Seit Jahr und Tag gilt der Grundsatz, dass Büroräume eine wesentliche Betriebsgrundlage sind und deren Überlassung zu einer Betriebsaufspaltung führen kann. Der BFH hat diesen Grundsatz jüngst in seinem Urteil vom 29.11.2017 (X R 34/15) bestätigt. Das Gesagte gilt nicht nur für ganze Bürogebäude, sondern auch für eine Büroetage und selbst für einen Büroraum in einem ansonsten zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus („häusliches Arbeitszimmer“), wenn sich dort der Mittelpunkt der Geschäftsleitung der Betriebs-Kapitalgesellschaft befindet. Der BFH verweist in diesem Zusammenhang auf eine ganze „Batterie“ von Urteilen aus den Jahren 2005 bis 2008. So weit, so schlecht. Denn ich frage mich: Warum gilt der Grundsatz überhaupt?
Wesentliche Betriebsgrundlagen bei der Betriebsaufspaltung sind Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung haben. Schauen wir nun wieder einmal auf die Digitalbranche (ich weiß, ich nerve wahrscheinlich den einen oder anderen mit dem Vergleich). Hier sind Millionenunternehmen entstanden, während die Gründer lediglich mit einem Notebook „bewaffnet“ in einem Co-Working-Space gearbeitet haben. Das Sekretariat konnte online angemietet werden und das Rechnungswesen erledigten der Steuerberater bzw. ein Buchhaltungsbüro. Also: Warum sollte nun ein Büro in diesen Fällen eine wesentliche Betriebsgrundlage sein?
Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Natürlich kann es Gründe geben, warum ein Büroraum eine wesentliche Betriebsgrundlage ist. Aber das soll der BFH bitteschön erläutern, und zwar unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Gegebenheiten des Jahres 2018. Urteile aus dem Jahr 2005, denen möglicherweise Sachverhalte aus den 90er Jahren des letzten Jahrtausends zugrunde liegen, taugen jedenfalls nicht als Begründung.
Ich hatte übrigens vor einiger Zeit geschrieben, dass ich auch die Tantiemerechtsprechung für überholt halte (50:50-Regelung, 75:25-Regelung). Ein interessantes Beispiel ist insoweit Spotify. Der Streamingdienst schreibt seit Jahren Verluste. Fazit: Ein deutscher Finanzbeamter und im Anschluss ein deutscher Finanzrichter würden dem Gesellschafter-Geschäftsführer erläutern, warum er schlecht gewirtschaftet habe und sich daher keine Tantieme gönnen dürfe. Dass der Marktwert nach dem Börsengang bei 30 Milliarden Dollar liegt, würde dabei unberücksichtigt bleiben.
Weitere Informationen:
BFH v. 29.11.207 – X R 34/15 -nv-