Aufgehübschte Bilanzen – Wie durch Schuldenerlass ein steuerfreier Gewinn entsteht

Versteckte Staatshilfen an Galeria Karstadt Kaufhof

Ende Oktober 2022 hat Galeria Karstadt Kaufhof Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Doch hat die Kaufhauskette im Jahresabschluss 2019/2020 einen Gewinn von fast zwei Milliarden Euro ausgewiesen. Ja, Sie haben richtig gelesen. Und dieser ist auch noch steuerfrei. Warum das immer noch aktuell ist? Schließlich liest man derzeit wieder mehr Berichte über die Insolvenz von Unternehmen. Und bekanntlich kann man an konkreten Praxisbeispielen ein Thema anschaulicher darstellen.

Wie der steuerfreie Gewinn gezaubert wird

Dieser steuerfreie Gewinn wird als sog. Sanierungsgewinn bezeichnet. Wie er entsteht? Wenn ein insolventes Unternehmen Schulden hat und die Gläubiger auf ihre Forderungen verzichten. Buchhalterisch wird der Schuldenerlass unter den sonstigen betrieblichen Erträgen verbucht und erhöht somit den Gewinn. Auf der anderen Seite verringern sich die Verbindlichkeiten des Unternehmens.

Und dieser Gewinn ist steuerfrei? Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Doch diese sind automatisch erfüllt, wenn das Unternehmen einen Sanierungsplan hat. Steuerzahlungen würden die Liquidität des ohnehin finanziell angeschlagenen Unternehmens belasten, das stimmt. Die Regelung mit der Steuerfreiheit wurde immer mal wieder geändert. Mal waren Sanierungsgewinne steuerfrei, mal nicht. Weiterlesen

TSE-Pflicht für – zunächst nicht aufrüstbare – Registrierkassen seit 01.01.2023

Seit nunmehr einigen Jahren sind die Vorgaben für elektronische Kassensysteme und Registrierkassen deutlich verschärft worden. Der im Jahr 2016 eingeführte § 146a AO und die Kassensicherungsverordnung aus dem Jahr 2017 zogen nach der Inkraftsetzung der Bonpflicht weitere umfassende technische Änderungen für Kassensysteme nach sich.

Es besteht etwa seit dem 01.01.2020 die Pflicht, jedes eingesetzte elektronische Aufzeichnungssystem i.S.d. § 146a Abs. 1 Satz 1 AO i.V. mit § 1 Satz 1 KassenSichV sowie die damit zu führenden digitalen Aufzeichnungen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu schützen (§ 146a Abs. 1 Satz 2 AO). Da es bei der Erarbeitung der entsprechenden technischen Sicherheitsstandards durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu Verzögerungen kam und entsprechende Sicherheitsmodule nicht rechtzeitig am Markt verfügbar waren, hatte das BMF eine Nichtbeanstandungsregelung (bis zum 30. September 2020) getroffen. Besonderheiten ergaben sich darüber hinaus für solche Kassensysteme, die nach dem 25.11.2010, aber vor dem 01.01.2020 angeschafft wurden.

Sonderregelung läuft aus Weiterlesen

Update Adler Group – Weihnachtsgeschenk fällt für Adler leider aus

Adler scheitert mit Sanierungsplan bei der Gläubigerversammlung

Der Optimismus von Adler ist fast schon beeindruckend. Kurz vor Weihnachten fand die Gläubigerversammlung statt, die eigentlich den Befreiungsschlag geben sollte. Doch dem ist leider nicht so. Wie so oft, erweckt die Pressemitteilung von Adler jedoch meines Erachtens nach einen sehr positiven Eindruck der Niederlage.

Bevor ich auf die Details eingehe, eine kleine, aber feine Nebensache. Im Newsletter des Finance Magazins vom 21. Dezember fällt die Überschrift ins Auge: „Adler scheitert vorerst mit Sanierungsplan“. Klingt wenig erfreulich. Die Überschrift der Pressemitteilung von Adler vom 20. Dezember 2022 drückt es deutlich neutraler aus: „Adler Group S.A. gibt Ergebnis der Gläubigerabstimmungen bekannt“.

Warum ich dies erwähne? Nach dem Titel des Beitrags auf Finance online, weiß ich, worauf ich achten muss. Doch beim Lesen der Pressemitteilung stoße ich auf einige Aussagen, deren Inhalt im Vergleich zur Einschätzung von Finance für mich ziemlich verwirrend ist. Weiterlesen

Alle Jahre wieder – Prüfungsschwerpunkte der ESMA für 2023

Wie jedes Jahr im November veröffentlicht die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA die Prüfungsschwerpunkte für das kommende Jahr. Diese werden seit dem letzten Jahr von der Bafin um eigene Prüfungsschwerpunkte ergänzt, da die Bilanzkontrolle seit dem 1.1.2022 als Folge des Wirecard-Skandals im einstufigen System nun alleine durch die Bafin erfolgt.

Wenig überraschend sind die Themen, die für die Prüfungen im nächsten Jahr im Fokus stehen sollen:

  • Berücksichtigung der Auswirkungen des russischen Einmarsches in die Ukraine sowie allgemein des derzeit herausfordernden makroökonomischen Umfelds.
  • Berücksichtigung und Abbildung klimabezogener Sachverhalte in der Finanzberichterstattung.
  • Implementierung des IFRS 17 „Versicherungsverträge“.

Das Thema Klima ist nun endlich auch hier angekommen – es wird auch dringend Zeit. Betrachten wir die Themen im Einzelnen etwas genauer. Weiterlesen

Watchmaster – Millionenraub als Grund für Insolvenz?

Einblick in die veröffentlichten Bilanzen offenbaren „Gewinndiebstahl“

Sie haben die Meldung vielleicht auch gelesen: Der Onlinehändler Watchmaster, der mit gebrauchten Uhren handelt, hat Insolvenz angemeldet. Der Grund? Es wurden Uhren im Wert von mehreren Millionen Euro gestohlen. Doch bereits in der Vergangenheit sahen die Bilanzen alles andere als rosig aus.

Ein Blick in den Bundesanzeiger verrät: Die letzte veröffentlichte Bilanz stammt aus dem Jahr 2020. Nicht verwunderlich, denn für die Veröffentlichung der Zahlen von 2021 hat das Start-up bis Ende dieses Jahres Zeit. Als Onlinehändler war Watchmaster jedenfalls nicht vom Lockdown während der Pandemie betroffen. Ich würde eher annehmen, dass Watchmaster davon profitiert hat wie auch viele andere Onlinehändler während dieser Zeit.

Einblicke in den Lagebericht

Zu den Marktgegebenheiten ein kleiner Auszug aus dem Lagebericht 2020: Weiterlesen

Update Causa Adler: Ende der Party

Sinkende Immobilien-Preise bescheren Adler hohe Verluste

Endlich. Die Quartalsmitteilung der Adler Group zeigt nun deutlich die Auswirkungen der aufgeblähten IFRS-Bilanzen eines Immobilien-Konzerns. Oder anders ausgedrückt: Die Party der Wertsteigerungen ist zu Ende. Jetzt wird der Luftballon nicht mehr aufgeblasen, sondern die Luft entweicht – und zwar en masse. Was genau es damit auf sich hat? Schauen wir uns die Quartalsmitteilung zum 30.09.2022 etwas genauer an.

Wieso Adler einen Verlust von 925 Mio. € ausweist

Ein Vergleich einiger Zahlen liefert interessante Erkenntnisse. Anders als noch im Vorjahr hat Adler nun erstmals keine dreistelligen Millionenbeträge mehr als Wertsteigerungen der Immobilien ausgewiesen. Ganz im Gegenteil: Während in den ersten drei Quartalen 2021 noch eine Wertsteigerung in Höhe von 571 Mio. € ausgewiesen wurde, zeigen die Zahlen für den Vergleichszeitraum 2022 einen Verlust in Höhe von 370 Mio. €. Kurzum: Die aktuellen Werte der Immobilien in der Bilanz mussten nach unten (!) korrigiert werden. Weiterlesen

Goodwill bleibt als tickende Zeitbombe in den Bilanzen – IASB-Entscheidung liegt vor

Die Wiedereinführung der planmäßigen Abschreibung des Goodwills nach IFRS war lange diskutiert worden. Der Beginn der Pandemie hatte die Entscheidung verzögert. Es wurde viel hin und her diskutiert, doch nun steht es fest: Es bleibt bei der derzeitigen Regelung. Der Goodwill nach IFRS wird also weiterhin nicht planmäßig abgeschrieben, sondern nur außerplanmäßig. Die Entscheidung hat das IASB in der Sitzung im November gefällt.

In den letzten Jahren habe ich mehrere Studien zum Goodwill in den Bilanzen der Index-Unternehmen gemacht. Die Erkenntnisse? Erschreckend! Der Anteil des Goodwills macht nicht nur einen Großteil des Gesamtvermögens aus. Es gibt auch Unternehmen, bei denen der Goodwill größer ist als das Eigenkapital.

Hintergründe der Entscheidung

Worauf beruht diese Entscheidung? Das IASB hat die Rückmeldungen der Interessensgruppen ausgewertet. Bei den Studienergebnissen zum Goodwill nicht verwunderlich, dass die Sorge vor der Rückkehr zur planmäßigen Abschreibung groß war, denn schließlich profitieren viele Interessensgruppen von geringen Goodwill-Abschreibungen, die den Gewinn des Unternehmens schonen. Weiterlesen

Update Causa Adler – Dreistellige Millionenbeträge zu „attraktiven“ Konditionen verschafft dem verschuldeten Konzern etwas Luft

Bei dem Immobilien-Konzern Adler ist es schon lange sehr unruhig. Vor dem Wochenende (25.11.2022) gab es ausnahmsweise eine positive Meldung aus Investorensicht: Die existenzbedrohende Lage, so hat es der Verwaltungsratschef Kirsten ausgedrückt, konnte abgewendet werden. Darüber lässt sich sicherlich streiten. Doch feststeht: Adler hat etwas Zeit gewonnen. Der Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die aktuellen Ereignisse.

Neue Fremdfinanzierung gesichert

Adler hat sich mit einigen seiner Gläubiger geeinigt. Der Konzern erhält zur Stabilisierung etwas Kleingeld.  Bis zu 937,5 Mio. €, um genau zu sein. Attraktiv ist das Darlehen allemal: Schlappe 12,5 % Zinsen werden fällig, das Darlehen läuft bis Ende Juni 2025. Ach ja, die Verzinsung ist endfällig. Wofür Adler das Kleingeld benötigt? Um alte Finanzverbindlichkeiten zu refinanzieren. Und die Bedingungen? Neben den bereits genannten attraktiven Zinsen muss Adler ein positives Sanierungsgutachten vorlegen. Weiterlesen

Update Adler Immobilien: Gewinn um vier Milliarden Euro aufgeblasen

Adler wehrt sich gegen erneute Fehlerfeststellung der Bafin

Nach mehreren Monaten Ruhe gibt es nun wieder Neuigkeiten im Causa Adler. Die Bafin hat eine weitere Teil-Fehlerfeststellung veröffentlicht. Dass die Bafin auch während einer laufenden Prüfung „Zwischenergebnisse“ veröffentlicht ist übrigens eine der Folgen des Wirecard-Skandals. Für Anleger bedeutet die erneute Mitteilung der Bafin nichts Gutes.

Was die neue Bafin-Zwischenmeldung besagt

Dieses Mal geht es um die Konsolidierung der ADO Properties S.A. Eine Vollkonsolidierung darf im Konzernabschluss nur dann erfolgen, sofern eine Beherrschungssituation vorliegt. Sprich, die Muttergesellschaft muss die Möglichkeit haben die Tochtergesellschaft zu lenken. Adler besaß zum 31.12.2019 jedoch lediglich 33,25% der Anteile an ADO Properties. Der Grund für die angenommene Beherrschungssituation war ein anderer: Die Anwesenheit während der Hauptversammlung. Weiterlesen

Serie Bilanzskandale – Praxisbeispiel: Weniger Rückstellungen, mehr Gewinn – kein Liquiditätsproblem

Kommen wir nun wieder zurück zu unseren Praxisbeispielen der Bilanzfälschung. Wie sind die Täter vorgegangen, gegen welche Rechnungslegungsvorschriften wurde verstoßen und was bedeutet eine Korrektur? Diese Fragen schauen wir uns im November zum Thema Lizenzzahlungen genauer an.

So seltsam der ein oder andere Fall vielleicht auch klingen mag: Ich habe mir das nicht selbst ausgedacht. Die Beispiele stammen aus tatsächlichen Fällen. Dieses Mal schauen wir uns die Unterlassung der Bildung einer Rückstellung genauer an. Der Vorteil aus Tätersicht? Dadurch wird der Gewinn zu hoch ausgewiesen, die Liquidität nicht belastet. Somit müssen zumindest für die Liquidität keine weiteren Belege gefälscht werden. Das ist etwas sarkastisch formuliert, ich gebe Ihnen Recht. Doch die Praxis zeigt, dass die Manipulation in der Regel mit weiteren Gesetzesverstößen einhergeht, denn zur Verdeckung der Taten werden u.a. auch die entsprechenden Belege gefälscht. Der Sumpf wird so immer tiefer und irgendwann gibt es keinen Weg mehr zurück. Weiterlesen