Am 14.12.2023 will der Bundestag das Nachtragshaushaltsgesetz 2023 mit Feststellung einer Notlage nach Art. 115 Abs. 2 GG beschließen. Auch der Haushalt für 2024 ist eilbedürftig, doch bei den Eckdaten sind die politischen Fronten nach wie vor verhärtet – auch innerhalb der Ampelkoalition. Was bedeutet das?
Hintergrund
Am 15.11.2023 hat das BVerfG (2 BvF 1/22) das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 (BGBl 2022 I S.194) aus drei Gründen für nichtig erklärt, weil wesentlichen Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts missachtet wurden. Dem Bund fehlen deshalb für 2023 rund 60 Mrd. Euro, die im Wege eines Nachtragshaushaltsgesetzes für 2023 durch Beschluss des Bundestags und Zustimmung des Bundesrats auf eine rechtssichere Grundlage gestellt werden müssen. Der Nachtragshaushalt 2023 wiederum ist Grundlage und Orientierung für den Bundeshaushalt 2024, der eigentlich – wäre nicht das BVerfG-Urteil vom 15.11.2023 dazwischengekommen – schon am 27.11.2023 im Bundestag hätte verabschiedet werden sollen. Die parlamentarische Beratung in Haushaltsauschuss und Bundestag musste vertagt werden.
Was sind die Pläne des Bundesfinanzministers?
Bundesfinanzminister Lindner sieht inzwischen koalitionsintern einen ersten Haushaltsentwurf 2024 mit Sparpotential: Bei den Sozialausgaben, die mehr als ein Drittel des Kernhaushalts ausmachen, bei der Entwicklungshilfe und bei Subventionen, vor allem für Klimaprojekte. Das Konfliktpotential innerhalb der Koalition ist angesichts eines nötigen Einsparvolumens von rund 17 Mrd. Euro enorm, und zwar sowohl beim „wo“ und beim „wie“.
Jeder kämpft für sich und sein Haushaltsressort, deswegen werden schon Einsparungen bei der Entwicklungshilfe von der Fachministerin in Frage gestellt. Die Grünen wollen die Finanzierung ihrer Klimaprojekte nicht davonschwimmen sehen, und für die SPD sind Einschnitte beim Bürgergeld, damit sich arbeiten wieder mehr lohnt als nicht zu arbeiten, ein politisches Tabu. Auch bei der Finanzierung des Haushaltslochs („wie“) ist Einigung bislang nicht in Sicht. Von der SPD erwogene Steuererhöhungen sind für den Finanzminister ebenso ein Tabu wie eine Aufweichung der grundgesetzlichen Schuldenbremse (Art. 115 GG).
Bewertung
Bei einer solchen „Gefechtslage“ steht die Bundesregierung bei der Aufstellung des Bundeshaushalts 2024 „mit dem Rücken zur Wand“. Vermutlich werden alle Koalitionspartner ein Stück weit über ihren eigenen Schatten springen müssen. Und was passiert, wenn sich die Regierung schon intern nicht einigt? Der Bundeshaushalt muss grundsätzlich innerhalb des laufenden Jahres für das Folgejahr verabschiedet werden (Art. 110 GG). Der Zeitplan wird angesichts der verbleibenden parlamentarischen Sitzungstage aber mehr als eng, zumal weil der Bundesrat noch beteiligen ist, der etatmäßig eigentlich am 15.12.2023 das letzte Mal in diesem Jahr tagt.
Einigen sich die Partner der Ampelregierung nicht in dieser Woche, wird wahrscheinlicher, dass das Haushaltsgesetz 2024 nicht bis zu Beginn des neuen Haushaltsjahres verkündet ist. Dann gibt es nur noch Ausgaben des Bundes „auf Sparflamme“: Denn die Bundesregierung darf dann nur noch Ausgaben leisten, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen (Art. 111 GG). Das erhöht den Einigungsdruck ungemein.
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