Update Wirecard: Warum die Kreditgeber gepennt haben

Eigene Fehler eingestehen? Die Konsequenzen daraus ziehen oder sich sogar dafür entschuldigen? Das dauert im Causa Wirecard ziemlich lange. Bei den Banken sucht man danach bisher vergebens.

Wenn ich daran denke, wie ich als Selbständige meine Zahlen offenlegen muss und welche kritischen Fragen kommen, erschreckend. Schließlich wollte Wirecard nicht nur eine sechsstellige Summe von der Bank. Es ging doch um ein paar Nullen mehr vor dem Komma.

Rückblick: Warnzeichen seit 2015 (!)

Erschreckend ist vor allem, dass Wirecard auch nach dem vorgelegten Geschäftsbericht 2018 noch frisches Geld bekommen hat. Stimmt, EY hatte dafür ursprünglich einen Bestätigungsvermerk erteilt. Doch sollte man diesen auch lesen und nicht nur auf die Überschrift schauen.

Stimmt. Das ist etwas streng ausgedrückt. Die Banken schauen sich sicherlich die Unterlagen an. Doch muss man auch sagen: Bei den dreistelligen Millionenbeträgen würde ich annehmen, dass auch der Wirtschaftsprüferbericht nicht nur abgeheftet wird. Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Aufgehübschte Bilanzen haben Hochkonjunktur – tickende Zeitbomben ticken immer lauter

Die konjunkturelle Lage ist derzeit bescheiden – um es vorsichtig auszudrücken. Die Aussichten sehen teilweise noch schlimmer aus. Ein großer Nährboden für aufgehübschte Bilanzen. Ganz einfach: Je schlechter ein Unternehmen wirtschaftlich dasteht, desto eher besteht der Anreiz, dies zu verschleiern.

Mit Verschleiern meine ich hier jedoch nicht, die Grenze zu Legalität zu überschreiten. Es werden lediglich die Möglichkeiten der legalen Bilanzkosmetik genutzt, um das ganze etwas besser darzustellen. Langfristige Probleme können dadurch nicht gelöst werden. Ganz im Gegenteil: Durch das Aufhübschen der Zahlen wird so der Schein erweckt, dass es doch gar nicht so schlimm aussieht wie vielleicht vermutet.

Das in dem ein oder anderen Fall die Grenze zur Legalität überschritten wird, davon ist auszugehen. „Es gibt keinen anderen Ausweg, sonst bekommen wir keine Kredite mehr.“ – so eine Aussage eines Mitarbeiters zur Rechtfertigung der Geschäftsleitung des eigenen Vorgehens in einem Gespräch.

Verkauf von Tafelsilber löst keine langfristigen Probleme

Zugegeben, sich die echten Zahlen anzuschauen ist sicherlich für viele derzeit keine große Freude, denn nun zeigen sich auch vermehrt Risiken in der Bilanz. Doch leider muss man sagen: Auf tickende Zeitbomben in Bilanzen habe nicht nur ich in der Vergangenheit mehrfach hingewiesen (vgl. Lesetipps am Ende des Beitrags). Leider war das Interesse daran oftmals überschaubar. Wenn nun beispielsweise Abschreibungen beim Goodwill drohen oder höhere Rückstellungen gebildet werden müssen – das war vorhersehbar. Unklar war nur, wann und wie viel Weiterlesen

Maximierung der Expectation Gap? Beurteilung des Vorschlags eines IDW-Wertekodex (Teil 3)

In den letzten drei Blog-Beiträgen hatte ich zunächst einen Überblick zum Vorschlag des IDW für einen Wertekodex gegeben und begonnen, die Anforderungen des Kodex kritisch zu hinterfragen. Mit dem vorliegenden Beitrag will ich diese Auseinandersetzung abschließen und zu einem Gesamtergebnis zusammenführen. Wie schon in den letzten Blogs angemerkt, handelt es sich um eine erste und exemplarische Annäherung.

„Ethische Werte“ und Grundgesetz?

Das ausführliche Aufgreifen der „Gendersprache“ im letzten Blog war nur ein Beispiel. Mit längerem Nachdenken und Forschen lassen sich solche Diskussionen sicher auch zu anderen ethischen Werten führen. Im Hinblick auf Vermeidung der Diskriminierung könnte man z.B. auf die Forderung von Quoten für im Kodex genannte Gruppen kommen. Daraus folgt aber sofort die Frage der Vereinbarkeit mit Art. 3 GG. Denn dieser schafft einen für jedes Individuum geltendes Grundrecht, das durch Quoten verletzt werden kann.

Weiterhin stellt sich die Frage, ob man da, wo Art. 3 GG ein Benachteiligungsverbot ausspricht, im Kodex ein Begrüßen propagieren sollte. Beispielsweise gibt es aufgrund der Historie sicher für Individuen gute Gründe, Religionen generell kritisch gegenüber zu stehen. Das Grundgesetz fordert zu Recht den Verzicht auf Benachteiligung von Grundrechtsträgern aufgrund deren religiöser Anschauung. Muss man solche Anschauungen aber mit den Worten des Kodex als Bereicherung persönlich und in der Berufsausübung empfinden oder reicht es nicht, dass die religiöse Anschauung im Beruf einfach keine Rolle spielt, allein schon, um diejenigen nicht zu diskriminieren, die Religionen kritisch gegenüberstehen? Und darüber hinaus: Können religiöse Anschauungen u.U. die gebotene Objektivität bei der Berufsausübung nicht auch einschränken?

Wollen wir uns als Berufsstand auf das verminte Gebiet der Festlegung und Auslegung allgemeiner ethischer Werte begeben? Und viel mehr: Sollen und dürfen wir das überhaupt, womit wir beim nächsten Punkt wären: Weiterlesen

Hauptversammlung der Adler Real Estate: Kreative Interpretation des Immobilienkonzerns können nicht überzeugen

Der Immobilienkonzern Adler kommt nicht aus den Schlagzeilen. Auch die Hauptversammlung der Adler Real Estate AG machte deutlich, dass die Aktionäre eine ordentliche Portion Wut im Bauch haben. Wenn auch der Antrag auf eine Sonderprüfung der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger nicht genehmigt wurde – was angesichts des Großaktionärs Adler Group S.A. nicht verwunderlich ist – muss der Konzern mit weiterem Gegenwind rechnen.

Daniel Bauer, Vorstand der SdK, äußerte sich zum weiteren Vorgehen der Anlegerschutzvereinigung wie folgt: „Unsere Sonderprüfungsanträge wurde ebenfalls mit den Stimmen der Adler Group abgelehnt. Wir werden nun eine gerichtliche Durchsetzung der Sonderprüfung forcieren.“ Weiterlesen

Maximierung der Expectation Gap? Beurteilung des Vorschlags eines IDW-Wertekodex (Teil 2)

In den letzten beiden Blog-Beiträgen hatte ich einen Überblick zum Vorschlag des IDW für einen Wertekodex gegeben und begonnen, die Anforderungen des Kodex kritisch zu beleuchten. Die kritische Hinterfragung will ich in diesem Teil weiterführen und mich mit der Frage auseinandersetzen, was überhaupt anzustrebende ethische Ziele, Grundsätze und Handlungsweisen sein können. Wie schon im letzten Blog angemerkt, handelt es sich um eine erste und exemplarische Annäherung an die komplexe Problematik.

Was sind überhaupt anzustrebende ethische Ziele, Grundsätze und Handlungsweisen?

Wie vielleicht schon im Blog mit der Darstellung der Inhalte des IDW-Wertekodex angeklungen ist, finden sich hier plakative Schlagworte, die vermeintlich positiv besetzt sind. Ist das aber wirklich so? Weiterlesen

Update Adler: SdK sagt dem Immobilien-Konzern den Kampf an

Hauptversammlung bei Adler, war die nicht schon? Stimmt, aber nur die der Adler Group mit Sitz in Luxemburg. Im Vergleich zu einer deutschen Hauptversammlung war dies nicht mal ein Kaffeekränzchen: Sie dauerte weniger als eine halbe Stunde. Transparenz und Antworten auf viele Fragen? Fehlanzeige.

Doch nun steht heute, am 31. August 2022, die Hauptversammlung der Adler Real Estate AG an. Pandemiebedingt virtuell, aber immerhin nach deutschem Recht. Anders als bei der Hauptversammlung der Adler Group werden hier die Verantwortlichen ins Schwitzen kommen, denn die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, hat einen Antrag auf Sonderprüfung gestellt. Weiterlesen

Die DAC 7-Richtlinie: Betreiber digitaler Plattformen vor neuen Herausforderungen mit ihren Finanzbehörden

Bereits zum 01.01.2023 sollen mit DAC 7 besondere Sorgfalts- und Meldepflichten für Betreiber digitaler Plattformen in Kraft treten. Das BMF hat hierzu am 12.07.2022 einen Referentenentwurf vorgelegt (www.bundesfinanzministerium.de).

Hintergrund

Mit der DAC 7-Richtlinie sind besondere Sorgfalts- und Mitteilungspflichten für Betreiber digitaler Plattformen vorgeschrieben. Ihre Vorgaben sind durch die Mitgliedsstaaten bis zum 31.12.2022 umzusetzen. Mit seinem Referentenentwurf zum Plattform-Meldepflicht- und Informationsaustauschgesetz veröffentlichte das BMF am 12.07.2022 die Koordinaten für Deutschland. Es äußert sich damit zur Verwirklichung der Vorgaben aus der DAC 7-Richtlinie. Betreiber von digitalen Plattformen sind danach verpflichtet, ihren Finanzbehörden verschiedene Informationen zu den Einkünften, die von Anbietern auf diesen Plattformen erzielt worden sind, zu melden. Weiterlesen

Maximierung der Expectation Gap? Beurteilung des Vorschlags eines IDW-Wertekodex (Teil 1)

Im letzten Blog hatte ich einen Überblick zum Vorschlag des IDW für einen Wertekodex gegeben. Auf den ersten Blick liest sich das alles ganz toll, wird doch vermeintlich nur Positives angestrebt. Mein heutiger sowie zwei folgende Blogs sollen dennoch in WP-Manier den Vorschlag insbesondere im Hinblick auf die nicht berufsrechtlich fixierten Anforderungen des Kodex kritisch hinterfragen. Dabei können die Gedanken angesichts der Komplexität und des zur Verfügung stehenden Raums nur ein erstes und exemplarisches Herantasten an die Problematik darstellen.

Was geht es das IDW überhaupt an?

Fangen wir einmal mit dem „Kompetenzbereich“ an. Das IDW ist ein Verein, der u.a. Interessen des Berufsstands vertreten will. Der Gesetzgeber verbietet so etwas nicht, hat aber die Berufsorganisation mit dem Kammersystem und der „Aufpasserin“ APAS anders aufgestellt. Es erscheint doch ziemlich vermessen, dass nun ein e.V. daherkommt und (ethische) Standards für alle Wirtschaftsprüfer setzen will. Unschädlich ist sicher die Aufzählung von Anforderungen aus Gesetzen und Berufssatzung. Darüber hinaus kann man eine Selbstbindung für Vereinsmitglieder schaffen oder eine gesetzliche Regelung bzw. eine Befassung der Kammer anregen. Dort endet jedoch der Kompetenzbereich des IDW. Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Adler hat Zoff mit der Bafin – die fetten Jahre sind vorbei

Die Bilanzkontrolle wurde reformiert. Dies ist nur eine der Folgen aus dem Wirecard-Skandal. Seit Anfang dieses Jahres ist die Bafin alleine zuständig für die Bilanzkontrolle. „Mehr Biss“ wurde versprochen. Bei der Adler Group zeigt sich nun ein Novum: Die Bafin informierte Anfang August erstmals über einen festgestellten Fehler im Jahresabschluss während einer noch nicht abgeschlossenen Prüfung.

Das Adler damit nicht einverstanden ist und Rechtsmittel einlegen will, ist nicht verwunderlich, denn schließlich geht es um die Bewertung der Immobilien. Auch der Rückzug von LEG letzte Woche beim Kauf von mehr als 15.000 Einheiten, der endlich etwas Liquidität in die Kasse gespült hätte, drückt so einiges aus.

Und Ende August steht die Hauptversammlung bei Adler Real Estate an. Weiterlesen

Der Vorschlag eines IDW-Wertekodex

Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer fällt angesichts der hohen, in den zahlreichen schon vorhandenen „ethischen Standards“ kodifizierten Anforderungen an die Berufsausübung immer wieder durch „Skandale“ negativ auf. Hinzu kommt eine nicht selten überschießende Erwartungshaltung der Öffentlichkeit, insbesondere an die Aufgaben des Abschlussprüfers, was dann zur altbekannten Expectation Gap führt.

Nun hat das Institut der Wirtschaftsprüfer den Entwurf eines Wertekodex vorgelegt. Dieser Kodexentwurf soll auf sechs Textseiten ausweislich der IDW-Ankündigung insbesondere Verhaltensgrundsätze und Grundsätze bei der Führung einer Wirtschaftsprüferpraxis beschreiben, Wirtschaftsprüfer bei ihrer täglichen Arbeit leiten und die Werte des Berufsstands in der Öffentlichkeit darstellen. Wird jetzt alles gut? Weiterlesen