Bundeskabinett beschließt rentenpolitische Maßnahmen der Wachstumsinitiative

Das Bundeskabinett hat am 4.9.2024 eine Formulierungshilfe beschlossen, mit der die rentenpolitischen Maßnahmen der sog. Wachstumsinitiative umgesetzt werden: Das Arbeiten im Alter soll (noch) attraktiver werden.

Hintergrund

Früher in Rente gehen – oder doch lieber später? Schon heute ermöglicht das Rentenrecht unter bestimmten Voraussetzungen einen früheren Rentenbeginn oder aber – umgekehrt – einen späteren, nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze beginnenden Renteneintritt. Über die umfangreichen Gestaltungsmodelle informiert beispielsweise die Bundesregierung auf ihren Internetseiten mit einem umfangreichen FAQ-Katalog „Rund um die Rente“.

Zusammen mit dem Haushaltsentwurf 2025, der ab dem 10.9.2024 im Bundestag beraten wird, hat die Bundesregierung nach dem Wachstumsgesetz eine weitere „Wachstumsinitiative“ beschlossen, die der Wirtschaft einen zusätzlichen Impuls verleihen und Deutschland wettbewerbsfähig aufstellen will. Bestandteil dieser Wachstumsinitiative sind auch rentenpolitische Verbesserungen, die allerdings erst das parlamentarische Verfahren passieren müssen.

Geplante rentenpolitische Maßnahmen

Das jetzt vom Bundeskabinett im Wege einer Formulierungshilfe beschlossene rentenpolitische Paket, das Grundlage des nachfolgenden Gesetzgebungsverfahrens sein wird, hat im Kern vier Eckpunkte:

  • Einschränkung des sog. Vorbeschäftigungsverbots ab Erreichen der Regelaltersgrenze: Personen soll nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rückkehr zu ihrem bisherigen Arbeitgeber erleichtertwerden, indem ihnen der Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages mit dem bisherigen Arbeitgeber ermöglicht wird.
  • Einführung eines „Sockelbetrags“ bei der Einkommensanrechnung bei Renten wegen Todes: Verbessert werden sollen Anreize für Hinterbliebene, eine Erwerbstätigkeit auszuweiten oder aufzunehmen, indem Erwerbseinkommen und kurzfristiges Erwerbsersatzeinkommen bis zu einem Betrag von aktuell 538 Euro im Monat („Sockelbetrag“) von der Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes ausgenommen werden. Im Ergebnis soll damit eine Vollzeittätigkeit zum gesetzlichen Mindestlohn bei Bezug einer Hinterbliebenenrente regelmäßig anrechnungsfrei bleiben.
  • Wegfall des Arbeitgeberbeitrags zur Arbeitsförderung und zur gesetzlichen Rentenversicherung bei entsprechender Zahlung an Beschäftigte im Rentenalter: Arbeitgeber sollen künftig anstelle der Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitsförderung und Rentenversicherung, die für versicherungsfreie Arbeitnehmer im Rentenalter zu entrichten sind, Beträge zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn auszahlenkönnen. Damit soll für diese Personen ein finanzieller Anreiz geschaffen werden, eine mehr als geringfügige Erwerbstätigkeit (weiter) auszuüben.
  • Einführung einer Rentenaufschubprämie: Auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze sollen Anreize für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erhöht werden. Bei Aufschieben des Renteneintritts über die Regelaltersgrenze hinaus und nach Weiterarbeit im Rahmen einer mehr als geringfügigen versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit von mindestens einem Jahr sollen Versicherte künftig anstelle der monatlichen Zuschläge eine Einmalzahlung – die Rentenaufschubprämie – in Anspruch nehmen können.

Erste Bewertung

Zusätzliche Anreize für mehr Flexibilität und Arbeit im Rentenalter sind vom Ansatz her schon vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen und des Fachkräftemangels zu begrüßen. Denn unsere Gesellschaft sollte nicht ohne Not auf die langjährige Berufserfahrung arbeitsfähiger und arbeitswilliger Arbeitnehmer/innen verzichten.

Allerdings sind die vom Bundeskabinett beschlossenen Verbesserungsvorschläge im Gesetzgebungsverfahren noch genauer zu bewerten und ggf. nachzujustieren – auch wenn die Grundrichtung stimmt. Schon im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses haben Experten mögliche Missbrauchsgefahren und Mitnahmeeffekte einzelner Maßnahmen bewertet.

Auch die erforderlichen Anpassungen zur Steuerfreiheit der beitragsersetzenden Arbeitgeberzahlung zusätzlich zum geschuldeten Lohn bedarf noch einer Prüfung und ggf. Ergänzung durch das BMF.

Hinzu kommen administrative Umsetzungsprobleme: Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) hat bereits darauf hingewiesen, dass es zur Umsetzung der Rentenaufschubprämie einer vollmaschinellen Unterstützung bedarf, die einen erheblichen zusätzlichen IT-Aufwand erfordert. Dies hat das federführende BMAS zum Anlass genommen, die Einführung des „Sockelbetrages“ vom 1.7.2025 auf den 1.7.2027 und das Inkrafttreten der Rentenaufschubprämie vom 1.7.2027 auf den 1.7.2028 zu verschieben.

Das Inkrafttreten der Regelung zur Einschränkung des sog. Vorbeschäftigungsverbots wurde vom 1.1.2025 auf den 2.4.2025 verschoben, weil zunächst noch eine inhaltliche Abstimmung mit dem Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) erfolgen muss, dessen Beratung im Bundestag noch aussteht.

Es fließt also noch viel Wasser die Spree hinunter, bis das Gesetz und seine Umsetzung in trockenen Tüchern sind.

Weitere Informationen:

 

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