Der Bundeshaushalt 2024 soll spätestens im Februar 2024 im Bundestag final verabschiedet werden. Doch schon in der Expertenanhörung des Haushaltsausschusses zeigt sich, dass in der rechtlichen Bewertung der Spielräume für ein Abweichen von der Schuldenbremse ein tiefer Riss durch die Fraktionen des Bundestages geht. Droht eine abermalige Überprüfung eines Bundeshaushalts durch das BVerfG?
Hintergrund
Der Bundeshaushalt 2024 war im September 2023 auf den parlamentarischen Weg gebracht worden. Nach dem Urteil des BVerfG vom 15.11.2023 (2 BvF 1/22), mit dem das Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für nichtig erklärt wurde und ein 60 Mrd.-Euro-Loch in den Bundeshaushalt riss (ich habe im Blog berichtet) wurden der Nachtragshaushalt 2023 verspätet verabschiedet, die Beschlussfassung über den Haushaltsplan für das Jahr 2024 sogar ins neue Jahr vertagt; seitdem sind nur Notausgaben in 2024 zulässig, für die eine rechtliche Verpflichtung begründet wurde (Art. 111 Abs. 1 GG).
Im Januar 2024 haben die Koalitionsfraktionen nun den Entwurf eines Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes (BT-Drs. 20/9999) vorgelegt. Der Entwurf enthält Regelungen, um geplante Sparmaßnahmen beziehungsweise Steuererhöhungen umzusetzen. Die notwendigen Einsparungen im Bundeshaushalt 2024 sollen insbesondere durch die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen und die Absenkung der Ausgaben in einzelnen Ressorts, die bessere Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt und die Reduzierung von Bundeszuschüssen erreicht werden. Gegenstand des vorliegenden Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 sind deshalb Änderungen bei der Luftverkehrsteuer, Änderungen im WindSeeG sowie Änderungen in den Bereichen des SGB II, des SGB III und des SGB VI. Darüber hinaus ist das schrittweise Auslaufen der Steuervergünstigung nach § 57 des Energiesteuergesetzes.
Sachverständige mit unterschiedlichem Votum
Im Haushaltsauschuss des Bundestages haben sich am 11.1.2024 Experten mit dem Haushaltsentwurf und dem Haushaltsfinanzierungsgesetz2024 befasst, eine weitere Expertenanhörung findet am 17.1.2024 im Finanzausschuss des Bundestages statt. Umstritten zwischen den Experten war unter anderem die Frage, ob für die im Jahr 2024 eingeplanten Mittel zur Unterstützung des Wiederaufbaus in den von der Flutkatastrophe 2021 betroffenen Regionen beziehungsweise zur Unterstützung der Ukraine eine Ausnahme von der Schuldenregel des Grundgesetzes (Art. 115 GG) möglich wäre. Bezogen auf die Unterstützung für die Flutregionen ging es vornehmlich um die Frage, ob die im Etatentwurf vorgesehenen 2,7 Mrd. Euro eine „erhebliche Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage“ darstellen, für die – das Vorliegen einer Notlage angenommen – eine Kreditaufnahme auf Grundlage einer Ausnahme von der Schuldenregel möglich wäre.
Bewertung und weiterer Zeitplan
Wenn schon innerhalb der von der Koalition benannten Experten ein gravierender Dissens über die engen Voraussetzungen einer Ausnahme von der Schuldenregel im Bundeshaushalt 2024 feststellbar ist, zeigt sich, mit welchen verfassungsrechtlichen Risiken der Haushalt 2024 behaftet ist, sollte er im weiteren Beratungsverfahren unverändert bleiben. Damit könnte es gut sein, dass auf Antrag der Opposition auch der Bundeshaushalt 2024 vor dem BVerfG landet – mit unabsehbaren Folgen. Die Frage der „Erheblichkeit der Beeinträchtigung“ müsse auf den Gesamthaushalt 2024 bezogen werden, sagen die Kritiker. Der Betrag, um den es bei der Fluthilfe gehe, sei mit 2,7 Mrd. Euro viel zu klein, um eine Notlage festzustellen. Dem ist zuzustimmen: Der Entwurf des Haushaltsgesetzes 2024 sieht Ausgaben von 445,69 Mrd. Euro vor. Das sind 30,6 Mrd. Euro weniger als im Haushalt für 2023 eingestellt sind. Die Fluthilfeaufwendungen bedürfen deshalb keine Ausnahme von der Schuldenregel, sondern können aus dem Kernhaushalt finanziert werden.
Nach aktueller Planung soll die sogenannte Bereinigungssitzung zum Haushalt 2024 im Haushaltsausschuss am 18.1.2024 stattfinden. Die finale Beratung des verspäteten Etats für das laufende Jahr im Bundestag ist in der Woche vom 29.1. bis 2.2.2024 geplant. Wir bleiben dran.
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