigen

Seit wenigen Wochen haben wir eine neue Bundesregierung. Das Regierungsprogramm liegt auf dem Tisch. Jetzt kann die Umsetzung beginnen. Das knapp 200 Seiten umfassende Papier steht unter dem Motto „Fortschritt wagen“. Hoffen wir, dass dieses auch in die Tat umgesetzt wird. Die Zukunft wird zeigen, ob es am Ende zu einer tatsächlichen Verbesserung des Status quo kommen wird.

Auf jeden Fall sollte dringend gehandelt werden: Die ersten Gesetzesreformen nach dem Wirecard-Skandal sind so nicht ausreichend. Um den Anschluss an die Digitalisierung nicht ganz zu verpassen, ist auch die langfristige gesetzliche Regelung moderner Formen der Hauptversammlung (virtuell, hybrid) dringend erforderlich.

Was plant die neue Bundesregierung für Wirtschaftsprüfer, Anleger und Unternehmen? Weiterlesen

Reform der Abschlussprüfung: Joint Audit als Ausweg aus allen Problemen?

Hausaufgaben für die neue Bundesregierung

Auf die neue Bundesregierung kommt viel Arbeit zu. Damit meine ich nicht nur aktuell brennende Themen wie die Pandemie und den Klimawandel. Im Vergleich dazu vermag die Reform der Abschlussprüfung eher weniger dringlich erscheinen. Doch das im Mai 2021 beschlossene FISG ist so nicht ausreichend, um ein zweites Wirecard zu verhindern.

Die Reform der Abschlussprüfung und eine weitere Verschärfung der Gesetze wird dies allein nicht verhindern. Da es jedoch viele verschiedene Facetten gibt, möchte ich mich in diesem Beitrag auf die Abschlussprüfung fokussieren.

Status quo: Gefahr der Verschärfung der Marktkonzentration

Die geänderten Regelungen werden nicht dazu beitragen, die ohnehin schon hohe Marktkonzentration auf dem Prüfermarkt zu verringern. Ganz im Gegenteil: Es besteht eher das Risiko, dass sich diese weiter verschärft. Durch die Verschärfung der Haftung besteht die Gefahr, dass einige Prüfungsgesellschaften aus dem Markt aussteigen. Weiterlesen

Die DPR ist bald Geschichte – ein Abschiedsbrief

Das Jahresende naht. Für die DPR bedeutet dies, dass sie die letzten Tage ihrer Existenz erlebt. Aus diesem Anlass folgt nun ein Abschiedsbrief.

Liebe DPR,

bald wirst du Geschichte sein. Du bist dem Wirecard-Skandal zum Opfer gefallen. Wie so viele. Doch leider warst du von Anfang an so aufgestellt, dass du bei Fällen wie Wirecard machtlos warst. Du hattest lediglich 15 Mitarbeiter, die für die Prüfung von mehreren hundert Unternehmen zuständig waren. Wie soll dies denn gestemmt werden können? Leider habe ich nie etwas darüber erfahren, wer deine Mitarbeiter waren und welche Kompetenzen sie hatten. In der Öffentlichkeit wurde immer nur dein Präsident kritisiert.

Dein Präsident war gleichzeitig Prüfungsausschussvorsitzender von großen börsennotierten Unternehmen, die von dir geprüft wurden. Dass es hier keine Interessenskonflikte geben soll, ist für mich leider nur schwer verständlich. Doch hatte ich auch nicht den Eindruck, dass die Kritik diesbezüglich von dir wirklich ernst genommen wurde. Weiterlesen