Virtuelle Hauptversammlungen als New Normal? – Lehren aus den letzten drei Pandemie-Jahren

Gehen wir zurück in den Sommer 2019. In diesem Jahr fanden letztmals alle Hauptversammlungen als Präsenzveranstaltung statt. Wer hätte gedacht, dass die nächsten drei Jahre fast alle Hauptversammlungen virtuell stattfinden. Kritisch zu sehen ist aus Anlegersicht die Einschränkung der Aktionärsrechte beim virtuellen HV-Format.

Wird es auch in der Zukunft kaum mehr Präsenz-Hauptversammlungen geben? Denn kürzlich hat die Bundesregierung ein Gesetz beschlossen, dass Unternehmen auch nach der Pandemie die virtuelle Durchführung der Hauptversammlung ermöglicht. Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Hauptversammlung der Adler Group liefert mehr Fragen als Antworten

20 Minuten und 20 Sekunden. So lange dauerte die Hauptversammlung der Adler Group letzte Woche. Und dass, obwohl sich die Ad-hoc-Meldungen seit Fristende der Einreichung von Fragen abgelaufen war: Einleitung eines Squeeze-out, Einleitung einer Prüfung durch die Bafin – um einige wichtige zu nennen. Vorgestellt wurden die Zahlen des nicht testierten Abschlusses. Das KPMG das Testat verweigert hat, wurde aus meiner Sicht als „Nebensache“ dargestellt. Für 2022 wird schließlich ein uneingeschränktes Testat angestrebt, wie der Verwaltungsratsvorsitzende Kirsten in den letzten Wochen mehrfach betont hat.

Kein Interesse an Austausch mit Aktionären auf der Hauptversammlung

Das Beispiel der Adler Group zeigt leider auch sehr gut, wie die Aktionärsrechte eingeschränkt werden können. Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Weiterhin Unruhe bei der Adler Group – Bilanzkosmetik durch Wertsteigerung der Immobilien sorgt nicht mehr für einen Gewinn

Kurze Analyse der aktuellen Lage und des Quartalsberichtes

Bei dem SDAX-Konzern kehrt weiterhin keine Ruhe ein: In den letzten Wochen gab es zunehmend Informationen in der lokalen Presse, in der über fehlendes Vorankommen prestigeträchtiger Projekte u.a. in Hamburg, Berlin und Düsseldorf berichtet wurde. Mit der Hansestadt Hamburg hat Adler nun auch Stress: Die Stadt prüft, inwieweit sie handeln kann, damit auf dem Holsteiner Quartier irgendwann auch tatsächlich Wohnungen gebaut werden.

Bundesweit häufen sich nach einem Bericht in der NZZ auch die Klagen über stockende Projekte. Die Staatsanwaltschaft bereits Ermittlungen aufgenommen. Die Ergebnisse des ersten Quartals 2022 sind keinesfalls so erfreulich, wie dies in der Pressemitteilung vom 30. Mai 2022 beschrieben wird. Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Was die Causa Adler von Wirecard unterscheidet

Eigentlich sollte der Beitrag für Mai schon längst erschienen sein. Doch der Fall der Adler Group hat mir meinen Zeitplan durcheinandergewirbelt. Was ist passiert? Handelt es sich wirklich um einen Bilanzskandal? Warum ist der Fall nicht so eingebombt wie im Sommer 2020 der Causa Wirecard? Die Antworten dazu gibt es in meinem Blogbeitrag.

Was in den letzten Wochen passiert ist

Der Bericht der Sonderuntersuchung von KPMG wurde am 22. April 2022 veröffentlicht. Die Sonderuntersuchung wurde im vergangenen Jahr übrigens beauftragt, weil der Shortseller Fraser Perring dem Unternehmen Bilanzmanipulationen vorgeworfen hatte. In dem Bericht von KPMG zeigte sich unter anderem, dass es bei der Bewertung der Immobilien zwischen KPMG und Adler einige Differenzen gegeben hat. Und dabei wurden nur ein Teil der Projekt- und Wohnimmobilien analysiert. Das Problem dabei? Der Zeitwert wurde von KPMG geringer bewertet als von Adlers Gutachtern. Dabei geht es um immerhin ca. 700 Mio. € – ein nennenswerter Betrag für das SDAX-Unternehmen.

Zu diesem Zeitpunkt war die spannende Frage: Würde Adler am 30. April wie angekündigt einen testierten Geschäftsbericht für das Jahr 2021 vorlegen? Die Antwort dazu gab es am Freitagabend. Weiterlesen

Umbruch bei der Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums durch den BFH?

Im Blog hatte ich mich schon verschiedentlich mit dem Dauerbrenner „wirtschaftliches Eigentum“ befasst. Nicht nur, aber gerade die Cum-Ex-Problematik hat die Bedeutung des Themas gezeigt und war aktuell wieder Anlass für ein BFH-Urteil (I R 22/20 v. 2.2.2022).

Die Entscheidung wirft die Frage auf, ob und welche Auswirkungen das im Leitsatz verwendete Argument eines „modellhaft aufgelegten Gesamtvertragskonzepts“ für die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums haben kann. Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Gefährdete Bilanzposten durch die digitale Transformation

Innovationen. Disruption. Innovative Geschäftsmodelle. Begriffe, die nicht nur in den Medien immer wieder auftauchen. Auch bei der Analyse von Bilanzen kommt dem sog. immateriellem Vermögen eine immer größere Bedeutung zu. Das Interesse daran ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Auch mir liegt das Thema sehr am Herzen, denn schließlich habe ich darüber meine Dissertation geschrieben. Ich habe mich zwar sehr gefreut, als ich endlich das Buch und den Titel in der Hand hielt. Doch freut es mich umso mehr, dass das Thema an Aktualität nicht verloren hat, ganz im Gegenteil.

Leider ist das immaterielle Vermögen daher auch immer anfälliger, manipuliert zu werden. Denn anders als bei materiellem Vermögen wie beispielsweise Maschinen und Gebäuden, hat es keine physische Substanz und die Bewertung ist deutlich komplexer. Auch im Falle von Wirecard haben nicht nur die in der Bilanz ausgewiesenen 1,9 Milliarden Euro nicht in der Höhe des Buchwertes existiert. Insbesondere auch beim immateriellen Vermögen ist die Frage, inwieweit dieses werthaltig ist.

Was haben die Fälscher gemacht?

In dem Fall, den ich Ihnen mitgebracht habe, geht es um das Thema Entwicklungskosten. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen diese im HGB aktiviert werden. Sofern die Entwicklungsleistungen nicht selbst erbracht, sondern an Dritte ausgelagert wird, besteht dieses Problem nicht. Weiterlesen

Virtuelle Hauptversammlungen: Was bringt der RefE des BMJ?

Anfang Februar hat das BMJ seinen Referentenentwurf zur Einführung von virtuellen Hauptversammlungen vorgelegt.

Hintergrund

Selten schritt die Digitalisierung so schnell voran wie während der Corona-Pandemie. Auch vor dem Abhalten von Hauptversammlungen machte diese Entwicklung (notgedrungen) nicht halt. So hatte die Bundesregierung in 2020 die Möglichkeit geschaffen, Hauptversammlungen ausschließlich im virtuellen Format zu gestalten. Trotz Kontaktbeschränken war es den Gesellschaften so möglich, ihre Hauptversammlungen abzuhalten. Die bis Ende 2021 befristete Sonderregelung war aufgrund des Pandemiefortschreitens bis 31.08.2022 verlängert worden.

Virtuelle Hauptversammlungen per Gesetz ermöglichen

Vor dem Hintergrund der grundsätzlich positiven Erfahrungen mit virtuellen Hauptversammlungen plant das BMJ, die virtuelle Hauptversammlung als dauerhafte Regelung im Aktiengesetz einzuführen. Zu diesem Zweck hat das BMJ einen Referentenentwurf veröffentlicht. Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Rechnungen zeitlich vorverlegen – so wurde es gemacht

Die Ausstellung von Scheinrechnungen ist ein „beliebtes“ Mittel bei der Manipulation von Bilanzen. Doch in einigen Fällen werden Rechnungen einfach „nur“ zeitlich nach vorne verlagert, ohne dass bereits eine Leistung erbracht wurde. Frei nach dem Motto: „Lieber heute etwas mehr Umsatz. Was morgen passiert, werden wir dann sehen.“

Mit dem Thema Vorfakturierung von Rechnungen möchte ich wieder zurück zum Thema der Serie, bei dem wir uns die Vorgehensweise der Täter aus Fällen der Vergangenheit genauer anschauen. Stimmt, es ist schon ein Weilchen her, dass ich darüber geschrieben habe. Im Sommer 2020 hatte der Wirecard-Skandal alles durcheinandergewirbelt. Das meine Serie zum Thema Bilanzskandale so lange monatlich erscheinen wird, hatte ich mir beim ersten Beitrag gar nicht vorstellen können. Dieser liegt nun schon mehrere Jahre zurück. Doch vor dem 18. Juni 2020 war ich – wie so viele – sehr vorsichtig mit öffentlichen Äußerungen hinsichtlich Wirecard und möglicher Bilanzmanipulationen. Die Geschichte von Dan McCrum sagt dazu alles. Weiterlesen

Serie Reformen der Abschlussprüfung (Teil 3): Beauftragung des Abschlussprüfers

Bisher ist es so: Die Aktionäre wählen den Abschlussprüfer, der auf der Hauptversammlung vorgeschlagen wird. Die Vorauswahl für die Prüfungsgesellschaft erfolgt durch den Aufsichtsrat des Unternehmens. Den Prüfungsauftrag erteilt anschließend dann der Aufsichtsrat des Unternehmens.

Im Koalitionsvertrag wird die hohe Marktkonzentration auf dem Prüfermarkt erwähnt, der die Regierung entgegenwirken möchte. Als Beispiel wird hier eine öffentliche Auftragsvergabe genannt. Eine derartige Änderung der bisherigen Praxis wäre aus volkswirtschaftlicher Sicht ein erheblicher Eingriff in den Prüfermarkt.

Fragen über Fragen

Hier stellt sich die Frage: Könnte eine öffentliche Auftragsvergabe die bestehenden Probleme lösen? Wo sollte die Auftragsvergabe angesiedelt werden? Wie wird gewährleistet, dass keine Prüfungsgesellschaft bevorzugt wird? Wie soll die Auswahl der Prüfungsgesellschaft erfolgen: Mittels eines Losverfahrens oder festgelegter Kriterien, die öffentlich bekannt sind? Weiterlesen

Serie Reformen der Abschlussprüfung (Teil 2): Einführung einer Honorarordnung für Abschlussprüfer?

Im ersten Teil hatten wir uns mit der Frage der Abschaffung des „Haftungsprivilegs“ für die Abschlussprüfung beschäftigt. Diese sollte unbedingt im Zusammenhang mit der Frage des Honorars für die Abschlussprüfung diskutiert werden. Was ist das Problem bei den Kosten für die Abschlussprüfung?

Aus Sicht eines Unternehmens ist die Abschlussprüfung eine notwendige Pflicht, der es unterliegt. Es besteht also keine Entscheidungsfreiheit, für diese Dienstleistung Geld ausgeben zu müssen. Wie meine Erfahrung in der Steuerberatung gezeigt hat, gibt es daher oftmals einen Wunsch: Es soll möglichst wenig kosten.

Status quo des Prüferhonorars

Wenn ein Unternehmen einen besonders strengen Wirtschaftsprüfer hat, der höhere Kosten verursacht, kann es damit bei den Aktionären (noch) nicht punkten. In meinen Gesprächen mit Berufsträgern habe ich auch immer wieder gehört: Wir haben schon oft erlebt, dass wir nicht mandatiert wurden, da ein Konkurrent die Leistungen günstiger angeboten hat. Weiterlesen