Bundesrat macht Weg für virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen frei

Der Bundesrat hat am 27.9.2024 mit der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) gebilligt, dass künftig im Wohnungseigentumsrecht virtuelle Eigentümerversammlungen stattfinden können.

Hintergrund

Nach dem WEG können Wohnungseigentümerversammlungen derzeit lediglich als Präsenzversammlungen abgehalten werden oder in hybrider Form stattfinden, also als Präsenzveranstaltung mit Online-Teilnahmemöglichkeit. Eine rein virtuelle Versammlung ohne Teilnahmemöglichkeit in Präsenz ist hingegen nur möglich, wenn die Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Da es an einer solchen Vereinbarung in der Praxis vielfach fehlte, war die Durchführung von WEG-Versammlungen und Verabschiedung rechtsverbindlicher Beschlüsse der Wohnungseigentümer vor allem während der Corona-Beschränkungen ein großes praktisches Problem.

Was ändert sich mit virtuellen Eigentümerversammlungen?

Mit dem Gesetz, das am 27.9.2024 nach dem Bundestag (BT-Drs. 20/9880) auch den Bundesrat passiert hat, wird nun im WEG eine Beschlusskompetenz für vollvirtuelle Wohnungseigentümerversammlungen geschaffen. Die bisherige Möglichkeit, die Online-Teilnahme an Präsenzversammlungen zu ermöglichen („hybride Wohnungseigentümerversammlungen“), bleibt aber unverändert bestehen. Die Wohnungseigentümer haben also künftig die Wahl, WEG-Versammlungen in Präsenz, hybrid oder rein virtuell durchzuführen. Dabei ist folgendes zu beachten:

  • Nach § 23 Abs. 1a WEG n.F. können die Wohnungseigentümer mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschließen, dass die Versammlung innerhalb eines Zeitraums von längstens drei Jahren ab Beschlussfassung ohne physische Präsenz der Wohnungseigentümer und des Verwalters an einem Versammlungsort stattfindet oder stattfinden kann (virtuelle Wohnungseigentümerversammlung).
  • Die virtuelle Wohnungseigentümerversammlung muss hinsichtlich der Teilnahme und Rechteausübung mit einer Präsenzversammlung vergleichbar sein. Entscheiden sich die Wohnungseigentümer für virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen, so haben sie nach § 23 Abs. 1a WEG n.F. die Wahl, entweder zu beschließen, dass Versammlungen nur noch als reine Online-Versammlungen durchgeführt werden („stattfindet“), oder dass sie auch als reine Online-Versammlungen durchgeführt werden können („stattfinden kann“), es mithin einer weiteren Entscheidung hierzu bedarf.
  • Beschließen die Wohnungseigentümer, dass Versammlungen rein online durchgeführt werden können, so können sie das konkrete Format für bevorstehende Versammlungen durch Geschäftsordnungsbeschlüsse regeln. Treffen sie keine solche Regelung, entscheidet der Verwalter nach pflichtgemäßem Ermessen über die Art der Durchführung.
  • Virtuelle Eigentümerversammlungen können zunächst nur für einen Zeitraum von drei Jahren beschlossen werden. Wird ein solcher Beschluss vor dem Jahr 2028 gefasst, müssen Wohnungseigentümer bis einschließlich 2028 jedoch mindestens einmal im Jahr eine Präsenzveranstaltung durchführen, es sei denn, sie verzichten hierauf einstimmig.

Einordnung und Bewertung

Durch die Ermöglichung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen wird das Wohnungseigentumsrecht spürbar vereinfacht. Gemeinschaften der Wohnungseigentümer, in denen eine große Mehrheit der Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer reine Online-Versammlungen ohne physische Präsenz für das beste Austauschformat hält, können sich künftig nach entsprechender Beschlussfassung dieser Versammlungsform bedienen; das ist ausdrücklich zu begrüßen und erleichtert auch die praktische Arbeit von Wohnungsverwaltern. Die durch § 23 Abs.1a WEG n.F. eingeführte Beschlusskompetenz für virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen führt bei denjenigen Gemeinschaften der Wohnungseigentümer, die sich für diese Art der Wohnungseigentümerversammlung entschieden, zu einer Verringerung des Erfüllungsaufwands.

Gegenüber Präsenzversammlungen entfallen für die Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer die Zeit und etwaige Kosten, um zum Versammlungsort und wieder zurückzukommen. Für die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer entfallen die Kosten für die Anmietung von Versammlungsräumen. Gegenüber Präsenzversammlungen, an denen auch online teilgenommen werden kann (hybride Wohnungseigentümerversammlungen) entfallen zudem Kosten für die im Versammlungsraum erforderliche Technik zur Ermöglichung der Online-Teilnahme. Auch entfällt der erhöhte Personalaufwand für Wohnungsverwaltungen bei der Durchführung von Hybridversammlungen.

Mit der Gesetzesnovelle werden jetzt positive Erfahrungen während der Corona-Pandemie auch für die Durchführung von WEG-Versammlungen ins Gesetz überführt. Damit folgt die Gesetzesänderung der Entwicklung in anderen Rechtsbereichen: Der Bundestag hatte bereits 4.7.2024 aufgrund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drs. 20/12144) für die Sitzungen der Kammern freier Berufe beschlossen, den regionalen Notar- und Rechtsanwaltskammern, der Bundesnotarkammer (BNotK), der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), der Patentanwaltskammer (PAK) und der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) die Möglichkeit einzuräumen, Versammlungen künftig in hybrider oder virtueller Form abzuhalten; der Bundesrat hat dem am 27.9.2024 zugestimmt (BR-Drs.417/24 (B)).

Zuvor war schon für die Gremien der Wirtschaftskammern eine ähnliche Regelung eingeführt worden.

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