Die Bundesregierung hat am 4.9.2024 beschlossen, das sog. Steuerfortentwicklungsgesetz um eine Sonderabschreibung für vollelektrische und emissionsfreie Fahrzeuge zu ergänzen, ferner den Vorteil der Dienstwagenbesteuerung für reine Elektro-Fahrzeuge zu erweitern. Hilft das dem Absatz von E-Autos entscheidend weiter?
Hintergrund
Die deutsche Automobilindustrie war über Jahrzehnte ein zentrales Zugpferd der deutschen Wirtschaft, das Beschäftigung im Inland, Wachstum und damit Wohlstand in der deutschen Volkswirtschaft sichert. Doch der einstige Musterknabe ist zum Patienten geworden, die Absatzzahlen gehen zurück, vor allem angesichts der Verschiebungen auf den Weltmärkten, vor allem in China und Indien.
Ein „Dienstwagen“ gilt steuerlich als geldwerter Vorteil, der zum Einkommen zählt, das wiederum über die Steuerlast entscheidet. Bislang gilt: Ein Dienstwagen mit Verbrennermotor wird mit monatlich einem Prozent des Bruttolistenpreises kalkuliert. Für Elektroautos werden noch bis zum Jahr 2030 lediglich 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises zur Versteuerung herangezogen, wenn das der Bruttolistenpreis nicht höher als 60.000 Euro (seit 1.1.2024 70.000 Euro) ist. Ist der E-Dienstwagen in der Anschaffung teurer, zählen 0,5 Prozent des Bruttolistenpreises als geldwerter Vorteil.
Für Hybridfahrzeuge gelten unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls vergünstigende Regelungen. Wird ein Hybridfahrzeug als Dienstwagen gewählt, zählen monatlich 0,5 Prozent seines Bruttolistenpreises als geldwerter Vorteil. Das Fahrzeug muss extern aufladbar sein (also nur Plug-in Hybride), der CO2-Ausstoß darf höchstens 50 Gramm pro Kilometer betragen und die rein elektrische Reichweite muss bei mindestens 60 Kilometern liegen (ab dem Jahr 2025 mindestens 80 Kilometer).
Hinzukamen in der Vergangenheit staatliche Kaufprämien für E-Autos, die allerdings für gewerbliche Halter zum 1.9.2023 auslief. Seitdem ist der Einbruch bei Neuzulassungen von E-Autos dramatisch. Nach veröffentlichten Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes vom August 2024 fiel mit 27.000 Neuwagen diese Antriebsart um fast 70 Prozent hinter die Zahlen des Vormonats zurück. Nur noch knapp 14 Prozent der Neuzulassungen waren batterieelektrische Autos.
Inhalt der steuerlichen Förderinitiative für E-Autos
Nachdem sich die deutsche Automobilbranche aktuell im Sturzflug befindet, will die Bundesregierung jetzt im Rahmen der Wachstumsinitiative gegensteuern und die Steuervorteile bei E-Autos ausdehnen. Die Autoindustrie und ihre Beschäftigten sollen damit beim „Modernisierungsprojekt E-Mobilität“ unterstützt werden. Die steuerliche Förderung von dienstlich genutzten E-Autos soll dabei helfen, die Nachfrage nach emissionsfreien Fahrzeugen weiter zu erhöhen. Vorgesehen ist durch Ergänzung des Steuerfortentwicklungsgesetzes Folgendes:
- Für neu zugelassene, rein elektrische und emissionsfreie Fahrzeuge sollen Unternehmen die Investitionskosten schneller steuerlich geltend machen können. Dazu soll eine neue degressive Sonderabschreibungeingeführt werden. Über einen Zeitraum von sechs Jahren sollen die Anschaffungen – beginnend mit einem Satz von 40 Prozent im Jahr der Anschaffung, im Folgejahr 24 Prozent, dann 14 Prozent, neun, sieben und sechs Prozent pro Jahr – von der Steuer abgeschrieben werden können. Die Regelung soll befristet für Anschaffungen im Zeitraum von Juli 2024 bis Dezember 2028 gelten.
- Zudem soll der Vorteil der Dienstwagenbesteuerung für reine Elektro-Fahrzeuge erweitert werden: Arbeitnehmer, die einen Elektro-Firmenwagen auch privat nutzen, versteuern diesen Vorteil zurzeit vergünstigt, sofern das Fahrzeug höchstens 70.000 € kostet (Bruttolistenpreis) und nach dem 31.12.2023 angeschafft wird bzw. wurde ( 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 Nr. 3 EStG). Dieser Betrag soll auf 95.000 € angehoben werden. Die neue Höchstgrenze soll rückwirkend für Firmenwagen gelten, die ab Juli 2024 angeschafft werden bzw. wurden.
Erste Bewertung
Die Bundesregierung lässt sich die Ankurbelung des E-Mobil-Absatzes einiges kosten: Dem Vernehmen nach will die Regierung für die Steuerentlastungen jährlich zwischen 480 und 540 Mio. Euro investieren. Die Anhebung der Bemessungsgrundlage auf 95.000 Euro für die reduzierte Dienstwagenbesteuerung für rein batteriebetriebene Fahrzeuge kann dazu beitragen, den Hochlauf der E-Mobilität in Deutschland zu beschleunigen. Auch für den E-Gebrauchtwagenmarkt kann dies eine positiven Impuls auslösen, weil nach Ablauf der üblichen Leasingdauer von i.d.R. 3 Jahren zu einem günstigen Preis Gebrauchtwagen in den Markt kommen könnten.
Allerdings bleiben auch Bedenken: Von der Anhebung der Bemessungsgrundlage auf 95.000 Euro profitiert eigentlich nur die Automobil-Oberklasse, das Luxussegment, nicht aber die breite Masse günstigerer E-Fahrzeuge und auch nicht private E-Auto-Nutzer. Außerdem lösen die Steueranreize im Inland nicht die Konkurrenzprobleme der Automobilindustrie auf den Auslandsmärkten, vor allem gegenüber der Billigkonkurrenz aus China.
Und schließlich erfordert das „Modernisierungsprojekt E-Mobilität“ in Deutschland unverändert einen konsequenten Ausbau der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum und die technologische Weiterentwicklung von Batterien mit geringerem Gewicht und größerer Leistungskapazität.
Weitere Informationen
- Kabinettbeschluss v. 4.9.2024: Bundeskabinett v. 4.9.2024 – Ergebnisse (bundesregierung.de);
- Bundesregierung online v. 4.9.2024: Steuerliche Förderung von E-Dienstwagen | Bundesregierung.
- NWB-Reformradar zum SteuerfortentwicklungsG (früher Zweites JStG 2024)